Internationales Lyrikfestival zu Gast in Imst
Fulminant besetztes Programm begeisterte beim W:ORTE-Abschlussabend

Martin Piekar, Mikael Vogel, Klemens Klex Wolf, Hannes Sprenger, Robert Renk, José F. Oliver, Aleš Šteger, Angelika Polak-Pollhammer und Siljarosa Schletterer durften sich über einen sehr gut besuchten stimmungsvollen Ausklang des Festivals freuen.
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  • Martin Piekar, Mikael Vogel, Klemens Klex Wolf, Hannes Sprenger, Robert Renk, José F. Oliver, Aleš Šteger, Angelika Polak-Pollhammer und Siljarosa Schletterer durften sich über einen sehr gut besuchten stimmungsvollen Ausklang des Festivals freuen.
  • hochgeladen von Alexandra Rangger

IMST(alra). Wortkunst und Musik trafen auf spannende und berührende Weise beim letzten Abend des Internationalen Lyrikfestivals W:ORTE aufeinander. Nach den Stationen in Innsbruck, Telfs und Hohenems fanden im Raiffeisensaal in Imst die hochkarätig besetzten „abschlussw:orte“ der Veranstaltung statt, die wie von den ModeratorInnen zurecht angekündigt voller „besonderer Stimmungen und vibrierender Schönheit“ waren.

Ob heuer der siebte oder der achte Geburtstag von W:ORTE ist, darüber waren sich die Verantwortlichen nicht ganz einig – die Pandemiejahre haben die klare Abfolge etwas aufgemischt. Der Entwicklung und Expansion des anspruchsvollen Festivals tat dies jedoch keinen Abbruch. Mit Schauplätzen von Tirol bis Vorarlberg und TeilnehmerInnen aus England, Italien, Schweiz, Deutschland, Österreich und Slowenien bewies die Veranstaltung von 8ung Kultur und Literaturhaus am Inn auf alle Fälle Internationalität und vernetzenden Charakter. Dass Imst zum Ort der W:ORTE wurde, ist dem Einsatz der Literatin und Wortraum-Autorin (Wortraum – Plattform Oberländer Autorinnen) Angelika Polak-Pollhammer zu verdanken. Sie ist Teil des Moderations- und Organisationsteams und hat die Kooperation mit dem Kulturreferat der Stadtgemeinde Imst initiiert.

Worte zur Begrüßung

Die Begrüßung des zahlreich erschienenen Publikums erfolgte durch das Moderations- und Organisationsteam Robert Renk, Siljarosa Schletterer und Angelika Polak-Pollhammer. Deren Vorhaben, die BesucherInnen im Laufe der Vorträge mit einer Prise mehr Lyrikbegeisterung zu versehen, war durchaus von Erfolg gekrönt. Auch Kulturreferentin Barbara Hauser freute sich, dass Imst als Gastgeberort für das Festivalfinale fungieren durfte. Die Hauptvortragenden des Abends waren Martin Piekar und Aleš Šteger. Sie wurden von ihren Autorenkollegen José F. Oliver und Mikael Vogel würdig vorgestellt. Beide vermittelten individuelle und gehaltvolle Teaser, die das Publikum verheißungsvoll auf die großartigen Auftritte von Piekar und Steger vorbereiteten.

Worte, die sich einnisten

Der renommierte slowenische Autor, Übersetzer und Verleger Aleš Šteger ließ die ZuhörerInnen eintreten in seine Welt voller Bilder und Emotionen. In feinfühlig umschriebenen Szenen gab er dem oftmals unaussprechlichen Raum. Er sorgte für ein Aufhorchen mit Themen rund um Krieg, Schmerz, Sehnsucht, Verlust – „es gibt keine Gerechtigkeit, nur Revolution“. Šteger dosierte Botschaft sowie Stimme exakt, wechselte dabei zwischen den deutschen Übersetzungen seiner Werke und den slowenischen Originalen und alles klang vertraut. Eingängig und ruhig breitete er seine klaren und reduzierten Geschichten aus und selbst ein kaum hörbar gehauchtes Wort am Ende eines Textes war raumfüllend und allgegenwärtig. „…Ein sich hörbar machen ohne Stimme, ohne Worte.“ Šteger, der einleitend betonte, dass Kunst wehtut, denn sonst ist sie keine Kunst, ließ keinen Zweifel daran, dass es sich lohnt, dieser Form des Schmerzes nachzuspüren. „Ein Gedicht hat sich eingenistet in meinem Kopf. Wo ist es zu Hause? – Überall.“ Eingenistet haben sich beim gebannten Publikum in Imst wohl auch viele der Sätze, die dramatisch bewegten, nachdenklich machten und nachwirken werden. Und auch jene, die einfach nur sanft berührten und die schönen Momente vergegenwärtigten, in denen sich Aleš Šteger auf die Spur des ebenso alltäglichen wie einzigartigen begab. Er einem großen Mysterium, das die Menschheit wohl für immer beschäftigen wird, Ausdruck verlieh und damit die absolute Stille im Saal wunderbar anreicherte: „Ich habe dich geliebt, bevor ich existierte.“

Worte, die den Raum fluten

„Texte sind nicht in bester Gesellschaft, wenn sie mit sich sind. Sie gehören in den Raum“, erklärte der polnische und in Deutschland lebende Dichter Martin Piekar zu Beginn seines Auftritts. Und in den Raum in Imst, der mit zutiefst aufmerksamen Menschen gefüllt war, schickte er seine zehn eindrücklick vorgetragenen Gedichte. Piekars Sätze durchdrangen tief – wilde Entschlossenheit verwebte er mühelos mit großer Sensibilität. Präzise, radikal und zugleich emotional bewegte sich der 1990 geborene Autor durch Themen, die unter die Haut gingen. Gesellschaftliches, Politisches, Kulturelles und Persönliches geraten in seinen Arbeiten gezielt ins Visier: „Aus polnischen Augen blicke ich tief in den Lauf der Zukunft.“ Zwischenmenschliches erspürt er ebenso unverstellt und pur: „Erinnerst du dich? Wir wollten so gigantisch leben, dass jeder unseren Fall sehen müsste.“ Mit jedem Satz bewies Martin Piekar, dass in der Lyrik alles Fühlen und Denken wunderbar aufgehoben ist. Und sich zugleich in jede Klarheit eine Portion Mystik mischt, die sich in den ZuhörerInnen individuell entfalten kann. Das Publikum durfte sich glücklich schätzen, ob der Tatsache, dass Piekars Leidenschaft zu schreiben, eindeutig mit seiner Leidenschaft vorzutragen einhergeht. Jedes Gedicht, ein Stück mehr Temperament, Offenbarung und intensive Wucht. Satte Performance, die den Worthunger mit erlesener Feinkost stillt – im faszinierten Publikum war zustimmendes Nicken zu vernehmen, als der mehrfach ausgezeichnete Lyriker wissen ließ: „Meine Blutgruppe ist Benzin.“

Worte, die Musik begegnen

Durch „FransenMusik“, bestehend aus Hannes Sprenger (Saxophone & live electronics) und Klemens Klex Wolf (Tasteninstrumente & live electronics), wurden die Texte feinfühlig aufgegriffen. Die beiden Musiker blicken bereits auf mehrere Projekte zurück, in denen sich Sprache und Musik grenzauflösend begegnen durften. Das Duo lieferte freie Improvisationen zu den Vorträgen von Šteger und Piekar, die sie intuitiv sowie von Regeln befreit und zerfransend zwischen oder zum gesprochenen Wort erklingen ließen.

Worte, die willkommen sind

Für das um kostbare „Wortschätze“ bereicherte Publikum klang nach dem eindrucksvollen Programm der laue Frühsommerabend am hochwertig bestückten Büchertisch und in weiterer Folge bei Gesprächen am Stadtplatz entspannt aus. Bleibt zu hoffen, dass Imst auch bei der nächsten Auflage des Internationalen Lyrikfestivals einer der W:ORTE sein wird – der Wunsch danach war beim begeisterten Publikum eindeutig zu vernehmen!

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