Auch Unternehmer für freien Sonntag
Die Wiener Wirtschaftskammer hat eine Kehrtwende gegenüber Positionen aus vergangenen Jahren gemacht und fährt eine Kampagne für die Sonntagsöffnung. Doch nicht nur Gewerkschaft und Kirchen fordern weiterhin den arbeitsfreien Sonntag.
Bis vor rund 1 Jahr waren die Fronten bezüglich der Sonntagsöffnung klar:
Die meisten Handelsriesen und Touristiker forderten die Sonntagsöffnung, Kirche, Gewerkschaft und auch die meisten Unternehmer wollten Geschäfte am Sonntag geschlossen halten. Ein freier Sonntag war auch die Position der Handelssparte in der Wirtschaftskammer.
Doch 2014 hat sich das geändert:
Der neue Wiener Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck ist ins Boot der Großwirtschaft gewechselt und versucht die Unternehmer zur Zustimmung zum Sonntags-Verkauf zu bewegen. Natürlich zunächst einmal "nur" in Tourismuszonen.
Dass es nach einer eventuellen Einführung offener Sonntage in Tourismus-Zonen weiter reichende Forderungen nach "gleichen Chancen für alle" – wie das ja in der jetzigen Debatte schon mit dem Argument der offenen Geschäfte an Bahnhöfen der Fall war – geben wird, kann sich jeder mündige Bürger an einer Hand abzählen.
Diese Position der Wiener Wirtschaftskammer ist nun schon ein sehr großer Meinungsschwenk und hat einen fahlen Beigeschmack:
Der Ex-Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Fritz Aichinger hat sich jahrelang ganz klar gegen eine Sonntagsöffnung ausgesprochen, weil das seiner Einschätzung nach 90% der Handelsbetriebe so sähen und es deren Interessen entsprechen würde.
Er hat absolut schlüssig argumentiert, dass neben einer Belastung für die Beschäftigten offene Sonntage deshalb sinnlos oder sogar kontraproduktiv sind, da die Kaufkraft unabhängig von den Öffnungszeiten gleich bleibt, allerdings große Handelsstrukturen von offenen Sonntagen profitieren würden. Und wenn manche mehr bekommen, dann bekommen andere weniger – und das sind die kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Diese Erkenntnis fügt sich auch perfekt mit dem Umstand zusammen, dass es die Betreiber von großen Handelsunternehmen und großen Einkaufszentren sind, die so vehement am Sonntag aufsperren möchten. Dass ein Richard Lugner oder eine Janet Kath (Interio) diese Forderung aus Gemeinsinn gebetsmühlenartig seit vielen Jahren wiederholen, darf jedenfalls bezweifelt werden.
Doch nicht nur Gewerkschaften, Kirchen, der Alpenverein und viele weitere, gemeinnützige Organisationen erkennen, dass der Bruch der Sonntagsruhe einen Nachteil für die Menschen darstellen würde, sondern auch immer mehr Unternehmer kommen zu dieser Erkenntnis.
Der Autor dieses Artikels, der freie Journalist und Unternehmer Ulrich Lintl, gehört jedenfalls zu den Wirtschaftskammer-Mitgliedern, die ganz klar für den freien Sonntag eintreten.
Es ist zu hoffen, dass die Befragung einerseits korrekt abläuft und andererseits genügend Unternehmer íhre Entscheidung nicht von Establishment-Werbung bestimmen lassen, sondern sich unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen ihre eigene Meinung bilden.
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