Psychologie / Psychotherapie
Ist Trans*Identität eine Modeerscheinung?

Immer mehr Jugendliche outen sich als trans* und können offen und frei leben. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, allerdings gibt es in seltenen Fällen auch Fehldiagnosen.

Trans*Identität ist kein Hype und auch keine Modeerscheinung. In allen Kulturen und Zeiten gab und gibt es Menschen, die trans* sind. Noch immer ist Trans*Phobie ein großes gesellschaftliches Problem und tagtäglich müssen Trans*Personen Hass, Mobbing, Diskriminierung, psychische und körperliche Gewalt erleben. Daher ist eine gute Aufklärung umso wichtiger, egal ob im Kindergarten, in der Schule oder in der Erwachsenenbildung. Den Trans*Identität ist eine gesunde wertvolle Identität und ein authentisches Bedürfnis vieler Menschen. Viele trans*idente Menschen sind sogar sehr belastbar und entwickeln sich trotz gesellschaftlicher Widerstände zu starken Persönlichkeiten.
Übrigens: in vielen Kulturen sind Menschen, welche die Geschlechterrolle wechseln, hoch angesehen, etwa bei den Zuni in Mexiko. Dies sollte uns zu denken geben.
Über 98 Prozent aller Trans*Personen sind zufriedener und meistens markant glücklicher, wenn sie in der sozialen Rolle (der Genderrolle) des anderen Geschlechts leben und auch hormonelle und chirurgische Maßnahmen machen lassen.

In den letzten Jahren gibt es markant mehr Jugendliche in der mittleren und höheren Adoleszenz, die geschlechtsangleichende Maßnahmen machen möchten. Das liegt zum einen daran, dass es ein höheres Problembewusstsein und bessere Aufklärung in der Bevölkerung gibt, was das Thema Trans*Identitäten, Geschlechterrollen und Konflikte mit der Geschlechtsidentität betrifft.
Zum Anderen gibt es aber auch einen Machbarkeitsgedanken in der Medizin, der Druck ausüben kann, viele oder alle Möglichkeiten zu nutzen, um hormonelle, medizinische und chirurgische Maßnahmen zur Angleichung an das Wunschgeschlecht machen zu lassen.

Für Trans*Personen sind die heutigen medizinischen Möglichkeiten eine erfreuliche und positive Entwicklung.
Für selbstunsichere Menschen hingegen, die auf Identitätssuche sind, z.T. schwere psychische Erkrankungen haben und die gar nicht trans* sind, liegen hier große Gefahren. Etwas überspitzt formuliert: Jeder/jede in seiner/ihrer Identität unsichere Jugendliche behauptet im Laufe des Heranwachsens schon mal trans* oder nicht-binär zu sein. Die Gefahr von Nachahmungsverhalten ist hier groß, vor allem vor dem Hintergrund einer reißerischen Berichterstattung über immer jüngere Menschen in wenig seriösen TV-Sendungen. Menschen, die gar nicht trans* sind, werden hier durch einseitige mediale Hypes auf alle Fälle beeinflusst, vor allem dann, wenn sie in ihrem Selbstbild labil und unsicher sind und sie neigen dann zu „Selbstdiagnosen“: „Jetzt weiß ich, warum es mir psychisch so schlecht geht und ich so viele Probleme habe, das liegt daran, dass ich trans* bin. Wenn ich eine Hormontherapie mache, wird alles viel besser werden. Endlich gehöre ich wo dazu“.
Dies ist an sich kein Problem, denn das Finden der eigenen Identität ist ein wichtiger Prozess, der auch Zeit braucht. Gefährlich wird es aber dann, wenn hier vorschnell einer Hormontherapie oder sogar körpermodifizierende Maßnahmen zugestimmt wird. Gutachter*innen tun dies manchmal aus der Angst heraus, um nicht als trans*negativ angegriffen zu werden.
Im Worst Case ist dann nach Operationen der Körper einer cis Person irreversibel verstümmelt und es gibt kaum noch eine Möglichkeit, das biologische Geschlecht wiederherzustellen (etwa einen Penis zu rekonstruieren).

Hinzu kommt, dass der ursprünglich wertvolle gesellschaftliche Genderdiskurs heute völlig durchideologisiert ist und den betroffenen Menschen keinesfalls hilft.
Die Überzeugung nämlich, dass das biologische Geschlecht nur ein Konstrukt sei, ist aus psychotherapeutischer Sicht nicht nur völlig verkopft und ein Abwehrmechanismus (Rationalisierung), sondern auch gefährlich. Wir erleben uns immer als leiblich, also mit einem Körper. Die Idee des männlichen, weiblichen oder diversen Körpers ist kein Konstrukt, sondern ein inneres Spüren und Fühlen. Selbst wenn der Körper nur ein Konstrukt wäre, er spürt sich für uns real und zu uns gehörig an. Insofern ist er wesentlich in unserem Leben.
So spüre ich meinen Körper tagtäglich und fast allgegenwärtig. Der Körper spielt in der Psychotherapie eine entscheidende Rolle, wobei viele Menschen ohnehin einen eher mittelmäßigen bis schlechten Zugang zu ihrem Körper haben oder ihn sogar vernachlässigen.
Um die Frage, ob ich meinen Körper als männlich, als weiblich, als divers oder irgendwo dazwischen erlebe, kommt kein Mensch herum. Somit erleben wir uns auch als männlich, als weiblich, als genderfluid, als trans*, als cis und vieles mehr. Die konstruktivistischen Thesen scheinen mir hier sehr verkopft, und sie werden auch immer wieder ideologisch missbraucht. Es geht um die Idee, um das Konstrukt, aber nicht um unsere subjektives Erleben und Spüren unseres Körpers.
Bei all meinen trans*identen Klient*innen mache ich immer wieder die Erfahrung, dass der eigene Körper eine wesentliche Rolle spielt. Mal wird er trotz der Trans*Identität bejaht, mal abgewertet, mal als ambivalent erlebt.

In der Psychotherapie hat eine Ideologie ohnehin nichts verloren. Die Frage an einen jungen Menschen ist hier nicht, wie er denkt und glaubt, was er sei, sondern wie er sich fühle, welche authentischen Bedürfnisse die Person spüre. Spüre und fühle ich mich in meinem tiefsten Innersten trans* (wie im Fall der Trans*Identitäten), oder glaube und denke ich kognitiv, trans* zu sein, weil ich mir verzweifelt irgendwie erklären möchte, wer ich bin und warum es mir psychisch so schlecht geht (etwa bei psychisch auffälligen Störungen in der Identitätsentwicklung, die aber nichts mit trans* zu tun haben).

Als professioneller Helfer möchte ich es mir hier nicht zu einfach machen. Selbstverständlich habe ich eine Berufshaftpflichtversicherung, die genau dann einspringt, wenn ich Fehler mache und Fehldiagnosen gebe. Aus einer ethischen Perspektive muss ich mir allerdings schon folgende Frage stellen: Kann ich es verantworten, einer/einem Jugendlichen vorschnell zu hormonellen und chirurgischen Maßnahmen zuzustimmen, wenn dieser/diese Jungendliche/r keinen Zugang zu seinen/ihren Gefühlen und Bedürfnissen hat und vielleicht gar nicht trans* ist? Was macht das mit einem jungen Menschen, der in einer Phase der Identitätskrise seine Genitalien modifizieren hat lassen und dann wieder in sein biologisches Geschlecht zurück möchte?

Politische Korrektheit kann auch opportunistisch, scheinheilig, hysterisch und feige sein. Sie kann zudem selbst gewalttätig, stigmatisierend und repressiv werden, etwa dann, wenn Menschen in den Sozialen Medien einen Shitstorm erleben müssen, weil sie sich keiner politisch korrekten Sprache bedient haben. Auch läuft politische Korrektheit Gefahr, Menschen positiv zu diskriminieren. Insofern sind die Auswüchse der politischen Korrektheit für Menschen, die sich ihrer Identität unsicher sind, keinesfalls hilfreich. Als Psychotherapeut bin ich ein integres, authentisches Gegenüber, das auch schon mal Reibungsfläche und Realitätsprüfung bietet, sodass ein junger Mensch daran wachsen und sich entwickeln kann.

Fazit: Trans*Identität ist kein Hype und auch keine Modeerscheinung. Die medizinischen und hormonellen Möglichkeiten sind hier wichtige Bausteine für ein glückliches und erfülltes Leben im Wunschgeschlecht.
Neu ist ist allerdings das Phänomen, dass es immer mehr Jugendliche gibt, die in ihrer Identitätssuche behaupten, trans* zu sein, obwohl sie es nicht sind.
Dass so wenig darüber diskutiert wird, erachte ich als ein gesellschaftliches Tabu und in den Psychotherapiewissenschaften als ein Forschungsdesiderat.

Erklärung: Cis meint Menschen, die sich in ihrem biologischen Geschlechts halbwegs wohl fühlen
Trans* sind all jene Menschen, bei denen das nicht zutrifft, also genderfluide, nicht binäre, transidente, transgender, transsexuelle Personen u.v.m.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)

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