Gesellschaft / Psychologie
Politische Korrektheit Teil 2 – Gewalt und Missbrauch

Es gibt Menschen, die unter der Flagge der Politischen Korrektheit selber zu Täter*innen werden und ihren Hass ausagieren. Dabei wird eine wertvolle Haltung und Idee missbraucht. Zudem gibt es viele Mitläufer*innen, die ein sozial erwünschtes Verhalten an den Tag legen. 
Eine Gefahr sehe ich immer dann, wenn die Politische Korrektheit auf innerseelisch tönernen Füßen steht. Ich kann das daran erkennen, dass Personen politische Korrektheit einfordern, sich dabei aber selbst nicht an die Spielregeln des achtsamen, politisch korrekten und wertschätzenden Umgangs miteinander halten.

Als sich etwa die Autorin von „Harry Potter“ Joanne K. Rowling einseitig und wenig differenziert, mitunter auch trans*negativ zum Thema Trans*Identität (Menschen die transgender, transident, transsexuell, genderfluid, nicht binär sind) äußerte, brachte ihr das einen Shitstorm, ja sogar eine an den Nationalsozialismus erinnernde Bücherverbrennung ein, welche an Hass, psychischer Gewalt und politischer Inkorrektheit nicht zu überbieten war. Frau Rowling erhielt dabei sogar Morddrohungen, ihre Adresse wurde von LGBTIQA* Aktivist*innen (Menschen, die schwul, lesbisch, bisexuell, transident, intergeschlechtlich, queer und asexuell sind) im Internet veröffentlicht. Der Teufel wurde mit dem Beelzebub ausgetrieben, das Ganze unter dem Vorwand der Antidiskriminierung und Politischen Korrektheit.
Man mag die inhaltlichen Aussagen von Frau Rowling als sehr problematisch empfinden. Dies rechtfertigt aber nicht zu einem gewalttätigen, menschenverachtenden Verhalten. Rowling wurde selbst zum Opfer, viele ihrer Kritiker*innen zu sehr gewalttätigen Täter*innen.
Ich vermisse es, dass sich viele Menschen, die Politische Korrektheit vertreten, radikal von derartiger Gewalt, wie sie Frau Rowling erleben musste, distanzieren. Alles andere ist ein Missbrauch der Idee der Politischen Korrektheit.
Dieses Vorgehen ist übrigens nicht selten. Relativ häufig werden unter dem Vorwand der Politischen Korrektheit, ja, sogar mit der Überzeugung etwas Gutes zu tun, psychische Gewaltakte vollzogen und die eigenen Kränkungen, innerseelische Defizite, Traumen und der eigene Hass blind ausagiert, etwa durch Shitstorms, die Menschen, welche eine andere Meinung vertreten, an den Pranger stellen, persönlich abwerten, isolieren und mitunter auch traumatisieren.

Wie lässt sich verstehen, dass Personen, die selber psychische Gewalt erleben mussten, diese an andere weitergeben. Eigentlich sollten ja gerade sie sensibilisiert sein und wissen, fühlen und nachempfinden können, was es heißt, ein Opfer zu sein?

Ich bin Mitarbeiter einer NGO, die sich für sexuelle Minderheiten und LGBTIQA* einsetzt. LGBTIQA*s müssen in ihrer Biographie oft massive Kränkungen und psychische Gewalt erleben, die sie mitunter traumatisieren.
Als Traumatherapeut muss ich in meiner täglichen Arbeit immer wieder erleben, wie rasch die eigenen Traumatisierungen, Kränkungen, Stigmatisierungen und das psychische Leid an andere Menschen weitergegeben werden, in der Regel völlig unbewusst. Mir sind noch keine Täter*innen begegnet, die nicht selber Opfer von Gewalt bzw. selbst schwer traumatisiert waren.
Diesen Mechanismus nennt die Psychoanalyse „Identifikation mit dem/der Aggressor*in“. D.h. wir identifizieren uns aus Selbstschutz mit dem/der Täter*in, weil dies kurzfristig unsere Psyche vor größeren Schäden schützt. Dies erklärt etwa, warum sich Geiselopfer in ihre Entführer*innen verlieben und sie dann sogar im Gefängnis besuchen (das so genannte „Stockholm Syndrom“). Langfristig schadet dieser eigentlich geniale Selbstschutzmechanismus unserer Seele aber, weil wir den/die Täter*in verinnerlichen und in unser Innerstes hineinnehmen. Wir handeln dann entweder selbst wie der/die ursprüngliche Täter*in und schlagen dann als Opfer von körperlicher Gewalt etwa selbst unsere Kinder, begehen psychische Gewalt gegen andere, voller Hass, Verbitterung und Kränkung, oder wir gehen genauso brutal, hasserfüllt und toxisch mit uns selber um, wie das der/die Täter*in einst tat, z.B. durch psychische und körperliche Selbstverletzungen, Selbstabwertungen etc. (diesen Vorgang nennt man „Täter*innen-Introjekt“).

Verfolgte Minderheiten geben ihren Minderheitenstress somit rasch an andere weiter.

In der Organisationspsychologie ist es altbekannt, dass Institute, Einrichtungen oder NGOs, die mit traumatisierten Minderheiten arbeiten, aber auch Selbsthilfegruppen von verfolgten und diskriminierten Minderheiten Gefahr laufen, Gewalt zu reproduzieren.
Traumatisierte Menschen und Minderheiten solidarisieren sich in der Regel nicht, weil sie die erfahrene Gewalt in ihr Inneres hineingenommen haben. So diskriminieren z.B. schwule Männer immer wieder lesbische Frauen und umgekehrt, oder lesbische Frauen und schwule Männer werten bisexuelle Menschen oder Trans*Personen ab. Auch innerhalb der Community von Trans*Personen kommt es zu psychischer Gewalt, Ausgrenzung, Spaltung und Diskriminierung.

Was hilft mir, der Haltung der Politischen Korrektheit gerecht zu werden und sie nicht zum Ausagieren eigener innerseelischer Störungen und Defizite zu missbrauchen?

Erst einmal ist es wichtig, dass ich eigene Fehlentwicklungen, Bindungsdefizite, mangelnde Selbstwertstrukturen, biographische Wunden und Traumen gut kenne verstehe und liebevoll mit mir selber umzugehen lerne. Es steckt viel Weisheit in den Worten Jesu: „Liebe Deinen nächsten wie dich selbst“.
Wenn ich nicht gut mit mir selbst umgehe, traumatisiert bin, unter Frühstörungen leide oder nicht selbstreflektiert bin, dann laufe ich immer Gefahr, ein falsches Selbst zu entwickeln. Das heißt ich werde zum/zur Mitläufer*in, der/die eine sozial erwünschte politische Rolle spielt, die jedoch keine innerseelische Substanz hat, nicht geerdet ist (sondern „auf Sand gebaut“) und auf tönernen Füßen steht. Ich handle dann nach politisch korrekten Normen, weil es sozial erwünscht ist und erwartet wird, und spiele eine Rolle (Hysterie bzw. histrionisch: wenn sich Menschen so verhalten, wie sie glauben, dass es von ihnen erwartet wird).
Ich kann mich nur dann nächstenliebend, wertschätzend und politisch korrekt verhalten, wenn ich über einen guten Selbstwert verfüge. Jede Spaltung der Welt in Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse weißt mich auf mangelhafte, labile seelische Strukturen hin und ist ein primitiver, frühkindlicher Abwehrmechanismus, der mir hilft, schmerzhafte Erkenntnisse zu verdrängen.
Es ist eben bequem, leicht und gemütlich, sich selber zu den „Guten“ zu zählen, hingegen schmerzhaft und belastend, eigene einseitige oder extreme Einstellungen zu erkennen und zu verändern. Eine echte Politische Korrektheit bedarf der Fähigkeit, den eigenen Schatten zu erkennen (etwa den eigenen Hass, die Wut, das Böse in mir, das politisch Unkorrekte in meiner Psyche), ihn zu kontrollieren, zu regulieren und zu integrieren. Ich kenne dann die Tendenzen meiner eigenen Psyche, andere abzuwerten. Keine Psyche ist politisch korrekt, da wir alle in unserem archaischen Neandertaler-Gehirn Impulse von Flucht, Angriff, Mord und Totschlag haben. Der kleine Neandertaler in mir ist nie und nimmer politisch korrekt.
Ich muss diese meine Schattenseiten dann aber nicht mehr an anderen projektiv und hasserfüllt bekämpfen, sondern kann souveräner mit anderen Haltungen und Weltanschauungen umgehen.
Nicht immer ist es möglich, von selbst zu lernen, liebevoll und achtsam mit sich umzugehen und eigene Traumen aufzulösen. Hier helfen dann psychologische Beratung, Coaching oder eine Psychotherapie mit einem wertschätzenden Gegenüber, das mir assistiert, langfristig gut mit mir selbst und meinen Mitmenschen umzugehen.

Hier finden Sie den Essay in voller Länge:
Politische Korrektheit
Missbrauch, Irrwege und Fehlentwicklungen einer wertvollen Haltung

Abstract:

Politische Korrektheit ist eine wertvolle und menschenfreundliche Grundhaltung, die sich denMenschenrechten und der Vielfalt des menschlichen Seins verschreibt. In den letztenJahrzehnten lässt sich jedoch eine Pervertierung der Politischen Korrektheit beobachten, diehysterisch und gewaltvoll wird. Dies liegt u.a. daran, dass die Idee der Politischen Korrektheitviele Mitläufer*innen findet, die im tiefsten Innersten nicht begriffen haben, worum es geht,eigene Verletzungen und biographische Wunden im KAMPF GEGEN etwas ausagieren unddie Welt in Gut und Böse spalten. In diesem Essay beschreibe ich Spaltungsprozesse und dasfalsche Selbst, aber auch, wie wir diese überwinden können, um uns mit Selbstwert und einergesunden, personalen, tiefgehenden Selbstachtung für Menschenrechte und ein diversesMiteinander einsetzen zu können.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)

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