Das 24. Buch von Wolfgang Pollanz ist soeben erschienen:
Eigenständige Erzählräume mit Pop-Songs als Nachhall

Wolfgang Pollanz: „Die Lyrics dieser (durchwegs) englischsprachigen Lieder bilden den Hintergrund der 66 Short-Stories.“ | Foto: Josef Fürbass
  • Wolfgang Pollanz: „Die Lyrics dieser (durchwegs) englischsprachigen Lieder bilden den Hintergrund der 66 Short-Stories.“
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„Wie ein Rabe – 66 Song-Stories“ betitelt sich das neue Buch von Wolfgang Pollanz. Auf 228 Seiten erzählt der in Wies lebende Autor 66 Geschichten, die von Liebe, Trennung, Einsamkeit, Tod und immer wieder von Hoffnung handeln. Alle Stories basieren auf mehr oder weniger bekannten Pop-Songs wie etwa von Bob Dylan, Nick Cave, Kate Bush, Neil Young, Joni Mitchell, Van Morrison, Leonard Cohen oder Lana Del Rey. Für den 21. Mai, Beginn 19 Uhr, ist eine Buchpräsentation und Lesung mit Musik in der Schlosstenne Wies geplant. Zu den jeweiligen Texten gibt es Coverversionen der zitierten Songs, live gespielt von Jasmin.Louis, die speziell für diesen Abend gemeinsam mit musikalischen Gästen ein Programm erarbeiten.

Wolfgang Pollanz versteht es in „Wie ein Rabe“ hervorragend, ganz eigene Erzählräume zu schaffen, die dem Leser lange im Kopf und die Songs dazu im Ohr bleiben. Im folgenden Interview spricht der bekannte Autor ausführlich über sein 24. Buch, das im Wiener Verlag TEXT/RAHMEN erschienen ist.

In welchem Zeitraum sind die 66 Stories entstanden?

„Anfang 2019 hatte ich den Auftrag bekommen, Texte zu einem Bob Dylan-Abend gemeinsam mit dem Musiker Oliver Mally zu verfassen. Damit hat diese Arbeit begonnen, am Ende waren es dann insgesamt 66 Kurzgeschichten zu Songs von Leonard Cohen, Kate Bush, Nick Cave, Lana Del Rey und vielen anderen.“

Was war für dich die Motivation für das aktuell vorliegende Werk „Wie ein Rabe – 66 Song-Stories“? Haben dich die Songs zum Schreiben dieses Buches inspiriert?

Ich habe eigentlich auf ein altes literarisches Format zurückgegriffen, weil ich schon in den frühen Achtzigern einmal „Song-Stories“ veröffentlicht hatte. Dabei ging es mir nie darum, einfach einen Song nachzuerzählen, meine literarische Intention hinter diesem Prosa-Projekt ist die Schaffung von eigenständigen Erzählräumen, in denen das Echo dieser zum Teil sehr bekannten Songs nachklingt.

Sind es ausschließlich Geschichten, für die Pop-Songs die Basis bilden oder reflektiert der Autor darin auch persönliche Lebenserfahrungen bzw. Erlebnisse?

Natürlich fließt in jedes ernsthafte Schreiben immer auch der persönliche Erfahrungshorizont ein, aber der besteht ja nicht nur aus meinem persönlichen Erleben, sondern ist in großen Teilen auch ein Amalgam aus meinem kulturellen Hintergrund, namentlich der Literatur, der Popmusik und meinen Reisen. Literatur bildet ja die Realität nicht einfach ab, sondern sie ist in erster Linie Sprache. Diesen Anspruch habe ich beim Schreiben: Eine Sprache zu finden, die dem Thema gerecht wird. Und wie Peter Handke kürzlich schrieb: „Mit wahren Begebenheiten könnt ihr mich jagen.“

Damit die Songs dem Leser im Ohr bleiben, muss er sie kennen oder sie anhören?

Es ist schon hilfreich, die Songs zu kennen, damit man weiß, worauf sich bestimmte Dinge beziehen. Es gibt am Buch dazu auch über einen QR-Code einen Link zu einer YouTube-Playlist, in der man alle Songs hören kann.

Den Geschichten liegen Inhalte aus verschiedenen Pop-Songs zugrunde. Hast du für jede Geschichte einen eigenen Interpreten gewählt oder kommen manche von ihnen mehrfach vor?

Zu manchen Musikern wie etwa Joni Mitchell habe ich je zehn Stories geschrieben, zu anderen (etwa den Beatles) nur einen einzigen. Das hat aber keine Methode und hat sich so ergeben. Viele dieser Musiker erzählen in ihren Songs ja auch Geschichten und möglicherweise ist es eine unstatthafte Anmaßung von mir, mich dieser Songs zu bemächtigen. Es sind Überschreibungen, keine Copyright-Verletzungen.

Wie ist es eigentlich zum Titel „Wie ein Rabe“ gekommen?

Der Titel des Buches bezieht sich auf einen sehr bekannten Song von Bob Dylan. In „Love Minus Zero/No Limit“ gibt es die Zeile „my love she’s like some raven“, daher „Wie ein Rabe“.

Trennung, Einsamkeit, Tod – das sind Themen, die die Menschen auch in der gegenwärtigen Corona-Pandemie sehr beschäftigen. Vermag das neue Buch in gewisser Weise auch in dieser besonderen Situation einen Beitrag als Hoffnungsvermittler zu leisten?

Die Liebe und der Tod, bei den alten Griechen Eros und Thanatos, sind schon immer die zwei wichtigsten Themen der Literatur bzw. des künstlerischen Schaffens gewesen. Ob mein Buch Hoffnung oder Trost vermitteln kann, weiß ich nicht, aber Texte wie diese 66 Kurzgeschichten können den Lesern Räume eröffnen, in denen man möglicherweise Wege aus der Enge des geistigen Lockdowns finden kann, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen.

Persönliche Erinnerungen mit Leonard Cohens Platte "Songs of Love and Hate"

Mit den großteils berühmten Songs der Pop-Geschichte verbindet Wolfgang Pollanz auch unvergessliche persönliche Erinnerungen. „Ich hätte mir ein solches Buchprojekt, in dem es um Überschreibung und Neuschreibung von Song-Texten geht, nicht ohne Leonard Cohen oder auch Bob Dylan vorstellen können, weil die Songs der beiden mich mein ganzes Leben begleitet haben.“ Als junger Mann habe er versucht, die Lieder dieser Musiker zur Gitarre, die er nur leidlich als Begleitinstrument beherrscht habe, zu interpretieren. „Gereicht hätte es vielleicht für ein paar Auftritte in Fußgängerzonen, aber irgendwann habe ich dann doch eingesehen, dass ich mich besser der Literatur widmen sollte.“
Los gelassen hat ihn die Vorliebe für diese Musik jedoch bis heute nicht. „Speziell zu Cohens Platte ‚Songs of Love and Hate’ habe ich die Erinnerung, dass ich sie 1971 auf einer meiner ersten Reisen per Autostopp in Amsterdam gekauft habe; sie war dabei als ich im Vondel-Park einen LSD-Trip nahm, in einem Abbruchhaus schlief und auch, als mein Freund Bernd und ich die Grenze von Deutschland nach Österreich illegal überquerten, weil man uns in Deutschland die Pässe abgenommen hatte. Die Platte besitze ich noch heute und halte sie in Ehren.“
Der Band „Wie ein Rabe – 66 Song-Stories“ ist im Buchhandel (14,30 Euro) erhältlich. Texte aus diesem Projekt sind auch in “manuskripte“ und in einer Ausgabe der Grazer „Lichtungen“ abgedruckt bzw. in einer Literatursendung von Radio Steiermark vorgestellt worden.

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