UNO-Bericht
"Große Sorge" um Behindertenrechte in Österreich

In einem aktuellen Bericht ortet der UNO-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen enormen Handlungsbedarf in Österreich. | Foto: stock.adobe.com/at/ Halfpoint
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In einem aktuellen Bericht ortet der UNO-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen enormen Handlungsbedarf in Österreich. Scharfe Kritik wird vor allem an den Bundesländern geübt. Auch über die Lage von Frauen und Mädchen mit Behinderung sowie über Rückschritte im heimischen Bildungssystem zeigen sich die zuständigen Expertinnen und Experten "zutiefst besorgt". Diplomatisches Entsetzen herrsche laut Expertin darüber, dass die Sterilisation von Frauen mit Behinderungen in Österreich – obwohl vom UN-Fachausschuss bereits vor zehn Jahren angeprangert – nach wie vor erlaubt ist.

ÖSTERREICH. Welche Rechte Menschen mit Behinderung haben, ist in der UN-Behindertenrechtskonvention festgelegt. Ob die entsprechenden Vorschriften auch eingehalten werden, das wird in regelmäßigen Abständen von der UNO überprüft. Zehn Jahre nach der letzten Kontrolle veröffentlichte der UN-Fachausschuss nun einen aktuellen Bericht zur Lage in Österreich. Darin wird festgestellt, dass behinderte Menschen in Österreich immer noch ausgeschlossen werden. Es fehle in vielen Bereichen an geeigneten Maßnahmen und letztlich am politischen Willen, muss sich die heimische Politik scharfe Kritik gefallen lassen.

"Große Sorge" über Umsetzung in Ländern

Vor allem auf Landesebene orten die zuständigen Expertinnen und Experten enormen Aufholbedarf. So heißt es etwa: "Der Ausschuss nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass die Landesregierungen der Behindertenrechtskonvention kaum Beachtung schenken." 

Der Bund müsse die Länder darauf aufmerksam machen, dass auch sie ihre Verpflichtungen einhalten müssen. Laut UNO scheint das Bewusstsein über die Grundsätze und Rechte der Behindertenrechtskonvention in den Ländern "unzureichend" entwickelt zu sein. 

Fehlende Abstimmung zwischen Bund und Ländern

Auch die Tatsache, dass Bund und Länder unterschiedliche Ansätze bei der Umsetzung der Konvention verfolgen, stößt auf Irritation – "darunter unter anderem sehr unterschiedliche Konzepte von Behinderung, die häufig auf einem medizinischen Verständnis von Behinderung basieren". Man müsse die entsprechende rechtlichen Maßnahmen – sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene – zügig ändern, inhaltlich angleichen und umsetzen, heißt es weiter. 

Besorgnis auch über Lage von Frauen und Mädchen

Besorgt zeigt sich der Ausschuss auch über die Lage von Frauen und Mädchen mit Behinderung. Ihren Stimmen werde kaum Gehör verschafft und die Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt seien unzureichend.

Zudem gebe es kaum Daten über die Situation von Frauen und Mädchen mit Behinderungen – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Die Republik müsse Diskriminierungen verhindern und sicherstellen, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen einen Zugang zu Präventions- und Schutzmechanismen gegen Gewalt haben, erinnerte der Ausschuss schon an seine bisherigen Empfehlungen.

"Zutiefst besorgt" über Rückschritte im Bildungssystem

Bund und Länder werden außerdem aufgefordert, die getrennte Unterbringung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu beenden. Der Ausschuss zeigte sich nämlich besorgt "über die enge Verbindung von getrennter Erziehung und Heimunterbringung aufgrund der häufigen Ausgestaltung von Sonderschulen als Internatsschulen". Zudem fehlten hierzulande die nötigen Unterstützungsmaßnahmen, um aktiv am öffentlichen Diskurs teilnehmen zu können.

Das Bildungsthema nimmt überhaupt viel Platz im Bericht ein. Der Ausschuss zeigt sich über die Rückschritte in der inklusiven Bildung "zutiefst besorgt". Mit dem Bildungsreformgesetz 2017 habe sich Österreich zum Teil gegen eine inklusive Bildung ausgesprochen. Im inklusiven Kindergarten- und Volksschulbereich gebe es "gravierende Kapazitätsengpässe". Auch wird festgestellt, dass es in Österreich keinen Rechtsanspruch auf einen integrativen – geschweige denn inklusiven – Bildungsplatz gibt. 
 

"Diplomatisches Entsetzen" über Österreich

Hierzulande komme es vor allem auf Eigeninitiative und individuelles Engagement an, "ob eine Person halbwegs integrativ in einer Bildungseinrichtung oder auf dem Arbeitsmarkt einen Platz bekommt", erklärte Menschenrechtsexpertin Marianne Schulze am Mittwoch gegenüber "Ö1".

Diplomatisches Entsetzen herrsche indes darüber, dass die Sterilisation von Frauen mit Behinderungen in Österreich – obwohl vom UN-Fachausschuss bereits vor zehn Jahren angeprangert – nach wie vor erlaubt ist, verweist die Menschenrechtsexpertin auf den massiven Aufholbedarf in Österreich.

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