Baustelle Peter-Tunner-Gasse
Tragwerk markiert erste Etappe des Brückenneubaus
Viel Staub wirbelt die Baustelle in der Peter-Tunner-Gasse seit Jahresbeginn auf. Hier wird bekanntlich bis 2026 die ÖBB-Unterführung erneuert. Vor allem die Dauer der Bauarbeiten stößt vielen sauer auf und unwissende Pkw-Lenkerinnen und -Lenker regelmäßig vor den Kopf. MeinBezirk hat sich vor Ort ein Bild von den Bauarbeiten gemacht und sich schildern lassen, warum hier nicht eine, sondern eigentlich drei Brücken hintereinander gebaut werden.
GRAZ. Seit Anfang des Jahres liegt mit der Peter-Tunner-Gasse eine der wichtigsten (Pkw)-Verbindungen zwischen dem Grazer Westen und der Innenstadt beziehungsweise dem Osten brach.
Der Grund: Die ÖBB-Brücke, deren Tragwerk zuletzt in den 1950er- und 1960er-Jahren erneuert wurde, muss dringend auf neue "Beine" gestellt werden. Vier Monate sind seit dem Baustart und damit der Straßensperre vergangen und ganze 26 Monate, nämlich bis Juni 2026, soll es noch dauern, bis diese essenzielle Passage für den gesamten Verkehr wieder freigegeben werden kann. Laien und frustrierte Autofahrerinnen und Autofahrer beklagen und hinterfragen die Dauer der Bauarbeiten, Fachleute sprechen hingegen von einem überaus "sportlichen Zeitplan". Tatsächlich ist es so, dass das Projekt nicht mit dem Neubau einer einzigen Eisenbahnbrücke, sondern dem Bau von "drei einzelnen zweigleisigen Brücken hintereinander auf der grünen Wiese" vergleichbar ist. Dies bestätigt auch Andreas Bedianitsch, einer der ÖBB-Baumanager, der MeinBezirk bei einem Lokalaugenschein über die Baustelle führt.
Erster Meilenstein gesetzt
Für den Bau dieser Brücke Nummer eins ist nun eine erste wichtige Etappe genommen, da das Tragwerk betoniert wird und zwei der insgesamt sechs Gleise auf dieses Tragwerk "siedeln" können. Was heißt das? Auf der bestehenden – alten – Brücke gibt es sechs Gleise, die den Bahn- und Verschubverkehr an diesem neuralgischen Punkt zwischen dem Hauptbahnhof und dem Verschubbahnhof in Gösting, gewährleisten. Für die Dauer der Bauarbeiten wurde die Zahl auf vier intakte Gleise reduziert. Diese "wandern" inzwischen wie in einer Art Pyramide jeweils weiter, wenn ein Teil der neuen Brücke, sprich Tragwerk, fertiggestellt ist.
Eine von mehreren Krux dabei: "Die neue Brücke wird etwas tiefer angelegt sein, dafür wird das Niveau der Straße etwas höher sein", schildert Andreas Bedianitsch." Dies erfordere natürlich auch viele Aufschüttarbeiten und Gesteinsbewegungen – und das in der roten Zone rund um den Bahnhof. Hier kann Bedianitsch aber beruhigen: "Da wurde im Vorfeld schon so viel sondiert, dass keine Bombenüberreste zu finden sein sollten, die nicht längst beim Abwurf detoniert sind." Er selbst ist in das Mega-Projekt übrigens schon seit 2018 involviert, als die ersten Planungen für den Brückenneubau anliefen.
Eine Hauptschlagader der Stadt
Doch nicht nur über der Erde ist die Peter-Tunner-Gasse eine der Hauptschlagadern der Stadt, auch unter der Erde: In etwa elf verschiedene Kabelleitungen und Kanäle verlaufen genau hier und müssen natürlich in den einzelnen Bauphasen ebenfalls so umgelegt und verlegt werden, dass deren Betrieb nicht beeinträchtigt ist. Dazu wird unter anderem eine entsprechende Kabelhilfsbrücke für Steuer-, Strom- und Datenleitungen errichtet. "Wir reden hier etwa von A1, Gas, Fernwärme, Kanal, Ampelanlage, aber auch Magenta, das unter anderem für die Internetversorgung des UKH verantwortlich ist", illustriert der Baumanager die heikle Mission, bei laufendem Baubetrieb auch alles drumherum am Laufen zu halten.
Was nun mit der Errichtung des ersten Tragwerks fürs Erste vollendet ist, wiederholt sich schließlich insgesamt dreimal: Vor dem Betonieren des Tragwerks wurde ein Lehrgerüst errichtet, das das Gewicht abstützt, bis der neue Beton ausgehärtet ist. Danach werden diverse Anschlüsse und Abdichtungen angebracht und schließlich die neuen Gleise verlegt. Nach Errichtung der Kabelhilfsbrücke als nächsten Schritt kann im Spätsommer dann das nächste Tragwerk in Angriff genommen werden. Das Lehrgerüst bleibt zwischenzeitlich bestehen und wandert schließlich eine Station weiter. Das ist effizienter als ein zwischenzeitlicher Abbau. Der komplexe Ablauf wiederholt sich.
Wann "steigt" die Stadt Graz ein?
Die Stadt möchte bekanntlich die Gelegenheit der Bauarbeiten nützen, um zwischen der Waagner-Biro-Straße und dem Bahnhofgürtel die Geh- und Radwege zu verbessern. Sie schließt sich daher mit diesbezüglichen Maßnahmen teilweise parallel, teilweise nach Abschluss der ÖBB-Baustelle an: Mit den eigentlichen Straßenbauarbeiten inkl. der Geh- und Radwege wird 2025 begonnen. Insgesamt sollen diese Arbeiten bis Juni 2026 dauern, wobei sie Hand in Hand mit den Arbeiten an der ÖBB-Strecke gehen. Die Arbeiten am Brückentragwerk müssen jeweils natürlich vorauslaufend erfolgen. Die Bepflanzungsmaßnahmen werden im Herbst 2025/Frühjahr 2026 in Angriff genommen. Um Bohrpfähle, die als seitliche Stützwand für die Unterführung dienen, errichten zu können, mussten zwischen Lastenstraße und Eisenbahnbrücke rund 39 Bäume entnommen werden, die unter die Baumschutzverordnung fallen. Das geschah bereits ab 5. Februar, damit die Maßnahmen nicht in der Vogelbrutzeit stattfinden.
Fragen und Antworten zum Projekt:
- Warum ist eine neue Unterführung nötig?
Das bestehende Tragwerk ist alt und am Ende seiner Lebensdauer. Die Widerlager der bestehenden Brücke wurden im Jahr 1912 errichtet. Die bestehenden Stahltragwerke wurde zwischen 1953 und 1967 zuletzt erneuert. Gleichzeitig entstehen mit der neuen Südstrecke (Stichwort Koralmbahn) auch neue Anforderungen im Bahnverkehr.
- Warum dauert die Baustelle so lange?
Der Umbau findet unter aufrechtem Bahnbetrieb statt und muss in mehreren Phasen umgesetzt werden. Erst nach Fertigstellung des Bahntragwerkes können Versorgungsleitungen erneuert bzw. umgelegt und anschließend die Straßenbauarbeiten durchgeführt werden.
- Gilt die Sperre auch für Fußgängerinnen und Fußgänger?
Nein. Mit einem provisorischen Schutztunnel kann die Baustelle jederzeit passiert werden. Für Radfahrerinnen und Radfahrer gilt der Schiebeverkehr, das heißt, sie sind dazu angehalten, abzusteigen und ihr Fahrrad durch den Schutztunnel zu schieben. Dies wird auch regelmäßig kontrolliert.
- Was kostet dieses Projekt?
Das Investitionsvolumen für das Gesamtprojekt (ÖBB und Stadt Graz) beläuft sich auf rund 15 Millionen Euro.
- Wie viele Züge verkehren an dieser Stelle pro Tag?
Da es sich um einen neuralgischen Punkt zwischen dem Verschubbahnhof in Gösting und dem Hauptbahnhof handelt, kann man von etwa 200 und 300 Zugbewegungen über die Brücke pro Tag ausgehen.
Mehr Infos zum Projekt:
Stadt Graz - Bauinformation
ÖBB - Bauinformation
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