Corona-Krise
Droht den Wiener Clubs das Aus?
Wegen des Coronavirus wurde der Wiener Klubszene das Aufsperren zunächst ganz untersagt, aktuell darf von 22 bis 1 Uhr offen gehalten werden. Die meisten Klubs haben allerdings seit 15. März ganz geschlossen.
WIEN. Grabesstimmung herrscht im Fluc am Praterstern: Normalerweise vibrieren hier die schwarzen Wände unter den schweren Bässen aus den zahlreichen Lautsprecherboxen und die Atmosphäre ist am Kochen. Beim Pressegespräch der "Vienna Club Commission" herrschte aber eher Begräbnisstimmung, schließlich hatten die Vertreter der Wiener Klubs am Podium nichts Gutes zu berichten.
"Die meisten der 326 Musiklokale, 98 Klubs und 137 Mischlokale sind immer noch wegen der behördlichen Schließung aufgrund des Coronavirus geschlossen - mittlerweile seit 15. März", sagt Stefan Niederwieser, Musikjournalist und Sprecher der "Vienna Club Commission".
Es fehlt der Umsatz
"Die Klubbetreiber mussten als Erste zusperren und werden offenbar als Letzte wieder aufsperren – manche vielleicht auch gar nicht mehr", beklagt Niederwieser. Durch die behördliche Schließung fehlten den Klubs die Gäste und dadurch der Umsatz. Zwar gibt es einen staatlichen Fixkostenersatz, der allerdings nur 75 Prozent der monatlichen Kosten abdeckt: "Und das auch nur vielleicht, denn viele Klubs haben noch überhaupt kein Geld gesehen."
Rund eine Milliarde Euro Umsatz machen alle Wiener Klubs gemeinsam, etwa 24.000 Arbeitsplätze sind mit der Klubszene direkt verbunden: "Kleine Klubs haben rund 8.000 Euro Fixkosten pro Monat, mittlere rund 12.000 Euro und große rund 20.000 Euro. Das sind aber noch keine Kreditrückzahlungen eingerechnet, schließlich haben die meisten von uns viel in ihre Klubs investiert", sagt Stefan Stürzer, der "Das Werk" in den U-Bahn-Bögen bei der Spittelau betreibt. "Normalerweise haben wir 50.000 Besucher pro Jahr, seit März sind es Null. Wir haben nur das Glück, dass wir auch einen kleinen Gastgarten haben, mit dem wir das Geschäft auf Minimum laufen lassen können – das können aber nur die wenigsten Klubs."
Martin Wagner vom Fluc erklärt, dass die meisten Arbeitsplätze in den Klubs ohnehin "eher prekär" seien: "Reich wird in der Klubszene niemand, die meisten kommen gerade so durch und machen ihre Klubs aus Liebe und Leidenschaft", sagt Wagner. "Ich habe selber ja Kunst studiert und
daher einen sehr künstlerischen Zugang. Bisher ist es sich finanziell immer gut ausgegangen, aktuell ist es aber katastrophal." Am möglichen Sterben vieler Klubs hingen auch viele Arbeitsplätze dran: "Wenn die Klubs sterben, stirbt auch vieles dahinter", sagt Stefan Stürzer.
Klubs gehören zur Kultur dazu
Die Wiener Klubs seien wichtige Kultureinrichtungen, die nun verloren zu gehen drohen: "Die Klubkultur ist reinste Kultur, wie der Name schon sagt", merkt Sandra Kendl an, die seit 24 Jahren das Techno-Cafe im Volksgarten-Pavillon veranstaltet. "Es gibt viele Menschen, die die Klubkultur zum Leben brauchen – nicht nur finanziell." Besonders belastend sei die Zeit der Sperre auch, weil Kontakte verloren gingen: "Die DJ-Szene ist stark auf persönlichem Kontakt aufgebaut – so ein Netzwerk geht aber schnell verloren, wenn man monatelang niemanden buchen kann."
Die Klubs seien aber nicht nur für DJs und Tanzbegeisterte da: "In den Klubs werden auch zahlreiche Konzerte gespielt, rund 18.000 Besucher sind es jedes Jahr", sagt Linda Schürer-Waldheim vom Konzertveranstalter Arcadia Live. "Die großen Bands fangen aber nicht in der Stadthalle an, sondern in kleinen Klubs", sagt Stefan Stürzer.
Um 1 Uhr wird es still
Aktuell dürfen die Klubs von 22 Uhr bis 1 Uhr Früh offen halten – für die Nachtgastronomie ein Hohn: "Was soll ich meinen Gästen sagen, wenn ich sie um ein Uhr nach Hause schicken soll? Mit diesen Rahmenbedingungen kann man Nachtgastronomie nicht vernünftig betreiben", sagt Gregor Imhof, der am Karlsplatz den Sass Music Club betreibt. "Was die meisten von uns jetzt tun, ist Konkurs-Verschleppung im großen Stil – noch dazu staatlich gewollt."
Die "Vienna Club Commission" fordert nun einen Runden Tisch mit der Bundesregierung, sagt Imhof: "Wir brauchen einen Fahrplan, ob und wie es weitergeht!"
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.