Mariazell: Das Spannungsfeld unter der Basilika

Zwei, die gut miteinander können: Der Touristiker Johann Kleinhofer und der Kleriker Pater Superior Michael Staberl. | Foto: Pashkovskaya
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  • Zwei, die gut miteinander können: Der Touristiker Johann Kleinhofer und der Kleriker Pater Superior Michael Staberl.
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Auf der einen Seite steht der Pilger, der es gewohnt ist, Entbehrungen auf sich zu nehmen, auf der anderen Seite die Begehrlichkeiten der Tourismusbranche, die bestmöglichen Luxus und reichhaltigen Genuss versprechen. Wie lassen sich solche Klischees in einen kleinen Wallfahrtsort wie Mariazell pressen. Die WOCHE hat nachgefragt – und zwar bei Pater Superior Michael Staberl und beim Mariazeller Tourismuschef Johann Kleinhofer. Gleich vorweg: Pater Michael hat dem Gespräch schnell die sprichwörtliche Spannung genommen.

Um gleich zur Sache zu kommen: Ist diese Spannung zwischen Kirche und Tourismus in Mariazell spürbar?
Pater Michael: Ich habe ja Elektrotechnik gelernt in der HTL. Da ist die Spannung immer etwas Positives. Spannung liefert Energie. Ist etwas abgespannt, dann spricht man von einem Kurzschluss, dann bricht alles zusammen. Das kann man auch aus kirchlicher Sicht so deuten.
Johann Kleinhofer: Als Touristiker sehe ich es ähnlich. Spannung ist nur dort, wo etwas ist. Der Kraftort Mariazell erzeugt Spannung, wir stehen unter Strom, hier rührt sich etwas.

Kann man Pilgertum und Tourismus überhaupt trennen? Waren nicht die Wallfahrer die ersten Touristen?
Pater Michael: Ja, das stimmt. Die Pilger mussten ja auch verköstigt und versorgt werden und sie brauchten etwas zum Mitnachhausenehmen. Bereits im Jahr 1390 gab es in Mariazell 43 Verkaufsstände. Und es war doch immer so: Kirche und Wirtshaus gehören zusammen.
Johann Kleinhofer: Die kirchliche Seite hat in Mariazell auch umgedacht. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da hat es geheißen "Wallfahrer sind keine Touristen". Jetzt ist es möglich, für den Wallfahrer ein gutes Gesamtpaket zu schnüren. Hier arbeiten wir sehr eng mit der Kirche zusammen. Es gelten für Pilger und für Urlauber die gleichen Gesetze: Wenn er sich wohlfühlt, dann kommt er gerne wieder.

Hat die Kirche in Mariazell Sorge, dass das Wallfahrten zu einer Modeerscheinung verkommt?
Pater Michael: Wenn es ein Trend ist, dann ist es ein schöner Trend. Jeder, der nach Mariazell kommt, der kommt mit der Basilika in Berührung. Speziell die Fußwallfahrt ist ein sehr spirituelles Ereignis, das in die Tiefe geht. Der Weg ist das Ereignis – mit einem großen Ziel am Ende. Davon bleibt kaum einer unbeeindruckt, egal wie gläubig man ist.

Wohin pilgern eigentlich die Mariazeller?
Johann Kleinhofer: Ich habe es vor zwei Jahren umgekehrt gemacht und bin von Mariazell nach Wien zum Steiermarkfrühling gepilgert. So eine Erfahrung lernt man auf keinem Tourismusseminar.
Pater Michael (schmunzelnd): Wenn man schon an einem der größten Marienorte lebt, dann kann man nur nach Höherem streben. Deshalb pilgern die Mariazeller seit 1680 zur Kirche am Sonntagsberg, die ist nämlich der Dreifaltigkeit geweiht.

Das Interview wurde fotografiert von Katharina Pashkovskaya

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