Psychologie und Partnerschaft
Offene Beziehung, Polygamie, Polyamorie
Unterschiedliche Beziehungsformen
Wir leben im Zeitalter des Individualismus, in dem alte Traditionen immer mehr wegbrechen. Dieser fordert von uns, unsere Partnerschaften selbstreflektierter und selbstbestimmter zu leben, als das noch die Generation unserer Großeltern tat. Heute gibt es viele Beziehungsformen, etwa die traditionelle Ehe, monogame Partnerschaften, serielle Monogamie, offene Beziehungen, Dreierbeziehung, Affären, Freundschaft Plus, Polyamorie, Polygamie und vieles mehr.
Film: "LIVE Q&A - Offene Beziehung | Müssen wir anders lieben?"
Was passt und stimmig ist, müssen beide Partner*innen miteinander in guter Kommunikation aushandeln. Und hier beginnen auch schon die Schwierigkeiten, denn viele Menschen haben oft nur einen verschütteten Zugang zu ihren eigenen Bedürfnissen und Emotionen. Zudem kann es zu zusätzlichen Schwierigkeiten kommen, wenn etwa ein*e Partner*in eine exklusive und monogame Beziehung führen möchte und der/die andere eine offene oder polyamore Beziehung.
Authentische Bedürfnisse nach Polygamie von Hypes unterscheiden
Gefährlich sind hier vor allem das Übergehen eigener Emotionen und authentischer Bedürfnisse und "faule Kompromisse". Es wäre z.B. falsch, aus Gründen der Moral, Religion und Sitte eine monogame Beziehung zu führen, wenn beide Partner*innen im tiefsten Inneren Sexualität mit anderen Menschen ausleben möchten oder spüren, dass sie Mehrfachbeziehungen leben wollen. Hier würde das Über-Ich das Ruder übernehmen und unsere echten Bedürfnisse nach Polygamie könnten nicht ausgelebt werden.
Genauso verhängnisvoll und selbstschädigend kann es aber auch sein, sich auf eine offene Beziehung einzulassen oder polyamor zu leben, wenn die Partner*innen sich eigentlich nach sexueller Treue sehnen und mit Eifersucht und Verlustängsten keinen Umgang finden. Auch wenn ein*e Partner*in die andere/den anderen drängt, puscht bzw. überredet, er/sie solle doch nicht so verklemmt sein und einer polygamen/polyamoren Beziehungsform zustimmen, kann dies die Partnerschaft und Paardynamik massiv belasten. Manche Paare kommen auch auf die Idee, ihre Partnerschaft zu retten, indem sie mit anderen Menschen Sex haben – ein Schuss, der meist nach hinten losgeht, weil ja die tieferliegenden Gründe für die Probleme in der Partnerschaft dadurch nicht bearbeitet werden.
Selbstlügen und Modetrends
Ich erlebe immer wieder, dass sich Paare auf eine offene Beziehung einlassen oder polyamor leben, weil sie sich selbst als modern sehen und weil es als „in“ oder „cool“ gilt. Die eigenen Bedürfnisse werden dabei übergangen und im Nachhinein bereuen die Betroffenen ihre Entscheidung, weil sie nicht auf ihre Bedürfnisse geachtet haben.
Ein anderes, häufig auftretendes Beispiel wäre eine Partnerschaft, in dem die/der Partner*in schon seit Jahren keine Lust mehr auf Sexualität verspürt, und die andere/der andere nicht weiß, wie er/sie seine sexuellen Bedürfnisse ausleben soll. Soll er/sie heimlich fremdgehen? Eine Nebenbeziehung eingehen? Sich trennen oder damit leben?
Dokumentation: "Polyamorie – Leben mit mehreren Partnern" | 2019 | SRF Dok
In dieser Dokumentation werden Paare gezeigt, die in offenen und polyamoren Partnerschaften leben.
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Hamburg / Salzburg
(Logotherapie und Existenzanalyse)
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