Krebserkrankungen / Psychotherapie
Psychoonkologie
Was ist Psychoonkologie?
Die Psychoonkologie ist eine relativ junge Disziplin der Psychotherapie und Psychologie und findet ihre Ursprünge in den 1970er Jahren. Sie arbeitet integrativ-interdisziplinär und versucht, Patient*innen und deren Angehörige im Umgang mit den biopsychosozialen Schwierigkeiten einer Krebserkrankung zu unterstützen.
Je früher Menschen psychoonkologisch gut behandelt und versorgt werden, desto weniger schwer fallen ihre psychologischen und sozialen Folgeschäden aus. Im Nationalen Krebsplan ist eine bedarfsgerechte psychoonkologische Behandlung ein wichtiger Baustein der Behandlung von krebserkrankten Menschen.
Krebs ist eine der häufigsten körperlichen Erkrankungen. Obwohl Krebserkrankungen noch immer mit einem hohen Risiko zu sterben und invasiven medizinischen Behandlungsmethoden assoziiert werden, gibt es immer bessere Behandlungsmöglichkeiten und auch immer mehr Menschen, die mit ihrer Krebserkrankung ein langes Leben haben. Die Überlebenden leiden jedoch häufig unter Symptomen, welche denen einer posttraumatischen Belastungsstörung oder Traumafolgestörungen ähneln.
Zudem gibt es auch körperliche Folgeschäden, da viele medizinische Therapien und Behandlungen die körperliche Funktionsfähigkeit stark beeinträchtigen. Somit kann sich die Lebensqualität massiv verschlechtern und es kann zu negativen psychosozialen Folgen kommen.
Folgende Beschwerden können bei Patient*innen mit Krebs auftreten:
- Ängste und Panikattacken
- Grübelneigung
- Depressionen
- Schmerzen
- Einschränkungen der körperlichen Funktion
- Erschöpfung und Fatigue
- Alpträume
- Ein- und Durchschlafstörungen
- Chronischer Stress (Distress)
32 Prozent aller an Krebs Erkrankten weisen im Laufe der Behandlung psychische Symptome bzw. eine psychische Störung auf.
Darüber hinaus ist oft auch das soziale Umfeld der Betroffenen schwer psychisch belastet. Lebenspartner*innen, die Familie, die Kinder, Freund*innen und Bekannte sind von den Einschnitten indirekt betroffen.
Folgende Aufgaben gehören zur psychoonkologischen Versorgung:
1. Die Psychoonkologie versucht, nach der Diagnose zu klären und zu ordnen.
2. Sie liefert Informationen über die Krebserkrankung sowie über die Möglichkeiten der Behandlung.
3. Sie versucht die psychischen Symptome (etwa Angst, Fatigue, Erschöpfung, Depressionen, Schlafstörungen) zu lindern.
4. Sie aktiviert Selbstheilungskräfte, innere Stärken und verschüttete Ressourcen.
5. Sie unterstützt die Angehörigen, die Familien und das soziale Umfeld.
6. Sie stärkt die Gefühle von Kontrolle und Selbstwirksamkeit.
7. Sie fungiert als Schnittstelle der Kommunikation zwischen Patient*innen, Familien und den Behandler*innen.
8. Sie begleitet durch die Hilflosigkeit, durch die Krisen und unterstützt bei der Suche nach Sinn.
9. Sie schafft Räume, um über Tabus wie Verluste, das Sterben und den Tod zu sprechen.
Psychoonkologie kann sowohl stationär als auch ambulant bei niedergelassenen Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen stattfinden. Dabei ist es oft schwierig, als Krebserkrankte/r psychoonkologische Unterstützung zu finden, weil die Versorgungsdichte mitunter sehr gering ist. Zudem haben auch Psychotherapeut*innen eigene Ängste im Umgang mit den Themen schwere Krankheit, Sterben und Tod und vermeiden dann die Arbeit mit der Zielgruppe.
Die psychoonkologische Versorgung in Akutkrankenhäusern arbeitet tendenziell auf der Ebene der Krisenintervention. Es geht dabei um die Prävention von psychischen Erkrankungen, welche durch eine Krebserkrankung ausgelöst werden können. Auch Belastungen wie Ängste oder Depressivität sollten hier gemindert werden. Psychoonkologische Beratungen (Psychoedukation) und das Vermitteln von Skills, wie etwa Entspannungsverfahren und gute Atemtechniken, sind wichtige Elemente der Akutversorgung. Im Akutkrankenhaus sollten der Umgang mit den Krankheitsfolgen und den Behandlungsfolgen etwas gelernt werden und die Patient*innen bei der Bewältigung unterstützt werden. Auch sollten die Betroffenen informiert und motiviert werden, sich nach der akuten Behandlung psychoonkologische Hilfe im ambulanten Betreuungssetting zu suchen. Machen Patient*innen im stationären Akutbereich positive Erfahrungen mit Unterstützung, Krisenintervention und Psychoonkologie, so ist die Hürde geringer, ambulante Behandlungsangebote in Anspruch zu nehmen.
In der ambulanten psychoonkologischen Psychotherapie unterscheidet sich die Arbeit nicht wesentlich von der Arbeit mit anderen Psychotherapiepatient*innen. Es geht um Begleitung, das Aushalten und Annehmen von schwierigen Emotionen wie Ohnmacht, Hilflosigkeit und Todesangst. Es geht um das Finden eines inneren Halts, um das schwerwiegende und einschneidende Erlebnis im Leben annehmen zu lernen. Ressourcenaktivierung, Resilienzförderung, Hypnose, Hypnotherapeutische Interventionen, Imaginationen, um innere Sicherheit herzustellen und das Lernen von Selbstfürsorge helfen auf diesem Weg.
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.