Am Gründonnerstag
Evangelische Pfarrer waschen Passanten die Füße
Die evangelische Heilandskirche Graz hat sich für heuer eine besondere Osteraktion ausgedacht: Ein Pfarr-Team aus vier Personen im Talar, darunter Superintendent Wolfgang Rehner, wird am Gründonnerstag in der Grazer Innenstadt, am Südtirolerplatz, eine öffentliche Fußwaschung durchzuführen.
GRAZ. "Eine Fußwaschung ist ein sehr ausdruckstarkes Ritual. Die Fußwaschung ist ein Zeichen der Liebe und des Respekts vor den Mitmenschen", erklärt Initiatorin und Projektleiterin Sara Huber die Idee hinter der Aktion. Hintergrund ist die biblische Erzählung aus dem Johannes-Evangelium, nach der Jesus einen Tag vor seinem Kreuzigungstod seinen Jüngern die Füße wusch. Heutzutage wird dieses Ritual meist in katholischen und freikirchlichen Gemeinden praktiziert.
Öffentliche Fußwaschung als starkes Symbol
Im Vorjahr sorgte eine öffentliche Fußwaschung durch zehn Geistliche in Hamburg an der Reeperbahn für großes Aufsehen, nun findet sie erstmals auch in Graz an einem öffentlichen Ort statt. Die Vikarin der evangelischen Heilandskirche Graz lädt Passantinnen und Passanten am Gründonnerstag zwischen 13 und 16 Uhr ein, sich die Füße vom teilnehmenden Pfarr-Team, bestehend aus Superintendent der Evangelischen Kirche Steiermark, Wolfgang Rehner, Friedrich Eckhardt (Pfarrer der Christuskirche Graz Eggenberg) und Marcus Hütter (Pfarrer der Erlöserkirche Liebenau) mit warmen Wasser und Seife waschen zu lassen.
"Wir Pfarrpersonen werden im Talar am Südtiroler Platz sein und wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen - über das Ritual und anderes, was sie bewegt", führt Huber weiter aus. Die Fußwaschung sei dafür natürlich kein Muss, man könne auch nur ins Gespräch kommen oder sich durch Zusehen auf das Ritual einlassen. "Es geht uns darum, sich den Menschen zuzuwenden." Gespannt sei man auf die Reaktionen der Menschen, die sich die Füße waschen lassen. "Und auch gespannt sind wir, was das mit uns macht – fremden Menschen auf der Straße die Füße zu waschen", gesteht die Vikarin.
Auf die Menschen zugehen
Nicht in der Kirche, sondern draußen auf der Straße möchte man die Aktion durchführen, um auf die Menschen zuzugehen und sich ihnen zuzuwenden – dort, wo sie im Alltag sind, erklärt die Initiatorin: "Nicht sie müssen zu uns kommen, sondern wir – als kirchliche Stellvertreterinnen und Stellvertreter – müssen kommen.“ Superintendent Wolfgang Rehner freut sich auf die Aktion:
"Fußwaschung ist ein starkes Zeichen. Bei Jesus hat es gestimmt: Er ist gekommen, um zu dienen. Ich selbst bin am Gründonnerstag bei der Fußwaschung im öffentlichen Raum gerne dabei, weil ich mich fragen lassen muss, ob wir wirklich eine dienende Kirche sind." Fußwaschung bewirke eine neue Perspektive, "ich gehe in die Knie. Es ergibt sich ein anderer Blick. Neue Möglichkeiten für Fragen und Antworten eröffnen sich. Klar ist: Kirche-Sein erschöpft sich nicht in Worten.“
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