Runde der Regionen
Experten diskutierten zum Thema "Ausverkauf der Heimat?"

v.l.: Johanes Pressl, Maria jelenko (Moderation), Cornelia Dlabaja, Martin Prunbauer | Foto: Roland Ferrigato
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Illegale Umwidmungen oder Grundstücksverkäufe an ausländische Investoren lassen die Wogen derzeit hochgehen. Doch wie können wir unseren Grund und Boden davor schützen? Eine hochkarätige Runde mit Expertinnen und Experten diskutierte am Donnerstag über dieses Thema, die auch live auf meinbezirk.at übertragen wurde. 


ÖSTERREICH. Die RegionalMedien Austria veranstalteten eine Diskussionsrunde unter dem Titel "Ausverkauf der Heimat?" mit Experten wie Martin Prunbauer (Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbunds), Cornelia Dlabaja (Soziologin und promovierte Kulturwissenschaftlerin, Stiftungsprofessorin für nachhaltige Stadt- und Tourismusentwicklung an der FH Wien der WKW) und Johannes Pressl (Gemeindebundpräsident).

Das umstrittene Six-Senses-Resort in Mittersill diente als Diskussionsanlass. Das Projekt, nahe eines Hochmoorgebiets gelegen, stieß auf Widerstand von Naturschützern, obwohl es als nachhaltig beworben wurde.

Die Teilnehmer betonten die Bedeutung einer ausgewogenen Raumordnung und Bürgerbeteiligung. Sie diskutierten auch den Umgang mit Massentourismus in Orten wie Hallstatt und die Herausforderungen für lokale Gemeinschaften.

Es wurde vorgeschlagen, die Gemeinden in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und flexiblere Ansätze zur Bodennutzung zu fördern. Die Diskussion erstreckte sich auch auf mögliche Lösungen für Leerstände und die Kontrolle von Bodenumwidmungen.

Abschließend wurde die Bedeutung individueller Verantwortung und gemeinsamer Anstrengungen hervorgehoben, um einen nachhaltigen Umgang mit Boden und Ressourcen zu gewährleisten. 

Vertragsraumordnung stärker anwenden

Für Prunbauer könne aus solchen Projekten, wie in Mittersill, ein finanzieller Gewinn und Arbeitplätze entstehen. Die Gemeinde könne einen Vorteil daraus ziehen. Bei jedem Großprojekt gebe es Sachverständige, die beigezogen werden, auch wenn der Bürgermeister letztendlich die Entscheidung trage, so Prunbauer.

Auch Pressl erinnerte daran, dass es bei solchen Projekten ziviltechnische Vorprüfungen über Fachleute gebe. Mit der Widmungsentscheidung werde grundgelegt, ob ein solches Projekt baubar sei, oder nicht. Der basisdemokratisch legitimierte Gemeinderat sollte künftig die Vertragsraumordnung künftig viel stärker anwenden. Den Gestaltungsspielraum müsse man aber in der Gemeinde belassen.

Dlabaja argumentierte, dass, wenn es zu Bürgerprotesten komme und die Frage des Naturschutzes im Raum stehe, man im Einzelfall genau abwiegen müsse. Weil viele Gemeinden neue Impulse brauchen, stelle sich aber die Frage, ob man Projekte dieser Art nicht prinzipiell anders konzipieren könne, indem man sie so aufsetze, dass nicht nur temporäre oder Ferienwohnungen bzw. touristische Wohnformen entstehen, sondern auch die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinde daraus einen Vorteil ziehen können. Man müsse Nachhaltigkeit schaffen, indem man für die örtlichen Bewohnerinnen und Bewohner die lokale Ökonomie und Infrastruktur ankurbelt. Der Zusatznutzen: Man generiert durch Tourismusprojekte ein zusätzliches Publikum. Vor allem im urbanen Bereich sei diese Form als PPP-Projekte bekannt, also sogenannte Public-Private-Partnership-Modelle, mit Investitionen in größerer Größenordnung sowie Anreize für die lokale Bevölkerung.

Ganzheitlicher Ansatz gegen Massentourismus

Auf die Frage, wie man in Touristen-Hotspots, wo die Bevölkerung unter den Touristenströmen leiden, andererseits sie von ihnen leben und vom touristischen Infrastrukturangebot profitieren, diese Ströme besser lenken könnte – Beispiel Hallstadt – etwa durch Gebührenerhebung nach dem Vorbild Venedig, meinte Dlabaja, dass ein ganzheitlicher Ansatz wichtig sei. Dlabaja hat langjährige ethnologische Forschung in Venedig betrieben, um das Leben in der Stadt zu verstehen und mit lokalen Akteuren zusammengearbeitet, nun ist sie auch in Hallstatt aktiv. Dort sieht sie ähnliche Probleme, wie den Einfluss des Massentourismus auf die lokale Wirtschaft und die demografische Alterung. Sie betont, dass einfache Lösungen wie Gebühren oder Verkehrsregulierungen nicht ausreichen und ein ganzheitlicher Ansatz benötigt werde. Beide Städte haben sich von industriellen Standorten zu touristischen Zentren gewandelt, was zu Herausforderungen wie Wohnraummangel und dem Verlust lokaler Identität führt. Die Lösung erfordere eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren, einschließlich der Regierung, der Gemeinden und lokaler Unternehmen, um die ökonomische Diversifizierung und den Erhalt der Gemeinschaft zu fördern. Es sei wenig hilfreich, Schuld zuzuweisen, sondern ein kooperativer Ansatz sei notwendig, um nachhaltige Lösungen zu finden.

Mehr als nur Souvenirshops!

Pressl betonte ebenfalls die Notwendigkeit eines vielfältigen Maßnahmenmixes, um die Herausforderungen von Orten wie Hallstatt anzugehen. Er argumentierte, dass diese Orte grundlegende Entscheidungen über ihre Zukunft treffen müssen, insbesondere da die Überalterung dazu führe, dass junge Menschen sich nicht mehr für das Leben dort interessieren. Es gehe nicht nur um den Preis von Wohnungen, sondern auch um die Attraktivität des Lebens in einem stark frequentierten Tourismusgebiet. Pressl betonte die Spannung zwischen dem Wunsch nach wirtschaftlicher Entwicklung und dem Erhalt der lokalen Lebensqualität: „Die Frage ist, ob diese Orte zu lebendigen Gemeinden oder zu touristischen Attraktionen werden sollen.“ Der Gemeindebundpräsident hob die Bedeutung von lokalen Wirtschaftsstrukturen hervor, die mehr bieten als nur Souvenirshops, um die Bedürfnisse der Einheimischen zu erfüllen.

Kompentez der Gemeinden stärken

Jelenko nannte einen Fall in Salzburg, wo vor vor zwei Jahren der Bau zweier Chaletdörfer gestoppt wurde, weil die Gemeinden sich gegen die Tourismusprojekte entschieden haben - in St. Martin und in Mauterndorf. Sie stellte die Frage in den Raum, ob man lokale Gemeinschaften verpflichtend noch stärker in Entscheidungsprozesse über Grundstücksverkäufe oder große Bauprojekte einbinden sollte.

Prunbauer erklärte, dass Gemeinden begrenzte Einflussmöglichkeiten im Grundverkehr haben, da dieser frei sei. Er betonte jedoch die Bedeutung der Widmung als Instrument zur Steuerung der Entwicklung und forderte eine stärkere Beteiligung der Gemeinden in diesem Prozess. Er betonte die Rolle der demokratischen Wahl von Gemeinderäten und die Notwendigkeit, die Gestaltungskompetenz der Gemeinden zu stärken. Durch eine intensivere Diskussion und Beteiligung der Gemeinderäte könnten Gemeinden einen größeren Einfluss auf ihre Entwicklung haben. Er befürchtet, dass die Einbeziehung mehrerer Ebenen in Genehmigungsprozesse für Großprojekte zu langwierigen und komplizierten Verfahren führt. Dies könnte die Umsetzung von Großprojekten erschweren oder sogar verhindern. Prunbauer schlug vor, informelle Gespräche auf regionaler Ebene zu intensivieren, um gemeinsame Interessen zu identifizieren und sich auszutauschen. Die formelle Einführung einer weiteren Genehmigungsebene könnte jedoch die Prozesse weiter verkomplizieren.

Pressl betonte die Herausforderung, mit externen Interessen umzugehen, die oft in lokalen Projekten auftreten, und schlug vor, intensivere Diskussionen bereits in der Projektvorbereitung zu führen, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. „Trotzdem müssen die Grenzen akzeptiert werden, wenn die lokale Bevölkerung eine Entscheidung trifft und von außen Druck ausgeübt wird“. Er unterstrich auch die Bedeutung demokratischer Prozesse und Mehrheitsentscheidungen, während er die Verantwortung der Politik hervorhob und darauf bestand, dass politische Entscheidungen respektiert werden sollten.

Einbindung der Bevölkerung

Dlabaja glaubt, dass partizipative Planungsprozesse gut funktionieren können, aber nicht alle Gemeinden die Ressourcen dafür haben. „Es gibt Best-Practice-Beispiele wie den Verein „Landluft“, der Gemeinden professionell unterstützt.“ Die Einbindung der Bevölkerung von Anfang an reduziere späteren Widerstand gegen Projekte. In der Stadtplanung sei es oft wichtig, nicht ob, sondern wie etwas umgesetzt wird, um akzeptiert zu werden. „Gemeinsame Gestaltung hat eine lange Tradition, besonders in der Wiener Stadtplanung.“

Externe Interessen können lokale gefährden

Pressl betonte, dass die lokale Bevölkerung oft gut in partizipative Prozesse eingebunden sei. „Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch oft bei externen Interessen, die demokratische Entscheidungsprozesse zu untergraben versuchen, obwohl diese auf Gemeindeebene gut funktionieren“, so Pressl. Es bestehe die Notwendigkeit, mit diesen externen Interessen umzugehen und angemessen darauf zu reagieren. Auf die Frage, um welche Prozesse es hier konkret gehe, sagte Pressl, dass man vor Jahren in Niederösterreich Bahnstrecken aufgelassen und daraus Radwege gemacht habe. Lokale Bevölkerungsgruppen, insbesondere in ländlichen Gebieten wie Ybbstal und teilweise im Waldviertel, seien bereit gewesen, lokale Entscheidungen zu treffen, wie beispielsweise die Wiedereröffnung von Zugverbindungen. Jedoch üben externe Initiativen, die von Städten wie Wien, Linz und Salzburg sowie aus dem Ausland kommen, einen enormen Druck auf lokale Entscheidungsträger aus, indem sie tausende Unterschriften sammeln. Dies verdeutliche eine Diskrepanz zwischen lokalen und externen Interessen, die sich auch in anderen lokalen Entscheidungsprozessen wie Widmungsverfahren zeige. Dieses Phänomen manifestiere sich zunehmend.

Raumordnungsgremien stärken

Thema Bodenversiegelung – derzeit werden elf Hektar am Tag versiegelt. Im Regierungsprogramm wurden 2,5 Hektar pro Tag festgelegt. Was bedeutet das für unseren Lebensraum? Nehmen wir uns damit unsere Lebensgrundlage weg?

Dlabaja stellte fest, dass Raumordnungsinstrumente wie die Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) aktuell nicht effektiv funktionieren, verglichen mit der Sozialpartnerschaft. Die Koordination zwischen Planern, Fachexperten, Interessensgruppen und politischen Akteuren scheine nicht zu gelingen. Angesichts des Klimawandels und des notwendigen Flächenverbrauchs sei eine gesetzliche Einigung erforderlich. Sie schlug vor, ein Leerstandsmanagement einzurichten, um ungenutzte Flächen besser zu nutzen und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Gemeinden und Raumordnungsinstitutionen müsse verbessert werden, da dies ökologisch problematisch sei.

Leerstand durch Zweitsohnsitze

Prunbauer kritisierte starre Grenzen in Bezug auf Flächenverbrauch und betonte, dass flexible Ansätze mit Anreizen und Know-how effektiver wären. Er stellte fest, dass die Definition von Leerstand schwierig sei und verschiedene Gründe haben kann, wie Umbauten, Verlassenschaftsverfahren oder geplante Nutzungsänderungen. Er argumentiert, dass die reine Meldung von Leerständen ungenau und dass die tatsächliche Definition von Leerstand schwer zu erfassen sei. Es gebe unterschiedliche Schätzungen von Leerstandsraten, jedoch keine klare Definition, was Leerstand ist und wie er bewertet werden soll.

Dlabaja stimmte zu, dass natürlicher Leerstand im Wohnbau normal sei, aber sprach über nicht natürlichen Leerstand in ländlichen und städtischen Gebieten. Sie erwähnte das Problem von Zweitwohnsitzen oder Investitionsobjekten, die selten genutzt werden und damit die lokale Gemeinschaft beeinträchtigen. Sie betonte auch die Möglichkeit, brachliegende urbane und rurale Flächen wiederzubeleben, wie alte Industriegebiete oder verlassene Arbeiterwohnungen, sowohl in Städten als auch in ländlichen Gebieten. Die Nutzung solcher Flächen könnte den Bedarf in der Gemeinschaft decken und die Infrastruktur wiederbeleben.

Jelenko wollte von Pressl auch noch wissen, warum man sich so dagegen wehre, die 2,5 Hektar-Grenze einzuhalten. Pressl: „Wir wehren uns nicht dagegen. Wir wollen nur praktikable Instrumente und eine absolute zweieinhalb Hektar Grenze ist kein praktikables Instrument.“ Der Bürgermeister argumentierte, dass starre Grenzen beim Flächenverbrauch nicht praktikabel und alternative Ansätze erforderlich seien, wie z.B. ein kommunaler Bodenschutzplan, der die Mobilisierung von Leerstand fördert und innere Verdichtungen unterstützt. Das Hauptziel sei es, lebendige Gemeinden zu schaffen, die aus Menschen bestehen, nicht nur aus Häusern. Die Diskussion sollte sich daher darauf konzentrieren, wie Boden effizient genutzt werden kann, und jeder Einzelne sollte dazu beitragen. Die Gemeinden fordern zur Beteiligung an der Diskussion über den Bodenschutzplan auf und haben eine E-Mail-Adresse für Vorschläge eingerichtet: boden@gemeinde.gv.at.

Prunbauer erwähnte, dass es verschiedene Gründe geben könne, warum Wohnungen oder Häuser zeitweise nicht vermietet werden, wie zum Beispiel Zweitwohnsitze oder persönliche Umstände. Vermieter tragen Kosten und Risiken, wenn sie ihre Immobilien nicht vermieten, und es sei daher zu einfach, dies pauschal zu kritisieren. Er betonte die Bedeutung individueller Entscheidungen und lehnte staatliche Vorgaben ab, wie und wo Menschen wohnen dürfen.

Leerstandsabgabe praktikabel?

Jelenko lenkte die Diskussion auf Mängel bei der Grundverkehrskommission, was mehrere Länder dazu veranlasste, strengere Regeln für Zweitwohnsitze einführen, weil da auch viel „Schindluder“ betrieben werde. Das gebe es ja schon länger, bemerkte Prunbauer. Die Diskussion über eine mögliche Leerstandsabgabe auf Bundesebene werde hingegen jetzt intensiv geführt. Bisher lag die Kompetenz dafür beim Bund, doch nun werde erwogen, sie den Ländern zu übertragen. Dies könnte zu höheren Abgaben führen, insbesondere für Zweitwohnungen. Es bestehen viele Gründe, warum Wohnungen leer stehen können, und eine solche Abgabe könnte zu zusätzlichen Belastungen für Immobilieneigentümer führen. Die Einführung einer solchen Steuer werde kontrovers diskutiert, da sie als Substanzsteuer betrachtet werde und die bereits bestehenden Belastungen im Immobilienbereich weiter erhöhen könnte.

Die Diskussion um Leerstandsabgaben werfe verschiedene Überlegungen auf, warf Pressl ein. Einerseits bestehe das Ziel darin, Immobilien zu mobilisieren und innerhalb bestehender Strukturen zu verdichten, um dem Flächenverbrauch entgegenzuwirken. Andererseits werde bezweifelt, ob eine Leerstandsabgabe tatsächlich wirksam wäre, insbesondere angesichts der anhaltenden Immobilienpreissteigerungen. Hinterfragt werde, ob die Abgabe hoch genug sein müsste, um Immobilieneigentümer dazu zu bewegen, ungenutzte Immobilien zu veräußern. Sonst könnte sie lediglich Unmut hervorrufen, ohne wirkliche Veränderungen herbeizuführen. Manche würden es sich zum Ziel setzen, Steuern zu sammeln, anstatt der Mobilisierung von Immobilien, machte Pressl auf die Gefahren aufmerksam.

Prunbauer verteidigte das Recht, die eigene Wohnung als Wochenendwohnung zu nutzen, wenn man sie rechtmäßig erworben hat. „Es sollte nicht Aufgabe des Staates sein, solche Details vorzuschreiben!“ Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, sei der Mieterleerstand, insbesondere in Städten wie Wien, wo Mieter günstige Wohnungen behalten, obwohl sie bereits anderswo leben. Die Kündigung solcher Wohnungen sei oft schwierig, da der Nachweis des tatsächlichen Wohnsitzes schwierig sei. Prunbauer: „Es gibt viele Grauzonen, wie zum Beispiel für Studenten im Ausland oder Personen, die temporär im Ausland arbeiten.“ Die Einführung einer Leerstandsabgabe berge viele ungelöste Fragen und könnte letztendlich nur dazu dienen, die Staatskassen zu füllen, ohne das eigentliche Problem anzugehen.

Für Pressl ist es wichtig, dass wir uns bewusst machen, wie unsere Entscheidungen das Bodenverhalten beeinflussen. Ein Beispiel aus der Praxis zeige, dass viele junge Menschen lieber unabhängig sein möchten, statt bei ihren Eltern zu leben. Pressl: „Wir müssen verstehen, dass viele Entscheidungen von emotionalen Motivationen geleitet sind, die nicht allein durch Geld oder Gesetze beeinflusst werden können.“ Entscheidend sei, eine Haltung zu entwickeln, die die Verantwortung für unsere Entscheidungen betont und Möglichkeiten schafft, die Eigenständigkeit junger Menschen zu fördern, ohne dabei das Bodenverbrauchsproblem zu verstärken. „Wir müssen Anreize schaffen, damit junge Menschen in bereits bestehenden Wohnungen einziehen und Verantwortung für das Eigentum übernehmen können, was letztlich eine Generationsverantwortung ist.“ Es sei wichtig, Mobilisierungsmaßnahmen zu ergreifen, um diese Ziele zu erreichen.

Dlabaja
dazu: Es sei bekannt, dass Stadtteile und Einfamilienhäuser Lebenszyklen haben, die oft zu Überalterung führen. Wichtig sei, innovative Modelle zu entwickeln, wie die Nutzung von Einfamilienhäusern für mehrere Familien oder für touristische Zwecke. Die Zusammenarbeit zwischen lokalen Bewohnern und Zweitwohnsitzlern sei entscheidend für eine funktionierende Gemeinschaft. Strukturelle Fragen entstehen, wenn touristische Orte einen Großteil leerer Häuser haben, was eine Lösung erfordert, ohne in Eigentumsrechte einzugreifen. Regulative Maßnahmen und die Umsetzung seien entscheidend, um die Nutzung von Infrastruktur und die Einhaltung von Regeln zu gewährleisten, insbesondere im Zusammenhang mit Plattformen wie Airbnb.

Prunbauer teilte diese Meinung, wenn es auf freiwilliger Basis basiert, dass Menschen zusammenziehen, aber nicht, wenn das durch Zwangsmaßnahmen wie einer Abgabe passiere. Dlabaja warf ein, dass auch dann keine Verpflichtung entstehe, wenn es Förderungen gebe. Prunbauer will die Gemeinschaft stärker in den Fokus stellen, in der man lebe. Es sei unangemessen, ältere Menschen unter Druck zu setzen, aus ihren großen Häusern auszuziehen, nur weil ihre Kinder ausgezogen sind. Freiwilligkeit sei wichtig, Zwang aber nicht akzeptabel: „Solche Maßnahmen könnten die Scheidungsrate erhöhen und sind kein geeignetes Ziel.“ Es sollte stattdessen Anreize für freiwillige Umzüge geben.

In Österreich fehle es an flexiblen Mietanpassungen wie in Deutschland, ergänzte Prunbauer. Dadurch bleiben Mieter oft in zu großen Wohnungen, die finanziell attraktiv sind, selbst wenn sie nur einen kleinen Teil nutzen. Eine Lösung wäre, Mietpreise an die Wohnungsgröße anzupassen und Anreize für einen Umzug zu schaffen, aber das scheitert oft an bestehenden Altmietverträgen.

Umwidmungen stärker kontrollieren?

Jelenko brachte schließlich noch das Thema Umwidmungen durch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf den Tisch und stellte die Frage in den Raum, wie man dem künftig Einhalt gebieten könne. Laut Pressl durchlaufen Umwidmungen eine Reihe von Entscheidungsschritten und werden transparent gemacht. Eine frühzeitige Offenlegung der Betroffenen sowie eine stärkere Berücksichtigung der Vertragsraumordnung seien wichtige Ansätze, um das Widmungssystem effizienter zu gestalten und Landnutzung zu optimieren. Die Diskussion über nicht konsumierte Widmungen und die Möglichkeit zur Rücknahme solcher Entscheidungen sei zwar komplex, erfordere aber dringend eine offene Debatte.

Prunbauer warf ein, dass die Offenlegung und mögliche Ausschlüsse von Personen bei Erwerben diskutiert werden können, jedoch sei der Sinn hinter solchen Maßnahmen entscheidend. „Bei Rückwidmungen von Grundstücken sehe ich nicht nur ein grundrechtliches Problem, sondern auch potenzielle Chancenausfallkosten für Gemeinden.“, so Prunbauer. Es entstehe auch ein Vertrauensschaden, wenn bereits getätigte Entscheidungen rückgängig gemacht werden, was auch zu rechtlichen Herausforderungen führen könne. Pressl wies darauf hin, dass man Umlegungen durchführen könne. „Es geht ja nicht darum, dass wir wem etwas wegnehmen“. Es gebe auch Widmungsbereiche, wo man in Wahrheit gar nicht glücklich ist, dort bauen zu sollen.

Auf die Schlussfrage, welche langfristigen politischen oder gesellschaftlichen Maßnahmen notwendig seien, um den Ausverkauf von Boden zu verhindern und die Kontrolle über unseren Grund und Boden längerfristig zu behalten, meinte Dlabaja, dass es eine Reihe von Maßnahmen brauche. Die Frage der Flächenwidmung liege auf Gemeindeebene, aber eine regionale Entwicklungsperspektive wäre wünschenswert, da Gemeindegrenzen oft die Widmungsgrenzen darstellen. Die Umsetzbarkeit und Praktikabilität dieser Idee müssten jedoch geprüft werden. Ein Regulativ sei notwendig, ebenso wie weitere Forschung und die Einbindung verschiedener Akteure auf regionaler Ebene. Bestehende Strukturen wie die Klarregionen könnten genutzt werden, jedoch bedarf es möglicherweise eines neuen Gremiums, um Maßnahmen festzulegen.

Prunbauer glaubt, dass, je mehr Anreize wir den Grundstücksbesitzern geben, an ihrem Eigentum festzuhalten, desto größer die Chance sei, dass sie es behalten wollen. Wenn wir die Möglichkeit zur Werterhaltung bieten, könnte dies den Verkauf reduzieren. „Unsere strengen Mietgesetze, von der OECD als europaweit führend eingestuft, unterstützen diese Tendenz zur Beibehaltung von Grundstücken“.

Pressl appellierte an alle, sich dessen bewusst zu sein, dass jede unserer Handlungen, sei es der Gang in den Kindergarten, die Wahl von Ökostrom oder andere Entscheidungen, den Bodenverbrauch beeinflussen: „Durch eine Stärkung der Verantwortung des Eigentums können wir den Generationsübergang erleichtern und unseren eigenen Beitrag zum Bodenerhalt oder -verbrauch besser verstehen. Ich lade zu weiteren Diskussionen ein und bin dankbar für diese Gelegenheit, unser Bewusstsein zu erweitern. Unsere Gemeinden handeln oft verantwortungsvoll, und ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam bodensparende Maßnahmen umsetzen können.“

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