Psychotherapie / Homosexualität
Was ist verinnerlichte Homonegativität?

Verinnerlichte Homonegativität meint das Phänomen, dass schwule Männer, bisexuelle Menschen und lesbische Frauen sich wegen ihrer Homosexualität bzw. Bisexualität selbst hassen, ablehnen, ekelig fühlen, Schuldgefühle haben und sich schämen. 

In anonymen Onlineumfragen auf einer bekannten schwulen Datingplattform gaben etwa 75 Prozent aller schwulen und bisexuellen Männer an, dass sie sich im tiefsten Innersten ihrer sexuellen Orientierung schämen oder diese abwerten und ablehnen. Sie äußerten, dass sie lieber heterosexuell wären und gerne für heterosexuell gehalten werden. Zudem würden sie sich schämen, wenn sie zusammen mit offen homosexuell auftretenden Menschen oder transidenten Personen auf der Straße und im öffentlichen Raum gesehen werden.

Es gibt auch den Begriff der „Homophobie“, der jedoch etwas irreführend ist: Eine Phobie ist nämlich eine irrationale Furcht vor etwas (etwa vor Spinnen). Bei der Homonegativität geht es allerdings mehr um Hass, innere und äußere Ablehnung, Gewalt, Ekel, Schuldgefühle, Scham und Abwertung.
Gefährlich ist, dass Opfer homonegativer Diskriminierung diese in ihr Inneres hineinnehmen und verinnerlichte Homonegativität entwickeln. Sie erleben dann Gewalttaten und Benachteiligungen als gerechtfertigt und so, als ob sie die psychische oder körperliche Gewalt verdient hätten. Auch Selbsthass kann eine Folge von verinnerlichter Homonegativität sein. Die eigene Homosexualität/Bisexualität wird dann als schlecht und minderwertig erlebt, als etwas, für das es sich zu schämen gelte. Internalisierte Homonegativität geht mit einer tiefen Selbstablehnung und Selbstabwertung einher. Die Betroffenen fühlen sich innerlich gespalten zwischen ihren authentischen Bedürfnissen nach Identität, Liebe, Partnerschaft und Sexualität und ihrer schweren Selbstentwertung sowie ihrer Ablehnung. Die verinnerlichten homophoben Normen quälen dann das Individuum. Vermeide ich ein authentisches Leben, dann können diese Zerrissenheit und das Versteckspiel immer stärker werden.
Diesen Mechanismus nennt die Psychoanalyse „Identifikation mit dem/der Aggressor*in“. Er wurde erstmals von Anna Freud (der Tochter von Sigmund Freud) beschrieben. D.h. wir identifizieren uns aus Selbstschutz mit dem/der homonegativen Täter*in, weil dies kurzfristig unsere Psyche vor größeren Schäden bewahrt. Dies erklärt etwa, warum sich Geiselopfer in ihre Entführer*innen verlieben und sie dann sogar im Gefängnis besuchen (das so genannte „Stockholm Syndrom“). Langfristig schadet dieser eigentlich geniale Selbstschutzmechanismus unserer Seele aber, weil wir den/die Täter*in verinnerlichen und in unser Innerstes hineinnehmen. Wir handeln dann entweder selbst wie der/die ursprüngliche Täter*in und agieren unsere erfahrene Homonegativität genauso brutal, hasserfüllt und toxisch an anderen Personen aus (dann werden etwa schwule Männer und lesbische Frauen manchmal Neonazis) oder wir gehen mit uns selber um, wie das der/die homonegative Täter*in einst tat, z.B. durch psychische und körperliche Selbstverletzungen, Selbstabwertungen etc.

Nicht immer gehen Homonegativität und Homophobie von konkreten einzelnen Täter*innen aus. Auch Mikro- und Makrosysteme können sich diskriminierend, stigmatisierend und toxisch Verhalten, etwa Familiensysteme, Freikirchen, Religionsgemeinschaften, Schulen und Ausbildungsstätten, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Peer-Gruppen, Lehrstellen, die Justiz, die Exekutive, Parteien und Staaten. Dabei ist die Homonegativität mal mehr mal weniger subtil, wird aber dennoch verinnerlicht.
Menschen, die ihre eigene (Homo-)Sexualität ablehnen, legen häufiger ein selbstschädigendes Verhalten an den Tag: Drogenmissbrauch, bewusste oder unbewusste Selbstverletzungen, aber auch ungeschützter Sexualverkehr, bei dem aufgrund eines vorbewussten Strafbedürfnisses das Risiko einer Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten eingegangen wird. Menschen, die sich mit ihrer sexuellen Orientierung so akzeptieren, wie sie sind, tun dies viel seltener.

Ein Beispiel: Herr L. ist schwul, 45 Jahre alt und versteckt seine Homosexualität seit über 30 Jahren. Da er sich seiner sexuellen Orientierung sosehr schämt, kann er diese nicht offen ausleben. Wenn er etwa schwule Freunde und Bekannte auf der Straße oder im öffentlichen Raum trifft, dann tut er so, als ob er diese nicht kenne, was diese wiederum kränkt und verletzt. Dadurch wird Herr L. im Laufe der Zeit immer einsamer.
Aufgrund seiner Scham und seiner großen Ängste vor Ablehnung kann Herr L. auch keine Partnerschaft führen. Sein Expartner hat ihn verlassen, weil Herr L. niemals zu ihm stehen konnte. In seinem heterosexuellen Freundeskreis ist Herr L. nämlich nicht geoutet, auch seine Familie weiß nicht um seine Homosexualität. Deshalb musste hier sein Partner immer Außen vor bleiben, er wurde verheimlicht und ausgeschlossen oder als guter Kumpel vorgestellt. Herr L. wollte sogar, dass sein damaliger Partner vorspielte, dass er heterosexuell sei und sich möglichst klischeehaft männlich verhalte, also eine Rolle spiele. Irgendwann hielt der Partner von Herrn L. dieses Vorspielen einer falschen Identität und das Versteckspiel nicht mehr aus und trennte sich. Eine authentische, befreite Partnerschaft war mit Herrn L.einfach unmöglich. Herr L. litt sehr unter dieser Trennung, redete sich aber ein, dass als schwuler Mann eine Partnerschaft eben nicht möglich sei.
Herr L. leidet stark unter seiner Homosexualität und fühlt sich zutiefst einsam. Um wenigstens etwas zwischenmenschliche Nähe zu erleben, fährt er an Orte, wo schwule und bisexuelle Männer anonymen, unverbindlichen Sex haben, oder er macht sich über Dating-Portale Sexdates aus. Er hat zahlreiche One Night Stands, die er jedoch nicht innerlich bejaht und derer er sich nicht erfreuen kann, sondern für die er sich wiederum schämt, schuldig fühlt und Selbsthass entwickelt. Er bezeichnet sich selbsabwertend als „sexuelles Schwein“.

Am Beispiel von Herrn L. wird gut ersichtlich, wie Menschen in einen toxischen Prozess geraten, in dem sie von Kindheit und Jugend an verinnerlichen, dass sie sich verbiegen oder falsche, aufgesetzte Gefühle vortäuschen müssen, und dass sie nur geliebt werden, wenn sie ihre authentischen Bedürfnisse und Gefühle unterdrücken und vorgeben, etwas zu sein, was sie nicht sind. Sie lernen zudem, dass ihre echten Gefühle und Bedürfnisse falsch seien und entwickeln zur Kompensierung sekundäre Bedürfnisse (siehe die Sexdates von Herrn L. als Kompensation der Einsamkeit und mangelnden Nähe).
Es entsteht dann ein falsches Selbst. Die betroffenen Personen fühlen ihre ureigenen Emotionen und Bedürfnisse gar nicht mehr und spalten sie mithilfe diverser Abwehrmechanismen ab. Spüre ich kurz mein Bedürfnis oder gehe ihm sogar nach, kann das schwerste Ängste und Schuldgefühle auslösen bis hin zum Selbsthass. Das Abspalten von Bedürfnissen kostet selbstredend enorm viel Kraft und Energie. Die betroffenen Personen sind ständig unter Stress und in psychophysiologischer Alarmbereitschaft. Oft erkranken sie psychosomatisch und entwickeln ein schlechteres Immunsystem, leiden unter Angst und Panikstörungen und missbrauchen Substanzen. Auch Traumafolgestörungen, Psychosen und Suizidalität können auftreten.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)

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