Ali Kahwajis weite Reise
Über die Balkanroute zum eigenen Restaurant

Nach knapp sieben Jahren in Österreich hat sich Ali Kahwaji seinen Traum vom Restaurant erfüllt.  | Foto: Brand Images
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2015 machte sich Ali Kahwaji gemeinsam mit seiner Familie auf den Weg nach Europa und kam als Flüchtling nach Österreich. Gekocht hatte er zu diesem Zeitpunkt nie und auch keine Ambitionen damit anzufangen. Heute betreibt er ein das Cafe Moses in Graz und sagt, er habe im Kochen seine Berufung gefunden. 

GRAZ. Ende 2022 hat sich der ehemalige syrische Flüchtling Ali Kahwaji, mit der Übernahme des "Cafe Moses" seinen Traum von einem eigenen Lokal erfüllt. Dort kocht und serviert er höchstpersönlich und mischt traditionelle libanesische Küche mit ostasiatischen Einflüssen. Dabei wollte er nie kochen, ganz im Gegenteil, Ali arbeitete jahrelang im Service bei diversen Gastronomiebetrieben und das auch gerne, bis die Pandemie ihm einen Strich durch die Rechnung machte. Als jemand der immer gearbeitet hatte, traf auch Ali die Beschäftigungslosigkeit vor allem psychisch hart und so machte er sich auf die Suche nach irgendeiner Form der Betätigung.

Ali (links) mit Geschäftspartner "Moses" (rechts), der das gleichnamige Cafe in Graz als Businessdevelopper aufgebaut hat und auch auch weiterhin tatkräftig mithilft.  | Foto: Brand Images
  • Ali (links) mit Geschäftspartner "Moses" (rechts), der das gleichnamige Cafe in Graz als Businessdevelopper aufgebaut hat und auch auch weiterhin tatkräftig mithilft.
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"Nur nicht in die Küche"

Alles was er fand, war eine Anstellung als Lieferant für ein Grazer Sushi-Restaurant, das auch in der Küche dringend Personal suchte. Ali kochte aber so gut wie nie und hatte eigentlich auch nicht vor damit anzufangen, eigentlich: "Ich habe immer gesagt, nein in die Küche will ich nicht, aber ich habe auch gesehen, dass sie dort dringend Hilfe brauchen und wenn ich das sehe, dann will ich helfen." Ohne jegliche Erfahrung beginnt er regelmäßig als Küchenhilfe zu arbeiten, sein Chef erkannte Talent und begann ihn auszubilden und auch Ali erkannte etwas: "Ich habe mich immer gefragt, warum bin ich auf dieser Welt? Was ist mein Purpose? Dort beim Kochen habe ich ihn gefunden."

Vom Gast zum Betreiber

Ali hat viele Jahre seiner Jugend im Libanon gelebt, auch aus diesem Grund besuchte er oft das libanesische Cafe Moses in Graz, das wie ein kleines Stück Heimat für ihn war. In Gesprächen mit dem Besitzer des Cafes, der den Namen Moses mit dem Cafe teilt, erzählte er immer wieder von seinem Traum selbst ein Lokal zu führen. Aus diesen Gesprächen entstand dann in weiterer folge die Idee, er könne seine Kochausbildung eigentlich auch im Cafe machen. Nicht einmal ein Jahr später hat sich Moses etwas mehr aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und das Lokal an Ali übergeben, der sich damit auch den Traum vom eigenen Lokal erfüllt hat. Mit viel, sehr viel harter Arbeit allerdings, denn in einer normalen Woche "hakelt" er fünf bis sechs Tage zwischen zehn und zwölf Stunden, doch er macht es gerne.

Auch wenn er nie kochen wollte, hat er heute genau darin seine Berufung gefunden.  | Foto: Brand Images
  • Auch wenn er nie kochen wollte, hat er heute genau darin seine Berufung gefunden.
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Ein langer Weg

Der Weg dazu war aber alles andere als ein Honigschlecken, ein kleiner Sprung zurück: 2015, Ali flieht mit seinem Vater, seiner Stiefmutter und seinen Geschwistern aus ihrer Heimat. Mit dem Flugzeug ging es nach Bulgarien, von dort aus machte man sich, wie so viele andere auch, zu einem dreimonatigen, beschwerlichen Fußmarsch nach Ungarn auf. Dort angekommen wird Ali von den Behörden von seiner Familie getrennt, Vater, Stiefmutter und Geschwister wurden weiter nach Österreich gebracht. "Ich habe gerufen und gesagt, das ist meine Familie, wir gehören zusammen, aber sie haben mich festgehalten und meine Familie weggebracht." erinnert Ali sich. Eine Frau vom Roten Kreuz hätte ihm im Anschluss dabei geholfen, seine Familie wiederzufinden und von Ungarn nach Österreich zu kommen, eine Begegnung für die er bis heute sehr dankbar ist.

Am Weg nach Deutschland

Österreich sollte aber nicht das endgültige Ziel sein, denn die Familie wollte weiter nach Deutschland. Ein Cousin versprach, er kenne einen Taxifahrer, der sie sicher nach Deutschland bringen würde. Da das Taxi allerdings zu klein für fünf Fahrgäste war, blieb der Vater alleine in Wien, während die restlichen vier einstiegen. Das einzige Problem am Plan: Der Taxifahrer brachte sie nicht nach Deutschland, sondern nach Tschechien. Dort wurde Ali wieder festgenommen, alle Wertgegenstände wurden konfisziert und er kam wegen illegaler Einreise für drei Wochen ins Gefängnis, bevor seiner Stiefmutter, seinen Geschwistern und ihm die Wahl gestellt wurde: Weiter nach Deutschland oder zurück nach Österreich? Im Angesicht des Erlebten fiel die Entscheidung einstimmig, gemeinsam zurück nach Österreich zu gehen und als Familie vereint zu bleiben. 

Nächste Station: Schladming

In Österreich angekommen, wurde die Familie in eine temporäre Unterkunft nach Schladming überstellt und hier wurde eines klar, Ali wollte hier bleiben und er wollte vor allem arbeiten. "Ich bin jeden Tag zum AMS gegangen und habe gesagt, bitte lasst mich arbeiten, lasst mich was tun.", erzählt er. Aufgrund des Arbeitskräftemangels in Tourismus und Gastronomie, hatte er Glück und bekam eine Arbeitsbewilligung. Die nächsten beiden Jahre bis zum Abschluss seines Asylverfahrens arbeitete er "Saison" als Kellner, bevor er dann nach Erhalt seiner unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung 2018 nach Graz kam, wo er seither lebt und arbeitet.

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