WPPA
Bericht des Patientenanwalts zeigt Defizite in Wiener Spitälern
Für Aufregung sorgt bereits vor der Veröffentlichung der Jahresbericht der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft (WPPA). Dabei handelt es sich nicht nur um Einzelfälle zu Behandlungsfehlern, sondern auch allgemeine Einschätzungen zur Lage der Spitäler, der niedergelassenen Ärzte und des Gesundheitswesens in Wien.
WIEN. Nicht einmal veröffentlicht und es sorgt bereits für Aufsehen: der Bericht der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft (WPPA) aus dem Jahr 2022. Dieser umfasst neben Einzelfällen zu Behandlungsfehlern auch allgemeine Einschätzungen zur Lage der Spitäler, der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie des Gesundheitswesens in der Hauptstadt.
Laut Berichten einer Tageszeitung kritisiert die WPPA etwa den Wiener Gesundheitsverbund (WiGev). Wie die "Kronen Zeitung" meldet, hätte der WiGev im Vorjahr öfter versucht, die Gefährdungsanzeigen, über die auch die BezirksZeitung berichtete, u. a. der Belegschaften in der Klinik Ottakring, Floridsdorf, Favoriten und dem AKH als "übertriebene Aktionen" zu relativieren.
Der WPPA-Bericht teilt mit, dass die Häufung der Gefährdungsanzeigen in Kombination mit Bettschließungen und OP-Verschiebungen auf ernsthafte Personalprobleme hindeute. Im Bericht würden auch exemplarisch jene Beschwerden ausgewählt worden sein, die auf einen Zusammenhang mit Ressourcenproblemen oft in Verbindung mit Kommunikationsschwächen hindeuten. Kritik gibt es wegen angeblicher mangelnder telefonischer Erreichbarkeit sowie Betreuungsdefizite während des Wartens in den Ambulanzen.
Veröffentlichung erst nächste Woche
Im Bericht fordert die WPPA echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Spitalspersonal ein und das würde natürlich auch einen finanziellen Aspekt beinhalten, heißt es. Außerdem bezeichnet die WPPA echte Verhandlungsbereitschaft aller wichtigen Entscheidungsträger (Stadt Wien, WiGev etc.) als "alternativlos".
Der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek sagte der "APA", dass der Bericht erst am kommenden Mittwoch veröffentlicht wird und auf der WPPA-Homepage für jeden einsehbar sein wird. Er wunderte sich, wie der Bericht einem Medium weitergegeben wurde, die im Bericht aufgezeigten strukturellen Mängel und die daraus abgeleiteten Empfehlungen will er erst nach Mittwoch kommentieren.
In einer Stellungnahme sagte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), dass der Bericht dem Wiener Gesundheitswesen trotz bekannter Herausforderung ein passables Zeugnis ausstelle:
"Täglich werden tausende Patient*innen in den Wiener Spitälern und Gesundheitseinrichtungen erfolgreich behandelt und therapiert. Die in Medienberichten herausgegriffenen Fälle bezeichnet die WPPA selbst als markante und exemplarische Einzelfälle, in denen sie erfolgreich für ihre Klienten eingeschritten ist und Entschädigungszahlungen erreichen konnte. Dabei ist es auch zu bedauerlichen Behandlungsfehlern gekommen, die leider nicht ausgeschlossen werden können. Diese auf Personalknappheit zurückzuführen, greift zu kurz und ist aus unserer Sicht nicht zulässig."
Auf BezirksZeitung-Anfrage wollte auch der WiGev den WPPA-Bericht nicht kommentieren, da dem Verbund dieser nicht vorliegt und erst kommende Woche veröffentlicht wird.
Herzinfarkt, Dialyse, Tote in Behandlungsbox
Beispielsweise werden drei Fälle im Bericht thematisiert: Ein 31-Jähriger soll trotz Schmerzen in der linken Brust mit der Diagnose Muskelverspannung bzw. Nervenschmerzen nach Hause geschickt worden sein, wenig später erlag der Mann einem Herzinfarkt. Und eine 53-Jährige dürfte bei einer Dialyse (Blutwäsche) verblutet sein, weil die Drehverriegelung nicht korrekt durchgeführt wurde. Angeblich floss das gewaschene Blut nicht zurück in den Körper, sondern auf den Boden, die Frau erlitt einen Hirnschaden aufgrund des Blutverlustes und starb wenig später.
Auch der Fall einer 62-Jährigen wird erwähnt. Sie kam mit der Rettung in ein städtisches Spital, weil sie an Dehydration, Schwäche und Schwindel litt, berichtet "Heute.at". Die Patientin wurde vom Arzt begutachtet, ihr Blut wurde abgenommen und sie wurde dann in eine sogenannte Behandlungsbox gelegt, wo sie auf weitere Behandlungen warten sollte. Da sie jedoch nur visuell überwacht wurde, kontrollierte man wohl keine anderen Werte und sie wurde anschließend tot in der Box aufgefunden.
Die genannten Einzelfälle sollen laut WPPA "nicht die Personalprobleme veranschaulichen", sondern dazu die Tätigkeit der Pflege- und Patientenanwaltschaft darlegen. Wichtig ist es zu erwähnen, dass die Fälle nicht nur in den Spitälern des WiGev passierten, sondern auch in allen anderen Krankenanstalten in der Hauptstadt.
Weniger Anliegen bearbeitet
Insgesamt habe die WPPA im Jahr 2022 9.691 Anliegen von Patientinnen und Patienten oder Angehörigen im vergangenen Jahr bearbeitet, im Vorjahr waren es etwas mehr als 11.000. Dabei handelt es sich um Fragen zu Kosten, Patientenverfügungen, Lob, aber auch Beschwerden über Wartezeiten und mögliche Behandlungsfehler. Aktenmäßig wurden fast 3.000 Anliegen dokumentiert.
Wie "Krone.at" (Paywall) am Freitag berichtet, wurden in 27 Prozent dieser Fälle Schäden durch Behandlungsfehler behauptet - 790 an der Zahl. Bei 69 Fällen wurden finanzielle Entschädigungen ausgehandelt, 398 Mal wurde kein Behandlungsfehler festgestellt.
Die meisten Anliegen betreffen das AKH (229), gefolgt von der Klinik Donaustadt (104) und Floridsdorf (94). Bei den sonstigen Krankenanstalten gab es die meisten Anliegen im Orthopädischen Spital Speising (31), Hanusch Krankenhaus (30) und AUVA Meidling (23).
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