EU-Gesetz
Signal aus Wien zur Kippung der Renaturierungs-Blockade
Das EU-Renaturierungsgesetz konnte bis dato von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) nicht abgesegnet werden. Grund dafür war eine einstimmige Blockade der neun Bundesländer. Jetzt schwenken Wien, aber auch Kärnten um. Der Weg zum rot-weiß-roten Beschluss sollte damit geebnet sein.
WIEN/KLAGENFURT. In der Politik kann es dann manchmal doch schneller und unerwarteter gehen als erwartet. Noch Freitagvormittag berichtete MeinBezirk.at von einer Protestaktion der "Letzten Generation". Man forderte Wiens Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) dazu auf, sich doch endlich zum EU-Renaturierungsgesetz zu bekennen.
Denn alle neun Bundesländer sprachen sich im föderalen System Österreich gegen den EU-Entwurf aus, damit konnte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) nicht dafür stimmen, sondern sich nur enthalten. Für diese Bindung an den Bundesländer-Wunsch ist es jedoch nötig, dass wirklich alle neun Länder einer Meinung sind. Ändert nur ein Bundesland seine Meinung, wie zum Beispiel Wien, dann würde sich die Blockade lösen, so der Appell an Czernohorszky. Mehr dazu unten.
Und siehe da: Kurz nach Mittag überschlagen sich die Ereignisse. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) teilt über X einen offenen Brief. Als Verfasser sind darauf er und das Wiener Stadtoberhaupt, Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), zu sehen. Der Brief ist an die ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner aus Niederösterreich gerichtet. Darin wird bekundet, dass es aus Kärntens und Wiens Sicht sinnvoll wäre, "die Haltung der Landeshauptleutekonferenz in dieser Frage nunmehr einer offenen Diskussion dahingehend zuzuführen." Sprich: Es ist ein Signal für eine deutliche Bewegung aus den beiden Bundesländern und eine Bitte, die Haltung noch einmal zu überdenken.
Kompromisse von EU
Im Kern des Renaturierungsgesetzes geht es darum, der Natur wieder ihren Lebensraum zurückzugeben. Das geht von der Aufforstung der Wälder bis hin zur Wiedervernässung von Mooren. In gewissen Punkten gab es eben aus allen neun Ländern Bedenken und dadurch Ablehnung zu dem Gesetzesentwurf.
Doch wie aus dem offenen Brief herausgeht, habe man die Bedenken auf EU-Ebene erhört: "Mittlerweile konnten seit der Einigung auf Europäischer Ebene im Trilog doch etliche Bedenken der Länder gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag zerstreut werden", so die zwei SPÖ-Landesspitzen. Der "jetzt vorliegende Kompromisstext sieht doch weitgehend flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten und zahlreiche Ausnahmeregelungen – u. a. für die Landwirtschaft oder auch was Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Naturkatastrophen und zur Lebensmittle- und Ernährungssicherheit betrifft – vor."
Die ablehnende Haltung aller Bundesländer habe sich "auf einheitliche Länderstellungnahmen aus den Jahren 2022 und 2023 gestützt". Wien und Kärnten habe diese aus Solidarität mitgetragen, heißt es. Mikl-Leitner, derzeit Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, wird in dem offenen Brief aus Wien und Kärnten gebeten, den Anstoß zur erneuten Diskussion unter den Bundesländern zu geben.
Wien als Art Vorbild
Während im offenen Brief noch von einer eher wage formulierten Diskussion zur Thematik die Rede ist, drückt es der Wiener Bürgermeister auf X noch klarer aus: "In Wien zeigen wir schon lange, wie wichtig uns Renaturierung ist – z. B. beim Liesingbach oder dem Wienfluss. Deswegen ersuche ich gemeinsam mit Landeshauptmann Kaiser die Landeshauptleutekonferenz darum, der nun vorliegenden EU-Renaturierungs-Verordnung doch näherzutreten."
Währenddessen gibt es auch schon ein erstes Statement aus dem Büro Gewessler zu dem Vorstoß von Ludwig und Kaiser. Dieses liegt dem "Standard" vor. In dem Bericht heißt es, dass die Ministerin die Einstellung aus den beiden Bundesländern als "sehr vernünftig" erachtet. Sie wolle "nun rasch um Klarstellung bitten, ob die Bundesländer Wien und Kärnten ihre Ablehnung hiermit aufheben und eine österreichische Zustimmung möglich machen."
Im Bericht heißt es außerdem aus dem Büro Ludwig, dass es noch eine Bedingung für die beiden roten Bundesländer benötige. Nämlich die Zustimmung, dass der Bund etwaige Kosten für Renaturierungsmaßnahmen übernehme. Landwirte z. B. dürften nicht auf der Wiederherstellung von Mooren sitzen bleiben. Diesem Anliegen soll der Bund jedoch nachkommen.
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