Die steirischen Dorfwirte
Aus dem Seelenleben eines Dorfwirtes (+Video)

Dort, wo der gelbe Kochlöffel hängt: Die Dorfwirte Thomas Stadtegger und Andreas "Ritschi" Tatzl. | Foto: Ekatarina Paller
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Am 19. Mai sperren im ganzen Land die Gasthäuser wieder auf, mit dabei natürlich auch die Dorfwirte.

Was braucht ein Dorf? Eine Kirche, einen Friedhof, eine Schule, ein Geschäft – und vielleicht am wichtigsten, weil das heimliche Zentrum des Ortes, ein Wirtshaus. Von diesem Grundgedanken, das heimliche Zentrum des Ortes zu sein, haben sich die "Steirischen Dorfwirte" nie wirklich entfernt – auch die Corona-Pandemie konnte an dieser Fixierung nicht wirklich rütteln. Jetzt freuen sich die Wirte, dass sie demnächst wieder der "offizielle Mittelpunkt" eines jeden Ortes sein dürfen, so wie eh und je.

Darüber haben Thomas Stadtegger, Inhaber des Gasthofes zum Kirchenwirt in St. Johann ob Hohenburg in der Südweststeiermark, und Andreas Tatzl vom Wirtshaus Ritschi in Pernegg philosophiert.

Foto: Ekatarina Paller

Thomas Stadtegger, was macht einen echten Dorfwirt aus?
STADTEGGER: Das ist schnell erklärt: Dorfwirt ist dort, wo es Forelle statt Hummer gibt.vIn einem Dorfwirtshaus wird Brauchtum und Tradition gelebt. Vereine sind willkommene Stammgäste, das kirchliche Leben findet zum Teil hier statt. Ich denke an Taufen, Begräbnisse, Erstkommunion, Maibaumaufstellen, Osterfeuer, usw. Wir Dorfwirte sind ein Teil davon, wir sind bodenständig und authentisch.

Und wie sieht es beim "Ritschi" aus?
TATZL: Nicht viel anders. Ich will sogar noch einen Schritt weitergehen: Wir unterstützen Vereine und Brauchtum und erhalten es sogar noch mit am Leben. Wo sonst, gibt es das, dass der Wirt das Geburtstagskind mit der ,Steirischen' bespielt.

Beim Dorfwirt steht auch das persönliche Verhältnis zum Gast im Vordergrund?
TATZL: Ja, ganz sicher, wir sind Seelentröster und Seelsorger – entweder man geht zum Friseur oder zum Wirt, bei uns gibt es halt Essen und Trinken als Draufgabe.
STADTEGGER: Der Stammgast will eben den Wirt sehen und nicht den Kellner. Wir sehen uns als Allrounder, universell einsetzbar in vielen Bereichen.

Ist der Dorfwirt eine aussterbende Spezies? In vielen Ortschaften gibt es ja gar keine Wirtshäuser mehr?
STADTEGGER: Wirt zu sein ist ein Fulltime-Job. Entweder man lebt es, oder mann lässt es sein. Leider finden sich immer weniger, die diese Leidenschaft in sich tragen.

Was darf ich erwarten, wenn ich den gelben Kochlöffel mit der Aufschrift "Steirischer Dorfwirt" sehe?
STATTEGGER: Dorfwirte bemühen sich sehr um Regionalität. Man kennt den Gast, man kennt seine Lieferanten persönlich. Ich stehe selbst in der Küche, da weiß ich, dass die Qualität stimmt. Das klassische Wirtshaus gibt es vielfach nicht mehr, viel eher schon die Systemgastronomie.
TATZL: Wir stehen sozusagen immer in der Auslage. Wenn einmal das Schnitzel danebengeht, dann weiß es gleich der ganze Ort. Wir brauchen da keine Bewertungen von Google und Facebook.

Der Wirt im "Außendienst"! Andreas Tatzl richtet das Dorfwirte-Logo. | Foto: Ekatarina Paller
  • Der Wirt im "Außendienst"! Andreas Tatzl richtet das Dorfwirte-Logo.
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Warum seid Ihr Dorfwirt geworden, beziehungsweise hätte es andere Berufswünsche auch gegeben?
STATTEGGER: Seit dem achten Lebensjahr habe ich im elterlichen Gasthaus mitgeholfen. Für mich war immer klar, dass ich Wirt werde. Bereut habe ich es nie, obwohl ich heute doch einiges anders machen würde, als zu Beginn meiner Wirtkarriere.
TATZL: Bei mir ist es ähnlich. Meine Eltern haben ,Ritschis Lauber' als Radlertreff aufgebaut. Meine Frau Brigitte und ich haben die Laube übernommen und zum Wirtshaus ausgebaut. Bereut habe ich den Schritt nie, aber ich merke, dass die bürokratischen Aufgaben immer mehr werden. Manchmal bräuchte man eine eigene Sekretärin für die Abwicklung.

Und ohne Wirtin gehts schon gar nicht?
TATZL: Ganz und gar nicht. Auch Wirte brauchen einen Seelsorger. Nein im Ernst: Wir sind ein Familienbetrieb, da helfen alle mit, Frau, Eltern, Kinder.
STADTEGGER: Genau das ist der Knackpunkt. Ohne Rückhalt und Unterstützung der Familie geht gar nichts. Leider sind nicht mehr viele dazu bereit.

Thomas Stadtegger ist auch stellvertretender Obmann der "Steirischen Dorfwirte".

Zum Verein "Steirische Dorfwirte"

Bei diesem Verein handelt es sich um eine Kooperation von Traditionsbetrieben, welche ihren Ursprung im althergebrachten Dorf oder Kirchenwirt haben, und so das typische steirische Dorfwirtshaus repräsentieren.

Unter der Führung von "gstandenen" Wirtsleuten ist das Dorfgasthaus ein Ort der Begegnung, ein Ort des Verweilens und der Kommunikation, aber auch ein Ort des Genießens von Speis' und Trank.
Wo man das Zeichen des "Steirischen Dorfwirtes" sieht, ist man als Gast herzlich willkommen und kann Speisen und Getränke der Region, aber auch die Atmosphäre des Ortes und seiner Bewohner kennen und schätzen lernen. Neue Mitglieder werden teils von aktiven Mitgliedern empfohlen, teils von Mitgliedern besucht, wenn sie der Meinung sind, dass sie zum Verein passen könnten. Gerne kann sich aber auch jeder Wirt von sich aus bei den Dorfwirten melden.

Inzwischen gibt es 87 ausgewiesene steirische Dorfwirte, erkennbar am gelben Kochlöffel.

Gutscheinaktion wird ausgeweitet:

Bis dato enthielt das Gutscheinheft der Dorfwirte 56 Gutscheine von verschiedenen Wirten, bei denen man zu zweit essen konnte, wobei das zweite Hauptgericht kostenlos war.
Neu ist, dass das Gutscheinheft „Essen mal Zwei“ nun auch bei Speisenabholung eingelöst werden kann. Bei einer Rechnung ab 40 Euro erhält man 10 Euro Rabatt.

Mehr Information über die Vereinigung der steirischen Dorfwirte finden Sie hier


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