Raus aus Gas
Wien startet mit vier Pioniergebieten ins Jahrhundertprojekt
Die Wiener Stadtregierung präsentierte am Mittwoch die vier Pioniergebiete für das Projekt "Raus aus Gas". Dort will man testen, wie das 30-Milliarden-Projekt bis 2040 aussehen soll.
WIEN. „Gemeinsam“ - dieses Wort benutzten auf der Bühne der Wien Energie in der Spittelau drei SPÖ-Stadträte mehrmals, als sie am Mittwoch, 7. Juni, den Plan über die „Raus aus Gas“-Pioniergebiete vorgestellt haben. Während in ihrer Partei nicht alle an einem Strang ziehen, zeigt man sich bei der „Herkulesaufgabe“ als ein Team. Denn das sei wichtig bei solch einer Herausforderung und Umstellung von Gas auf alternative Heizsysteme in der ganzen Stadt, betonte Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.
Doch was ist „Raus aus Gas“? In den kommenden 17 Jahren will die Stadt 600.000 Haushalte von Gasheizung auf ein alternatives Heizsystem umrüsten. Und das besonders in dicht besiedelten Stadtgebieten, wo die Wärmebedarfsdichte enorm hoch ist. Die Stadt zündet „einen massiven Wirtschaftsturbo“, so Hanke. In Summe kostet das Projekt 30 Milliarden Euro, die primär in geballte Maßnahmen wie Sanierung, Heizungstausch, aber auch in den Ausbau der zentralen Fernwärme investiert werden.
"Synergien der Zukunft testen"
Wie das alles bis 2040 aussehen soll, will die Stadt in vier Pioniergebieten „testen“: Rossau (9.), Gumpendorfer Straße (6.), Alliertenviertel (2.) und Huber-Block (16. Bezirk). In den kommenden Jahren will die Stadt hier massiv in den Fernwärmeausbau investieren. Das Alliertenviertel wurde etwa bewusst mit dem Grätzlerneuerungsprojekt „WienNeu+“ einbezogen, „um Synergien der Zukunft zu testen“, so Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.
Die Gumpendorfer Straße wurde ausgewählt, da diese neu gebaut und saniert wird und es wäre "Unsinn, die neue Straße zu haben und in zwei Jahren dort mit der Fernwärme zu kommen", so Wien Energie-Geschäftsführer Michael Strebl. Der Huber-Block ist eine Eigentümergemeinschaft, weshalb das für die Analyse interessant sei. Besonders wichtig wird hier der Dialog mit der Bevölkerung, was vom Team der Gebietsbetreuung-Stadterneuerung vertieft wird, um diese vom Projekt zu überzeugen.
Erfahrungen sammeln
In den genannten Gebieten will man so viele Erfahrungen wie möglich sammeln, um den weiteren Aufbauprozess und die Umstellung zügig voranzutreiben. Wie Wien Energie-Geschäftsführer Strebl erklärte, startet die Bauphase noch in diesem Jahr, dann wird der erste Abschnitt 2025 bzw. 2026 fertig sein. Für dieses Projekt investiert Wien Energie 50 Millionen Euro als "Vorleistung" und finanziert den Ausbau vorerst auf eigenes Risiko, wie es der Geschäftsführer sagte.
Doch nicht nur Fernwärme soll bis 2040 klimaneutral sein, je nach Gebäudeart ist auch der Einsatz von Wärmepumpen und Erdwärmesonden möglich. „Die größte Herausforderung liegt in der Wärmewende, mit der Dekarbonisierung des Gebäudebestands“, betonte Neos Wien-Klimasprecher Stefan Gara, der ebenfalls bei der Vorstellung war.
In den kommenden drei Jahren wird die Stadt laut Hanke 4,2 Milliarden Euro in das Projekt investieren, jedoch wird das „keine leichte Aufgabe“ für Wien Energie. Außerdem investiert man über 120 Millionen Euro in den Fernwärmeausbau und rund 300 Millionen Euro für den intensiven Ausbau im Stromnetz. „Wir schaffen es (das Projekt, Anm.) und wir müssen es schaffen, weil die Stadt bereits zu heiß ist“, sagt Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky.
Bund an der Reihe
Doch jetzt ist auch der Bund gefordert. Wie Hanke, Czernohorszky und Strebl sagten, ist ein rechtlicher Rahmen notwendig, damit ein Umstieg der Stadt von fossilen auf erneuerbare Energien bis 2040 Realität werden kann. Der Gas-Ausstieg kann ohne das Erneuberbare-Wärme-Gesetz (EWG), das den Ausstieg aus fossilen Heizsystemen regelt, nicht gelingen.
Czernohorszky sprach von einem „dringenden Ruf“, diese Verhandlungen im Bund wirklich zu machen, bis der Sommer anfängt. „Das teuerste und ineffizienteste wäre, eine Doppel-Infrastruktur zu haben. Wenn ich in einer Gasse eine Fernwärmeleitung habe, ist es einfach Unsinn, wenn man hier auch zusätzlich noch Gasleitungen hat und in Betrieb nehmen muss“, erklärte Strebl.
Grüne: Pilotprojekte gut, aber zu wenig
Die Grünen Wien meldeten sich zu Wort. Der Parteivorsitzende Peter Kraus begrüßte auf der einen Seite die Ankündigung der vier Pilotprojekte, gleichzeitig kritisierte er diese, da es "nicht genug" sei.
"Um den Ausstieg aus Gas beim Heizen zu beschleunigen, sind viele Technologien verfügbar. Dazu gehören auch Wärmepumpen oder Geothermie. Ein zu starker Fokus auf Fernwärme, die ebenfalls noch zu eienme Großteil aus Gas besteht, ist nicht der Weisheit letzter Schluss", heißt es in einer Aussendung.
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