Rotwild im Kobernaußer Wald
Verein befürchtet „Ausrottung“ und fordert Zählung

Weibliches Rotwild im Winterwald. | Foto: ÖBf/Thomas Kranabitl
2Bilder
  • Weibliches Rotwild im Winterwald.
  • Foto: ÖBf/Thomas Kranabitl
  • hochgeladen von Barbara Ebner

Die Bundesforste lehnen eine Bestandserhebung ab. Dies habe die Behörde mangels rechtlicher Grundlage zur Kenntnis zu nehmen.

BEZIRK BRAUNAU (ebba). Der „Verein zur Erhaltung des Rotwild- und Raufußhuhnbestandes im Innviertel“, dem auch Jäger angehören, kritisiert, dass die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) und die Bezirkshauptmannschaft (BH) Braunau Abschusspläne beantragen und genehmigen, ohne zuvor den Rotwildbestand zu erheben.

Sorge um Tierwohl

Nun will der Verein durchsetzen, dass im Kobernaußer Wald eine Abschusssperre für Rotwild verhängt wird. Laut dem Obmann, Alois Weinberger aus St. Peter am Hart, soll der Bestand aufgrund „falscher Vorgehensweisen“ bei der Bejagung schon soweit reduziert worden sein, dass es einer Ausrottung gleichkomme. Weinberger schätzt, dass es nur noch 45 bis 50 Stück Rotwild im gesamten Kobernaußer Wald gibt, 16 davon im Bezirk Braunau. „Die Tiere können nicht mehr in artgemäßen, natürlichen Sozialbeziehungen leben“, meint Weinberger.

Eine vom Verein geforderte Bestandserhebung des Rotwildes lehnten die ÖBf, die rund die Hälfte des Kobernaußer Waldes bewirtschaften, bis dato immer ab. „In OÖ gibt es keine Vorschrift zur Bestandszählung. Wir haben daher keine rechtliche Grundlage, die Bundesforste dazu zu zwingen“, erklärt Peter Kölblinger, Leiter des Forstdienstes an der BH Braunau. Abschusspläne werden in Oberösterreich auf Basis von Begehungen und nach dem Zustand des Waldes erstellt. Das Jagdgesetz schreibe aber nicht vor, dass man das Wild zählen muss.

Eine Abschusssperre müsste von der Bezirkshauptmannschaft angeordnet werden. „Es gibt die Möglichkeit, eine solche Sperre zu verhängen, dafür muss aber eine übermäßige Nutzung des Wildbestandes glaubhaft nachgewiesen werden“, erklärt Johanna Hofinger, die an der Braunauer Behörde für das Jagdrecht zuständig ist. „Wir haben ein Gutachten erstellen lassen und herausgekommen ist, dass die Verhängung einer Abschusssperre derzeit nicht erforderlich ist.“ Es werde aber eindringlich auf das Einhalten der Schonzeiten hingewiesen, ersucht, die Ruhezonen aufrecht zu erhalten und für eine angemessene Wildtierfütterung in der Notzeit zu sorgen, betont Kölblinger. Die Bundesforste sind jagdausübungsberechtigt und unterliegen dem Jagd- und Forstgesetz. „Dies zu überwachen ist Aufgabe der Behörde“, betont Hofinger.

Wildschaden als „Totschlagargument“

Alois Weinberger versteht die Argumentation der Behörde nicht: „Grundlage einer Abschussplanung müsste doch die Kenntnis über die tatsächliche Populationsgröße sein. Stattdessen wird lediglich mit mutmaßlichen Zahlen jongliert. Zahlreiche Wildbiologen haben sich bereits kritisch dazu geäußert, aber bei der Behörde kein Gehör gefunden. Einzig das Totschlagargument der Forstindustrie wird gehört, das da lautet: Wildschaden“, kritisiert der besorgte Jäger, und ergänzt: „Wobei Wildschaden nachweislich durch falsche Bewirtschaftung von Wald und Wildbestand entsteht und nicht per se durch die Anwesenheit von Rotwild."

Entgegenkommen der Bundesforste

Seit 2015 kämpft der Verein nun schon gegen das „Artensterben“ im Kobernaußer Wald. In zahlreichen Gesprächen mit Vertretern der BH Braunau und der ÖBf wurde versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden. Schließlich kam es zu einem Kompromiss: Die Bundesforste legten ein Konzept vor, mit dem sie sich eine freiwillige Selbstbeschränkung auferlegten, die auch in der heurigen Saison noch gelten soll. Die ÖBf haben demnach zehn Stück Abschuss beantragt, wobei der Überschuss auf zwei Stück Rotwild begrenzt ist. Darüber hinaus wurden selbst auferlegte Schuss- und Ruhezeiten eingeführt, um einerseits effizienter zu bejagen und andererseits mehr Beruhigung für die Tiere zu schaffen. Auch Wildkameras sind installiert worden. „Das Konzept wurde damals positiv aufgenommen. Auch vom Verein“, sagt Kölblinger. Dennoch mache der Verein laufend neue Eingaben.

Lebensräume attraktiviert

Laut Pia Buchner, Sprecherin der ÖBf, werde grundsätzlich darauf geachtet, dass im Wald so viel Wild lebt, wie der Wald es verträgt, ohne erheblichen Schaden davon zu tragen. „Wir orientieren uns am Waldzustand. Eine Bestandserhebung ist für uns daher nachrangig. Abgesehen davon, ist es kaum möglich, die weitläufig umherziehenden Tiere verlässlich zu zählen.“ In den letzten Jahren hätten die Schälschäden deutlich zugenommen. „Durch diese Schälung wird die Rinde der Bäume verletzt. In den geschälten Stellen können leicht Bakterien und Pilze eindringen. Bäume werden in der Folge faul. Das bedeutet auch einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden“, gibt sie zu Bedenken. „Die Lebensräume für das Rotwild wurden aber verbessert, Äsungsflächen attraktiviert und an diesen Stellen die Hochsitze entfernt.“

Bis 2017 war Lage bedenklich

Im Jahr 2016 gab es mit 27 ein Hoch bei den Abschüssen. „Zwischen 2013 und 2016 wurden 84 Stück Rotwild geschossen, wobei der Großteil in den Ruhezonen erlegt wurde! Wir haben 2017 Begehungen gemacht und dabei in diesen Zonen auffällig viel Futter am Boden vorgefunden, mit dem das Wild wohl angelockt wurde. Das waren keine Ruhezonen, sondern Totschusszonen“, so Weinberger. „Ich will niemanden verunglimpfen, aber es gibt Missstände. Außerdem könnte die Behörde sehr wohl Druck auf die ÖBf ausüben, sie will nur nicht. Das Rotwild ist Teil der Landeskultur und damit erhaltungswürdig. Ich halte nichts von Überhege, aber auf einen ausgeglichenen Wildbestand ist zu achten“, appelliert Weinberger.

Aktuelle Situation

„Es wurde zuletzt festgestellt, dass bei einem Abschuss von zehn Stück pro Jahr der Rotwildbestand im Kobernaußer Wald nicht gefährdet und eine Abschusssperre daher nicht erforderlich ist. Und da stehen wir jetzt“, sagt Kölblinger. „Das Bemühen des Vereines ist durchaus anerkennenswert. Aber wenn die ÖBf sagen, sie machen keine Bestandserhebung, dann ist das ihr gutes Recht, denn noch einmal: Es gibt keine gesetzliche Grundlage, sie dazu zu zwingen.“

Weibliches Rotwild im Winterwald. | Foto: ÖBf/Thomas Kranabitl
Rotwildfamilie im Winter. | Foto: ÖBf/Thomas Kranabitl
Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Braunau auf MeinBezirk.at/Braunau

Neuigkeiten aus Braunau als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Braunau auf Facebook: MeinBezirk.at/Braunau - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Braunau und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.