„Aufi auf die Alm!“

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Innsbruck liegt weit unten. Das Grün der Bäume malt mit den Sonnenstrahlen und dem Leuchten der Berggipfel ein beeindruckendes Bild. Noch ein paar Schritte und die Bodenstein Alm auf 1.661 Höhenmetern ist nach rund zwei Stunden Fußmarsch erreicht. Vor der urigen Hütte verschnaufen bereits vereinzelte RadfahrerInnen, Touristen scheinen sich hier herauf eher weniger zu verirren. „Zu mir kommen größtenteils die Einheimischen“, verrät Wirtin Edith Felderer beim Servieren der bestellten Kasknödel-Suppe. Die Kasknödel sind ihre Spezialität und in der ganzen Stadt bekannt, wenn man der Empfehlung eines weiteren Gastes Glauben schenkt, der mit seinem Mountainbike einmal in der Woche zur Edith raufradelt. Seit 63 Jahren lebt die taffe Wirtin jetzt bereits auf der Alm. „Mein Vater hat mich schon mit zwei Jahren mit auf die Arzler Alm genommen, die er gepachtet hatte“, erzählt sie. „Seit damals bin ich auf der Alm, seit nun 19 Jahren auf der Bodenstein Alm – und immer noch würd´ ich das Leben hier oben gegen nix anderes auf der Welt tauschen wollen!“

Die 63 Almjahre der Edith
Doch die Arbeit geht nicht aus auf einer Alm. Freie Minuten sind selten. Die Kasknödel-Suppe schmeckt würzig und einfach wunderbar, der treue Besucher hatte Recht behalten. Und Edith freut sich, dass eine Gruppe junger Innsbrucker sich einen Platz auf den Bänken vor der Hütte sucht. Heute seien nämlich viele ihrer Gäste nicht mehr nur Pensionisten und ältere Leute, sondern auch die Jungen können sich wieder für das Wandern und die heimischen Berge begeistern. Die Bodenstein Alm ist eine der fünf Almen, die die Stadt Innsbruck ihr Eigen nennen darf. Dazu gehören außerdem die Arzler Alm, die Froneben Alm, die Möslalm und die bekannte Höttinger Alm. Alle Almen werden mit Gastbetrieb geführt, eine Vorgabe der Stadt an ihre Pächter, um die Erholungsstruktur der InnsbruckerInnen zu erhalten. Die Saison auf den Almen dauert etwa von Anfang Mai bis Ende Oktober – natürlich immer abhängig von der Wetterlage. Bei Schnee und schlechtem Wetter ist Edith auch schon Mal ganz allein auf ihrer Alm. Angst habe sie aber noch nie gehabt, auch nicht bei Gewittern. Eine Gruppe Radfahrer verlangt nach einer weiteren Runde Bier, es ist Mittag und somit die stressigste Zeit – vor allem, wenn man bedenkt, dass die Gäste auf der Bodenstein Alm nur mithilfe einer Küche in „Mini-Format“ bekocht werden.

Es geht weiter in Richtung Höttinger Alm. Die Mittagssonne heizt ungnädig auf den Forstweg herab. Am Straßenrand arbeiten zwei Männer des Innsbrucker Forstamtes gerade an der Erhaltung des Weges. Nach ein paar freundlichen Worten geben die Arbeiter den Tipp, lieber auf dem schattigen Waldweg weiterzuwandern. Gesagt, getan. Der schmale Steig erweist sich nicht nur dank der kühleren Temperaturen als Glücksgriff. Eine spektakuläre Aussicht auf die Stadt macht zusammen mit Schmetterlingen, Walderdbeeren & Co. die halbe Stunde zur Höttinger Alm zu einem Erlebnis. Dort angekommen lassen weitere Aha-Effekte nicht lange auf sich warten. Ein Esel ist die Attraktion für die zahlreichen Gäste auf der gemütlichen Alm. Und nicht nur Wanderer und unzählige Mountainbiker wissen den Charme der Höttinger Alm auf 1.487 Höhenmetern zu schätzen. Eine Yoga-Gruppe aus Dänemark verbringt momentan ihren Urlaub hier oben, und das bereits zum elften Mal. Und sie sind nicht die Einzigen, die von weit herkommen, wie Pächter Bernhard Schlechter erzählt. Kipa Sherpa aus Nepal formt seinen vermutlich hundertsten Knödel an diesem Tag. „Ich bin wahnsinnig gerne auf der Höttinger Alm und werde sehr freundlich behandelt“, erzählt der 23-jährige Nepalese und lacht, „Knödel gehören mittlerweile zu meinen Leibspeisen!“ Noch bis Oktober ist der fleißige Bursche auf der Höttinger Alm als helfende Hand aktiv. Jeden Donnerstag stehen bei Kipa Sherpa aber nicht Knödel, sondern nepalesische Spezialgerichte auf der Speiseliste. Und auch Enrico Caruso hat die Höttinger Alm zu seiner Heimat gemacht – wenn auch dabei nicht der bekannte Sänger, sondern ein Sulmtaler Gockel gemeint ist, in Begleitung von sechs Hennen aus selbiger Region. Diese Rasse ist laut Bernhard vom Aussterben bedroht. Seine „akademischen Hendln“, wie er sie liebvoll nennt, kamen von einem Projekt einer Innsbrucker Schule hinauf auf seine Alm, quasi in den „Sommerurlaub“. Vor 11 Jahren hat Bernhard die Höttinger Alm von der Familie Berchtold übernommen und von der Stadt gepachtet. Seit selbigem Jahr (2001) fließt dort auch elektrischer Strom. Getränke werden für die Saison eingelagert. „Frische Lebensmittel holen wir von der Stadt herauf, das größte Stück klappt mit dem Auto, die restlichen 15 Minuten gehen wir zu Fuß – die Sachen in einer Kraxe am Rücken“, erklärt der leidenschaftliche Almwirt.

Bernhard und sein enrico
Zu tun gäbe es immer etwas, Langeweile komme wegen der vielen Arbeit – und dank der feinen Gäs­te – sicherlich niemals auf. Enrico kräht und will die ungeteilte Aufmerksamkeit des Wirts. Bernhard nimmt die Arme hoch in die Luft wie ein Adler. „Die Tiere glauben, den Feind zu wittern und bekommen es mit der Angst zu tun“, lacht er und beobachtet die amüsante Situation.

Um den Tieren und auch dem Wirt eine kleine Pause zu gönnen, geht es weiter zum nächsten Ziel: die Arzler Alm. Auf 1.067 Höhenmetern liegt die Alm, die seit Jahren zu einem der Lieblingsziele der erholungssuchenden Innsbrucker zählt. Dort angekommen wird bereits eifrig vorbereitet. „Heute wird wie jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag im Juli und August am Abend gegrillt“, erklärt Wirtin Maria Anzengruber. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter Julia sorgen die Thaurer seit rund zehn Jahren für den reibungslosen Ablauf. Man merkt der Familie an, dass sie mit viel Herz bei der Sache ist. Maria: „Ich finde es einfach wichtig, dass man als Pächter selber das Zepter in die Hand nimmt und etwas tut.“ So haben sie etwa einen alten Kuhstall in einen überdachten Veranstaltungsraum umgebaut, die Küche erneuert und die WCs saniert. Aber die engagierte Mutter und Wirtin fährt trotz harter Arbeit und manchmal nicht enden wollenden Tagen nach wie vor jeden Tag gerne rauf auf die Arzler Alm. „Auch wenn man für das Almleben schon eine gewisse Reife braucht“, wie sie glaubt. An ihren Kühen vorbei geht es schlussendlich wieder Richtung Stadt. Ein Tag auf der Alm endet – mit mehr Glückshormonen im Rucksack als gedacht.

Zur Sache: Kuh, Schaf, ZIege & Co.
Im Jahr 2010 waren laut Otto Astner (Abteilung Agrarwirtschaft) auf den Innsbrucker Almen 241 Stück Galtvieh, 33 Milchkühe, 447 Schafe und 40 Ziegen den Sommer über zu finden – wobei nicht alle Tiere auf die Almen gebracht worden waren.

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