Eine neue Rolle: Der Bauer als Naturschützer

Karl-Heinz Fraiß setzt sich für Artenschutz auf seinem Bio-Bauernhof in Kindberg ein.
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  • Karl-Heinz Fraiß setzt sich für Artenschutz auf seinem Bio-Bauernhof in Kindberg ein.
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Schon einmal etwas von einer Lauchschrecke gehört? Oder einen Alpenkammmolch in natura gesehen? Gelbbauchunke? Neuntöter? Hoch über dem Mürztal, auf dem Bauernhof des Karl-Heinz Fraiß vulgo Bigaunzer, kreucht und fleucht es, dass es eine Freude für jeden Biologen, Botaniker und Vogelkundler ist.

Karl-Heinz Fraiß hat sich schon seit Jahren der naturnahen Bewirtschaftung seines Bauernhofes verschrieben. "Biobetrieb sind wir seit 1994, mit Biodiversität am Bauernhof sind wir noch einen gewaltigen Schritt weitergegangen", sagt der Bauer, der mittlerweile zum Nebenerwerbs-Biologen mutiert ist.

In der Agrarbranche werden er und seine Mitstreiter als Spinner belächelt, bei Vorträgen zum Beispiel an der Fachschule Hafendorf wird er von den Jungbauern oft nicht einmal ignoriert, aber er erregt Aufsehen. Propheten gelten halt immer noch wenig im eigenen Land.

Tummelplatz für Biologen

"Der Hof ist mittlerweile begehrter Tummelplatz für Biologen und Ornithologen", sagt der "derzeit-noch" Nebenerwerbslandwirt. Neun Hektar landwirtschaftliche Fläche, 24 Stück Vieh und 24 Hektar Wald reichen nicht zum Überleben.
Demnächst gibt es ein Waldseminar beim Bigaunzer, ein Amphibienprojekt ist ebenso angedacht. Schließlich gibt es gleich acht Biotope auf rund einem dreiviertel Hektar. "Irgendwann hoffe ich doch, dass es mit meinem Musterbauernhof und meinem Wissen über Biodiversität zum Vollerwerb reicht."

Wie geht Artenvielfalt?

Was macht der Bigaunzer jetzt aber so anders? "Es sind die kleinen Dinge, die große Wirkung erzeugen." Mehr als 40 Nistkästen und die Biotope locken Vögel und Amphibien an. Neuntöter, Wiedehopf, Schwarzstorch – "heuer gibt es viele Schwalben, auch die schauen schon aus ihren Nestern". Steinhäufen, Holzstöße und stehengelassene Wiesenstreifen bieten Schutz und Unterschlupf für allerlei Insekten und Käfer.
Die Wiesen werden nur mehr zweimal im Jahr gemäht – bei intensiven Bewirtschaftungen wird oft sogar viermal gemäht. "Ich mähe bewusst nach der Blütezeit und dann niemals mit einem rotierenden Mähwerk, die sind echte Killer." Die Gräser werden auch 8 bis 10 Zentimeter über dem Boden abgeschnitten, "dadurch überleben bis zu 80 Prozent aller Insekten".

Artenvielfalt lässt sich auch im Forst hochbringen. Weg mit den reinen Fichtenwäldern, gelichteten Baumreihen, damit der Waldbewuchs wieder grün wird, reichlich Totholz liegen lassen. "Die Ameisenhaufen werden mehr", Karl-Heinz Fraiß ist auch ausgebildeter Ameisenheger und sogar Baumwart – er ist ausgebildet im Schneiden von Obstbäumen. "Besonders wichtig ist mir der Streuobstgarten – ein reinster Zuchtbetrieb für Artenvielfalt", sagt lachend der "Artenvielfalt-Bauer".

Hintergrund:

Das Österreichische Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung (ÖKL) hat sich auch die Biodiversität auf den österreichischen Bauernhöfen auf ihre Fahnen geheftet. Der Kindberger Karl-Heinz Fraiß ist einer von 40 Landwirten in Österreich, die sich zum Biodiversitätsleiter ausbilden ließen.
Das ÖKL ist ein gemeinnütziger Verein, im Auftrag des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus tätig, und versteht sich als Plattform für Diskussion und als „Katalysator“ zur Durchsetzung neuer Ideen und Projekte.
Eine weitere Förderschiene für Biodiversität ist der ENP – steht für Ergebnisorientierter Naturschutzplan. Dabei werden mit den Landwirten konkrete Naturschutz-Ziele für die Naturschutzflächen am Betrieb festgelegt. Auch hier ist Karl-Heinz Fraiß aktiv tätig. Sprich: In regelmäßigen Abständen muss er ein Monitoring des Artenbestandes auf seinen Flächen dokumentieren.
Mehr Informationen auf www.oekl.at

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