Aus der Sicht des Roten Kreuzes
Wie viele Motorräder verträgt das Mariazellerland?

Fast schon wöchentliche Routine: Rettungseinsatz nach einem Motorradsturz (gestellte Aufnahme). | Foto: RK Mariazellerland/ P. Weißenbacher
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  • Fast schon wöchentliche Routine: Rettungseinsatz nach einem Motorradsturz (gestellte Aufnahme).
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Wenns an schönen Wochenenden wo kracht, dann sicherlich auch in Mariazell. Die Unfallhäufigkeit mit Motorradfahrern ist offensichtlich.

Hotspot lässt sich übersetzen mit heiße Stelle oder Brennpunkt. In dieser Hinsicht ist das Mariazellerland wahrlich ein Hotspot für Motorradfahrer aus dem östlichen Bundesland. Egal welche Strecke man wählt, ob Zellerrain, Annaberg, Kalte Kuchl, Lahnsattel, Niederalpl, Seeberg oder Salzatal, alle Routen sind klassische Motorradstrecken – kurvenreich, bergig und stets eingebunden in eine wunderbare Landschaft. Mariazell mit der Basilika und der dazugehörigen touristischen Infrastruktur gibt zudem ein eindrucksvolles Etappenziel ab.
Die Motorräder mit ihren Lenkern sind zwar ein gewichtiger touristischer Faktor, bringen aber auch Schattenseiten mit sich: Die Stadtgemeinde Mariazell will die Motorräder vom Hauptplatz verbannen, eine Lösung ist in Ausarbeitung, entlang der klassischen Strecken klagen Anrainer über unzumutbare Lärmbelästigung – Bürgerinitiativen beginnen sich zu formieren – und  besonders gravierend: die Unfälle häufen sich.

Aus der Sicht des Rettungsdienstes

Das Mariazellerland ist eben auch ein Hotspot, wenn es um Motorradunfälle gibt – gilt ganz besonders an schönen Wochenenden. Kaum ein Wochenende, an dem es keinen Unfall gibt, an dem ein Motorradfahrer beteiligt ist.

Benjamin Leodolter ist Dienstführender in der Ortsstelle des Roten Kreuz Mariazellerland. | Foto: J. Leodolter
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Wir haben uns beim Roten Kreuz in Mariazell umgehört, wie sie mit dieser Form der Unfallhäufigkeit umgehen.  Benjamin Leodolter ist Dienstführender in der Ortsstelle Mariazell: "Natürlich sind wir uns dieser Problematik bewusst und haben unseren Rettungsdienst dementsprechend ausgerichtet", erklärt Leodolter. An Wochenenden sind rund um die Uhr mindestens zwei Fahrzeuge mit Rettungsteam einsatzbereit, davon ein Notarztwagen. An den Wochentagen sind drei Fahrzeuge eingesetzt, hier kommen aber die Krankentransporte hinzu. "Wir können unseren Dienstplan leider nicht am Wetterbericht ausrichten, weil der Dienstplan steht zumindest ein Monat voraus fest, was wir aber verinnerlicht haben, das ist unser bestens funktionierender Bereitschaftsplan: Ist ein Fahrzeug durch einen Einsatz blockiert, wird das Bereitschaftsteam alarmiert, somit behalten wir immer unsere volle Einsatzstärke", erläutert Benjamin Leodolter.

Einsatzszenario nach einem Verkehrsunfall in Halltal: Rotes Kreuz, Rettungshubschrauber und Polizei sind bereits am Unfallort. | Foto: RK Mariazellerland/B. Leodolter
  • Einsatzszenario nach einem Verkehrsunfall in Halltal: Rotes Kreuz, Rettungshubschrauber und Polizei sind bereits am Unfallort.
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Damit alles reibungslos funktioniert, dafür sorgen im Rettungsdienst zehn hauptamtliche Mitarbeiter, sechs Zivildiener und 30 aktiv tätige Ehrenamtliche. Auch ohne Motorradunfälle gibt es im Einzugsgebiet der flächenmäßig drittgrößten Gemeinde Österreichs viel zu tun, zumal auch Regionen aus dem Mostviertel wie Annaberg oder Gscheid mitbetreut wird. "Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Gesundheitszentrum haben wir immer einen Notarzt einsatzbereit, auch die Zusammenarbeit mit dem Rettungshubschrauber funktioniert bestens", so Leodolter.

First Responder System funktioniert

Um das große Einsatzgebiet gut abdecken zu können, greift in Mariazell eine weitere Besonderheit. Hier gibt es ein praxistaugliches First-Responder-System. First Responder sind Ersthelfer bei medizinischen Notfällen. Sie werden parallel zum Rettungsdienst alarmiert, wenn in ihrer Nachbarschaft Hilfe gebraucht wird. Ziel ist es, die Zeit zwischen dem Notfall und dem Eintreffen der Rettungskräfte zu vermindern. "Bei uns gibt es Gebiete, wo ein Rettungswagen im Notfall auch im Idealfall bis zu 25 Minuten benötigt. Da macht es schon Sinn, wenn man so einen Ersthelfer vor Ort hat", erklärt Benjamin Leodolter. Und wie wird man Ersthelfer? "Dazu reicht ein erweiterter Erste-Hilfe-Kurs im Ausmaß von 32 Stunden. Man muss sich zu nichts verpflichten und muss auch nicht Dienst in einer Ortsstelle machen", so der Dienstführende. Demnächst soll in Mariazell so ein erweiterter Erste-Hilfe-Kurs angeboten werden.

Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen (SvE)

Zurück zu den Motorradunfällen, die sich besonders zu Saisonbeginn häufen, wobei es laut Leodolter kaum mehr eine zeitlich zuordenbare Motorradsaison gibt. "Die ersten Motorradfahrer sind unterwegs, da fahren bei uns noch die Skilifte."
Kommt es zu einem Unfall, dann ist nicht nur die Rettung gefordert, sondern auch Feuerwehr und Polizei. "Für unsere Region ist es ein Glücksfall, dass unsere Mitglieder gleich in mehreren Einsatzorganisationen tätig sein. Somit ergibt sich eine hilfreiche Verzahnung, lässt Hürden verschwinden und schweißt zusammen. Ich möchte nicht die viel zu oft strapazierte Phrase verwenden, dass bei uns die Zusammenarbeit aller Einsatzorganisationen sehr gut funktioniert, aber es ist tatsächlich der Fall. Es gehört bei uns fast schon zum guten Ton, dass man sich auch bei spezialisierten Tätigkeiten gegenseitig hilft. An erster Stelle steht der Patient, dann kommt erst die Bergung der Fahrzeuge und das Aufräumen – da sind wir uns einig."

Motorradfahren: Unbändige Freiheit oder unnötige Umweltbelastung?

Schwierige Unfalleinsätze werden nachbesprochen, in besonders fordernden Fällen gibt es auch externe Unterstützung. Wenn bewährte Bewältigungsmuster innerhalb der Ortsstelle nicht ausreichen, helfen psychologisch geschulte Fachkräfte des Roten Kreuzes weiter. Wir sind aber ein eingeschworenes Team, da hilft es, wenn man sich den Kollegen anvertrauen kann."

Infos über die Rot-Kreuz-Bezirksstelle Bruck-Mürzzuschlag finden Sie hier

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