Wenig Verbesserung
Rund 15 Prozent der Bevölkerung sind armutsgefährdet

In Österreich sind 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet. | Foto: pexels
3Bilder
  • In Österreich sind 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet.
  • Foto: pexels
  • hochgeladen von Tamara Pfannhauser

Mehr als 1,3 Millionen Menschen sind in Österreich armutsgefährdet. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Beide Messzahlen haben in den letzten fünf Jahren mehr oder weniger stagniert. Die Zahlen des von der Regierung präsentierten Sozialberichts zeigen, dass man von der zu Beginn der Legislaturperiode versprochenen Halbierung der Armut weit entfernt ist.

ÖSTERREICH. Laut dem Bericht ist die Situation in der vergangenen Legislaturperiode in etwa gleich geblieben. Ursprünglich setzte sich die Regierung das Ziel, die Armut zu halbieren. Davon ist man weit entfernt. Angesichts der Krisen der letzten Jahre ist das für Sozialminister Johannes Rauch von den Grünen aber ein Erfolg. "Wir haben es geschafft, die Lage zu stabilisieren", so Rauch, der auf zahlreiche Unterstützungen für Armutsbetroffene verweist. 

Wer ist eigentlich arm? In Österreich gelten Personen als armutsgefährdet, wenn ihr Einkommen weniger als 60 Prozent des Median-Einkommens beträgt. Konkret bedeutet das, dass alleinlebende Personen, die weniger als 1.400 Euro pro Monat zur Verfügung haben, als armutsgefährdet gelten. Für Haushalte mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern liegt die Grenze bei etwa 2.900 Euro pro Monat. Diese Beträge beziehen sich auf das Nettoeinkommen, das zwölfmal im Jahr ausgezahlt wird, und berücksichtigen Sozialleistungen wie die Familienbeihilfe. 

Die Gründe für die Armut seien die vielen Krisen, Corona, Ukraine-Krieg und Teuerung, sagt Sozialminister Rauch. | Foto: APA Picturedesk
  • Die Gründe für die Armut seien die vielen Krisen, Corona, Ukraine-Krieg und Teuerung, sagt Sozialminister Rauch.
  • Foto: APA Picturedesk
  • hochgeladen von Dominique Rohr

8 Prozent "working poor"

Etwa zwei Prozent der Bevölkerung in Österreich sind "erheblich materiell und sozial benachteiligt", heißt es im Bericht. Sie können beispielsweise unerwartete Ausgaben in Höhe von 1.300 Euro nicht aus eigener Kraft decken oder ihre Wohnung angemessen heizen. Zudem zeigt sich, dass auch eine Erwerbstätigkeit nicht immer vor Armut schützt: Acht Prozent der Erwerbstätigen gelten als "working poor", was bedeutet, dass sie trotz Arbeit über ein niedriges Haushaltseinkommen verfügen. 

Fachleute, die an dem Bericht mitgearbeitet haben, schlagen Mindestlebensstandards in Form von festgeschriebenen sozialen Grundrechten vor. Darunter fällt das Recht auf Wohnen, einschließlich der Versorgung mit Energie, Wasser und digitaler Infrastruktur, das Recht auf Bildung, Ausbildung und Qualifizierung, das Recht auf Gesundheitsversorgung, Pflege, Kinderbetreuung, das Recht auf Mobilität bis hin zu einem Recht auf Erwerbsarbeit. 

Rauch für 5-Punkte-Plan 

Rauch will mit einem 5-Punkte-Plan die Lebenssituation der Betroffenen verbessern. Mithilfe einer Kindergrundsicherung, Mindestsicherung, Verbesserungen im Wohnbereich, und Maßnahmen für Menschen mit Behinderung und eine bessere Gesundheitsversorgung soll das gelingen. Allerdings werden diese Reformen angesichts des bevorstehenden Wahlkampfs nicht so rasch verwirklicht, räumte Rauch ein.

 Ursprünglich setzte sich die Regierung das Ziel, die Armut zu halbieren. Davon ist man weit entfernt.  | Foto: bs
  • Ursprünglich setzte sich die Regierung das Ziel, die Armut zu halbieren. Davon ist man weit entfernt.
  • Foto: bs
  • hochgeladen von Bernhard Schabauer

Kritik und Unzufriedenheit

Am Dienstag äußerte die Opposition Kritik an Sozialminister Rauch. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch bezeichnete Rauchs Behauptung, dass Österreich die Krisen gut überstanden habe, als "an Zynismus nicht zu übertreffen". Sie warf der Regierung vor, Reichtum und Wohlstand nachhaltig zerstört zu haben. SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und der Österreichische Frauenring fragten ihrerseits, wo die "längst versprochene Unterhaltsgarantie" bleibe. Insbesondere für Alleinerziehende sei die Situation dramatisch, und wenn Unterhaltszahlungen ausbleiben, könne das eine Familie in die Armut stürzen.

Ingrid Reischl, die Bundesgeschäftsführerin des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB), bezeichnete die Zahlen als erschütternd und forderte sofortige Maßnahmen. Sie kritisierte, dass die Regierung nur oberflächliche Korrekturen vornehme, die für Schlagzeilen sorgen, aber keine grundlegenden Veränderungen bewirken würden. Aus Sicht des ÖGB wäre eine dringend notwendige Maßnahme zur Vermeidung von Armut die "längst überfällige Erhöhung des Arbeitslosengeldes", bei der es jedoch keinerlei Bewegung gebe. Die Volkshilfe wiederholte ihre langjährige Forderung nach einer Kindergrundsicherung.

Zum Thema:

Menschen in NÖ leben teils von nur 4,50 Euro am Tag
Sozialministerium arbeitet Modell für Kindergrundsicherung aus
Amnesty-Bericht kritisiert Hürden bei Sozialhilfe

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.