Debatte
Mahrers Brunnenmarkt-Video für Justizministerin Zadić "rassistisch"
In einer TV-Sendung waren ÖVP-Landesparteiobmann Karl Mahrer und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zu Gast und sprachen über die "Causa Brunnenmarkt". Die gebürtige Bosnierin zeigte sich als stolze Wienerin und Österreicherin und kritisierte Mahrers Aussagen. In einer weiteren Sendung sagte Mahrer, er wäre bereit, auf ein Falafel-Dürüm zum Brunnenmarkt zu gehen.
WIEN. Zwei Videos über Wiener Märkte der Wiener ÖVP sorgten zuletzt für Aufsehen und Diskussionen. Landesparteiobmann Karl Mahrer meldete sich zuerst vom Brunnenmarkt mit der Botschaft "Verlieren wir nicht unser Wien". Dort habe sich in den vergangenen Jahren "alles verändert" und die Macht über den Markt hätten "Syrer, Afghanen, Araber" übernommen. Und außerdem gäbe es "keine österreichischen Stände mehr". Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) nannte diese Aussagen "rassistisch", es gab sogar eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien.
Dann gab es ein zweites Video vom Favoritner Viktor-Adler-Markt, einer "Gegend, wo wir uns echte Sorgen machen müssen", so Mahrer. ´Zufällig´ wurden dort ÖVP-Politiker als interviewte Passanten ausgewählt. Der Inhalt des Videos sorgte ebenfalls für viele negative Reaktionen im Netz und in der Öffentlichkeit.
Über die "Causa Brunnenmarkt" wurde am Mittwoch, 5. April, in der "Puls 24"-Sendung "Milborn" gesprochen, Gäste waren Mahrer selbst, Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Caritas-Präsident Michael Landau.
Mahrer: Auf "ausgewogene Mischung" achten
ÖVP-Landesparteiobmann Mahrer meinte, die Stadt Wien müsse sowohl bei Ständen am Brunnenmarkt, als auch im "Gemeindebau, in Wohnbauanlagen, aber auch in Straßenzügen" darauf achten, dass es eine ausgewogene Mischung zwischen Österreichern, Wiener und Menschen aus allen Nationalitäten gibt. Laut Mahrer funktioniere ein Miteinander nur, wenn auch "die Balance zwischen den Nationalitäten funktioniert". Diese Forderung nannte die Justizministerin als "lächerlich".
Zadić kritisierte in der Sendung sowohl die ÖVP als auch die zwei Videos von Mahrer. Zu sagen, dass die Menschen am Brunnenmarkt nicht dazugehören, sei für sie "rassistisch". In der Diskussion war sie dann über ihre Heimat Favoriten emotional: "Wo zieht man die Grenze? Ab wann ist man Wiener und ab wann Österreicher? Ich bin in Favoriten aufgewachsen, ich bin Österreicherin, ich bin Wienerin, ich bin aus Bosnien-Herzegowina nach Österreich gezogen und Wien ist meine Heimat, Favoriten ist meine Heimat."
Zadić: "Das macht mich so sauer"
Der 10. Bezirk sei für Zadić das beste Beispiel: "Wer hat denn in der Anker-Fabrik gearbeitet? Viele Menschen aus Tschechien, aus der Slowakei und aus Polen und viele Menschen waren dann auch in diesem Bezirk arbeiten, tagtäglich hart für ihr Geld, und die auch am Brunnenmarkt. Deswegen war ich auch so sauer. Die Menschen am Brunnenmarkt haben sich eine Existenz aufgebaut, sind aus einem Kriegsland geflüchtet, haben einen Marktstand erworben, verdienen Geld, zahlen Steuern, sind womöglich auch Wirtschaftskammer-Mitglied. Das sind Menschen, die für unsere Gesellschaft was leisten".
Mahrer erwähnte dann, dass "acht von zehn Kindern" in Wien, wenn sie die Pflichtschule beendet haben, die Bildungsziele nicht erreichen würden. Damit habe sehr viel zu tun, "dass die Kinder keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben". Zadić konterte und sagte, dass man vor allem bei der Bildungspolitik ansetzen müsse und nicht beim Brunnenmarkt: "Wer war denn für die Integration die letzten zehn Jahre verantwortlich? Die ÖVP. Und warum ist da nichts passiert? Warum hat man nicht in Deutschkurse investiert?".
Mahrer will Dürüm am Brunnenmarkt essen
In einer weiteren TV-Sendung war das Thema "Ist Wien noch Wien?". In einem "Krone.tv"-Talk war Mahrer ebenfalls zu Gast. "Die Österreicher und die Wiener zählen in einzelnen Branchen längst zur Minderheitsgesellschaft", sagt er. Brunnenmarkt war auch hier Thema: Dort "hört man kein deutsches Wort mehr", so Mahrer. Er habe nichts gegen die Vielfalt am Markt, jedoch vermisse er dort die heimischen Standbetreiber.
In der Runde saß auch Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Wiederkehr. Am Brunnenmarkt findet laut ihm "Integration statt": "Ohne die zugewanderten Menschen wäre der Markt leer". Und die Betreiberinnen und Betreiber aufgrund ihrer Nationalität zu unterscheiden wäre "eine diskriminierende, rassistische Politik".
"Es mag ja sein, dass es im Bobo-Bezirk ganz nett ist, aber in Favoriten sieht es ganz anders aus. Es gibt Halloween-Ausschreitungen, Silvester-Randale und Massenschlägereien", sagte FPÖ-Landtagsabgeordneter Stefan Berger, der ebenfalls in der Runde saß.
Am Ende gab es trotz tiefer Meinungsunterschiede doch ein versöhnliches Ende. Mahrer zeigte sich bereit, mit Judith Pühringer (Grüne) und Vizebürgermeister Wiederkehr auf ein Falafel-Dürüm zu gehen, um sich erneut ein Bild der Lage machen zu können.
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