Valentinsempfang Bruck/Mur
Der unschätzbare Wert unserer Demokratie

Die Brucker Forstschule bildete diesmal den Rahmen für den Valentinsempfang von Landesrat Johann Seitinger. | Foto: Hackl
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Er hat schon Tradition, der Valentinsempfang von Agrar-Landesrat Hans Seitinger. Tradition haben auch seine hochkarätigen Gastreferenten: diesmal war mit Martin Selmayr der Botschafter der Europäischen Union in Österreich zu Gast in der Brucker Forstschule.

BRUCK/MUR. "Demokratie ist deswegen so schwierig, weil wir alle zusammenarbeiten müssen, das jedoch macht sie auch so stark. Die beste Versicherung für Frieden ist die Demokratie." Das könnte man als Kernaussage des Gastreferats von Martin Selmayr ausmachen, der Kabinettchef des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und als Generalsekretär der Europäischen Kommission der ranghächste Beamte auf EU-Ebene war. Jetzt leitet er die Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich; seit 2019 hat der gebürtige Bonner seinen Hauptwohnsitz nach Österreich verlegt.

Von Bonn nach Bruck_ Martin Selmayr ist Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich. Zuvor war er die rechte Hand des ehemaligen Kommissionspräsidenten Juncker. | Foto: Hackl
  • Von Bonn nach Bruck_ Martin Selmayr ist Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich. Zuvor war er die rechte Hand des ehemaligen Kommissionspräsidenten Juncker.
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Von Bonn nach Bruck: In Bruck referierte er über die Mechanismen der Europäischen Union. Anhand der vorwöchigen Verhandlungen in Brüssel griff er drei große Themenblöcke heraus und erzählte aus der Sichtweise des inneren Zirkels in Brüssel, die sich doch von der Erzählweise österreichischer Politiker und Berichterstatter unterscheidet.

"Ukraine muss standhalten"

Thema Nummer eins war der Krieg in der Ukraine. "Die EU ist ein Friedensprojekt und hat so 77 Jahre gut funktioniert. Jetzt stellt sich die EU ganz klar gegen den Aggressor Russland." Die Europäische Union hat sich dem "Nie wieder" verschrieben: Nie wieder zuzulassen, dass Grenzen verschoben werden. Nie wieder vor einem Diktator zurückzuweichen und nie wieder das Recht des Stärkeren gelten zu lassen.

"Es lebt die Hoffnung dass die Ukraine den Angriffen standhält und Russland zurückdrängt. Das das nicht mit Pfefferspray geht, muss wohl jedem bewusst sein."
Martin Selmayr erklärt die Waffenlieferungen der EU an die Ukraine

Selmayr stützt sich auf das Hoffnungsszenario, dass die Ukraine den Angriffen standhält und Russland zurückdrängt, "dass das nicht mit Pfefferspray geht, muss wohl jedem bewusst sein."
Er weiß aber auch, dass es auf einen "frozen conflict", also einem eingefrorenen Konflikt hinauslaufen könnte. Dass die Frontverläufe eine neugeschaffene Grenze definiert, es keinen Krieg aber auch keine weiteren Angriffsszenarien gibt. "Ein Zustand der über Jahrzehnte andauern könnte und für Europa die teuerste und konfliktreichste Variante wäre.

Putin liest den Standard

Martin Selmayr kennt Putin persönlich, er hat ihn elf Mal getroffen. "Wir Europäer sind vor einem Jahr aufgewacht und haben erst jetzt gesehen, wie Putin wirklich tickt, obwohl er sich in seiner Persönlichkeit nie verändert hat." Laut Selmayr lässt sich täglich zwei europäische Zeitungen bringen: Die Frankfurter Allgemeine und den österreichischen Standard.

Weiters referierte er über die Rolle Europas im globalen Wettbewerb. "In der Umgestaltung in eine klimafitte Wirtschaft ist Europa den USA um mehr als zehn Jahre voraus. Green-Technology wird beispielsweise in der EU fünfmal so stark gefördert wie in den USA."

Auch auf die Frage, welche Handelspartnern den Europäern noch bleiben, hatte Selmayr eine Antwort parat: "Mit den USA gibt es kein Handelsabkommen, eine wirtschaftliche Partnerschaft mit Russland ist für die nächsten 30 Jahre zerstört und China ist ein schwieriger Wirtschaftspartner. Uns bleibt die restliche Welt. Warum nicht viel mehr Kraft in den Mercosur, dem gemeinsamen südamerikanischen Markt investieren? Und keine Angst: Es geht hier nicht ums Wiener Schnitzel aus Argentinien."

Ungarn und die Ohnmacht der Zäune

Auch zum Thema Migration und Zäune hat sich Selmayr Gedanken gemacht: "Es werden immer Menschen nach Europa kommen. Wir sind der höchst entwickelte Kontinent mit dem größten Wohlstand. Ja, es braucht einen wirksamen Schutz unserer Außengrenzen, dieser Schutz funktioniert nicht mit Zäunen. Dazu braucht es Personal und technische Ausstattung. Ungarn beispielsweise hat einen Zaun, trotzdem verläuft der Flüchtlingsstrom hauptsächlich über Ungarn." Selmayr weiter: "Ungarn verhält sich klar rechtswidrig, weil keine Asylverfahren zugelassen werden, auszubaden hat das in erster Linie Österreich."

Landesrat Hans Seitinger und Gastreferent Martin Selmayr diskutierten noch mit den Gästen. | Foto: Hackl
  • Landesrat Hans Seitinger und Gastreferent Martin Selmayr diskutierten noch mit den Gästen.
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Ein Vorschlag von Martin Selmayr, der in Österreich wahrscheinlich nicht gerne gehört wird: "Wir nehmen jährlich ein Kontingent von beispielsweise 100.000 Asylwerbern auf und verteilen sie als Fachkräfte in Europa. So bekommen wir den Arbeitskräftemangel in den Griff."

"In Brüssel beschießt man sich mit Word-Dokumenten und nicht mit Maschinengewehren. Das ist mir weitaus sympathischer."
Martin Selmayr sieht das Funktionieren der 27 Mitgliedsländer

Eine Lanze brach Martin Selmayr für die Politik: "Ich sehe kein Versagen von Politikern, auch nicht in Österreich." Das Wirken der Europäischen Union besteht darin, dass sich 27 Länder auf den kleinst- bzw. größtmöglichen Kompromiss einigen. "In Brüssel beschießt man sich mit Word-Dokumenten und nicht mit Maschinengewehren. Das ist mir weitaus sympathischer."

Jammern ist keine Staatsreligion

Hans Seitinger selbst stellte eingangs fest: "Jammern darf nicht zur österreichischen Staatsreligion werden. Gerade in Zeiten des nahen Krieges in der Ukraine, im Schatten der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien braucht es ein Zusammenhalten über ideologische Grenzen hinweg. Wir haben Maß zu halten, unsere Ressourcen sparsamer einzusetzen. Trotzdem dürfen wir stets mit Stolz sagen: Wir Steirer können was und beweisen das täglich mit einer einzigartigen Lebensqualität."

Beim Jahresempfang unter anderen gesichtet: Forstschuldirektor und "Hausherr" Wolfgang Hintsteiner, die ÖVP-Bürgermeister Eva Schmidinger, Peter Tautscher, Hubert Lenger, Alexander Lehofer, Walter Schweighofer, Wirtschaftskammer-Obmann Erwin Fuchs, Wirtschaftsbund-Obmann Thomas Marichhofer, der ehemalige Böhler-Direktor Hans Weigand, Hotellerie-Spartensprecher Alfred Grabner, HTL-Direktorin Anke Lammer, die Raiba-Direktoren Martin Zipperer und Matthias Zitzenbacher, die Leiterin der Reha-Bruck Silvia Wolfsteiner, der Kapfenberger Stadtrat Matthäus Bachernegg, die Unternehmer Peter Wanek-Pusset sowie Johann Matschy, und, und, und.

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