Protest im Innviertel
Ärzte und Pfleger fordern mehr Impfbereitschaft

Foto: Haindl
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Ein Aufschrei des Protestes drang am Vormittag des 21. Oktobers aus oberösterreichischen Spitälern. So auch aus dem St. Josef Krankenhaus in Braunau: Ärzte,Pflege- sowie Verwaltungspersonal trafen sich dort zu einem Protest-Flashmob auf dem Hubschrauber-Landeplatz des Spitals.

BRAUNAU. Initiiert von der Ärztekammer fand am Vormittag des 21. Oktober eine gemeinsame Aktion in Spitälern Oberösterreichs statt. Der Aufruf, sich impfen zu lassen, geht dieses Mal an die Bevölkerung: Die aktuelle Situation in den Krankenhäusern zeichnet ein Bild der Überlastung und der Erschöpfung.

Weniger Personal, mehr Belastung

Mehr Überstunden, mehr körperliche und psychische Belastung, doch viel weniger Personal: Die Herausforderungen, vor denen Spitäler des Landes stehen, zeichnen ein Bild der Überlastung. Erwin Windischbauer ist Geschäftsführer des Krankenhauses in Braunau, und erklärt, dass die Krankenstände und Kündigungen beim Krankenhauspersonal ein Ausmaß erreicht hätten, das man früher nicht gekannt habe.

"Wir haben große Sorge"

"Wir haben die große Sorge, dass wir den Leistungsauftrag des Landes Oberösterreich nicht mehr in diesem Umfang erfüllen können, weil wir das Personal dafür nicht mehr haben", sagt Windischbauer. Nach Angaben des Geschäftsführers musste am 20. Oktober ein Viertel aller Covid-Patienten Oberösterreichs im Braunauer Krankenhaus behandelt werden. "Normal haben wir 12-14% Versorgungsanteil des gesamten Innviertels an Oberösterreich. Doch gestern mussten wir doppelt so viele Covid-Patienten behandeln, wie wir vom Bevölkerungsschlüssel her sollten."

Auch Dr. Carina Primus, Oberärztin der Inneren Medizin, spricht von immensen psychischen und physischen Belastungen, mit denen Ärzte und Pflegepersonal seit annähernd zwei Jahren zu kämpfen haben: "In der jetzigen Corona-Welle sind mehr Jüngere betroffen, die nicht geimpft sind und vorher gesund waren. Wenn die dann schwer krank werden und einer Intensivbehandlung bedürfen, dann ist das noch einmal eine andere Belastung für das Personal" erzählt die Oberärztin.

Mehr Jüngere betroffen

Stundenlang in Schutzanzügen zu arbeiten, wurde vor einem Jahr noch als Heldentat gefeiert, ist aber jetzt kein Thema in der öffentlichen Diskussion mehr. "Covid-Patienten erfordern mehr Arbeitseinsatz weil sie inturbiert, instabil und eben schwer krank sind. Wir begleiten die Patienten und Angehörigen teilweise über Wochen und man lernt die Menschen dabei kennen. Das zehrt dann besonders", so Primus.

Angst, Panik, Schuldgefühle

Oft würden Betroffene bereuen, sich nicht geimpft zu haben, sagt Primus. "Ängste, Panik und Schuldgefühle nagen an den Patienten, und den Satz "Ich bin eigentlich selbst schuld" hört man häufiger".  Auf der Intensivstation sei es eines der Hauptthemen, die Angst und Panik der Patienten zu reduzieren, da dies die Atmung noch weiter erschwere. "Gerade die jüngeren Patienten haben richtige Angstzustände", berichtet Julia Söllinger. Sie ist Bereichsleiterin für Pflege Innere Medizin und der Covid-Station. "Wir müssen viel beruhigen. Wenn allein das Sprechen und das Essen die Betroffenen in Atemnot bringt und die Patienten auch wegen der Angst nicht schlafen können, dann fordert uns das sehr."

"Wir sind erschöpft und irritiert"

Oberärztin Primus: "Wir sind sehr erschöpft und irritiert, weil wir nicht verstehen, warum die Bevölkerung das Impfangebot nicht annehmen möchte. Wir haben viele Töchter und Söhne, die ihre Eltern verloren haben." Inzwischen würde zwar die Zahl der Schicksalsschläge und die Zahl der Betroffenen steigen, doch noch immer sei die Skepsis gegenüber der Impfung groß. "Man traut sich fast gar nicht mehr zu sagen, was man denkt. Man wird schief angeschaut, wenn man mit der FFP2-Maske in jedes Geschäft geht."

Aufwand in Betreuung doppelt so groß

Und dabei ist Unsicherheit und Angst etwas, was das Personal im Gesundheitswesen zur Genüge kenne. So etwa die Angst, Angehörige anzustecken, aber auch die vor dem unbekannten Virus selbst. Windischbauer: "Wir haben einen Frauenanteil von 83% und fast alle haben zuhause Familie. Wir bieten zwar unserem Personal breitflächig psychologische Unterstützung an, doch der Aufwand bei der Betreuung von Covid-Patienten ist enorm. Über fast alle Berufsgruppen hinweg ist er mindestens doppelt so hoch, und wenn man die psychische Komponente hinzunimmt sind wir sicher beim Faktor drei."

Die Vergleiche mit der Zeit vor Corona gebe es inzwischen nicht mehr. "Es ist jetzt eine neue Zeit", so der Geschäftsführer des Krankenhauses, Windischbauer. "Wir haben jetzt Ende Oktober und knappe zwei Jahre hinter uns. Ich bin froh über die heutige Aktion, denn wir können nur aufzeigen, dass wir am Limit sind."

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