Tiroler Bündnis gegen Depression
Suizid in Tirol noch ein Tabu

vl: Petra Sansone, Eberhard Deisenhammer, Regina Seibl, Angela Ibelshäuser. Foto: Mühlanger.
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  • hochgeladen von Josef Wolf

In Tirol nehmen sich Monat für Monat acht bis zehn Menschen das Leben. In Österreich starben letztes Jahr (2017) 1224 Menschen durch Suizid. „Trotz einer zunehmenden Entstigmatisierung ist Suizid in unserer Gesellschaft immer noch stark tabuisiert. Am schlimmsten ist, wenn nicht bemerkt wird, dass jemand suizidal ist. Manchmal hat die Umgebung trotz klarer Anzeichen (zum Beispiel sozialer Rückzug, Schlafstörungen, plötzliches Desinteresse an sonst geliebten Hobbies und Interessen) auch Angst, das Problem anzusprechen. Wir wissen aber, dass es für suizidale Menschen eine enorme Erleichterung ist, über ihre Verzweiflung sprechen zu können“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Eberhard Deisenhammer von der Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck. Deshalb sei die Suizidpräventionsarbeit besonders wichtig.

Insgesamt sei die Zahl der Suizide in Österreich wie in den meisten europäischen Staaten rückläufig. „Konkrete Maßnahmen wie die Optimierung der Behandlung psychisch kranker Menschen, die Einschränkung der Verfügbarkeit von und des Zugangs zu Suizidmitteln oder eine zurückhaltendeMedienberichterstattung können zu einer Verhinderung von Suiziden beitragen“, sagt Univ. Prof. Dr. Eberhard Deisenhammer.

Hinterbliebene
„Einen nahestehenden Menschen durch Suizid zu verlieren, ist eine traumatische und sehr schmerzhafte Erfahrung, die das Leben Hinterbliebener in der Regel tiefgreifend verändert – plötzlich gibt es ein Leben vorher und ein Leben nachher. Diese Todesart wirft viele quälende Fragen auf, verursacht häufig Schuldgefühle, Hilflosigkeit, Wut und tiefe Verunsicherung. Dazu kommt, dass viele Hinterbliebene nach einem Suizid nicht mit der Unterstützung ihrer Umgebung rechnen können. Suizid ist auch heute noch ein Tabuthema, es löst Ängste und Ablehnung aus“, berichtet Dr.in Regina Seibl von SUPRA (Suizidprävention Austria).

Nach Suiziden steige gerade auch bei Angehörigen und nahen Freunden die Gefahr der Nachahmung. „Aus diesem Grund brauchen Betroffene dringend Unterstützung, sei es durch ihr Umfeld, im Rahmen einer Selbsthilfegruppe oder in Form von Beratung und Therapie“, so Regina Seibl.

Jugendliche

„Vielen jungen Menschen gelingt es gut, sich vom Kind sein zu verabschieden und auf den Weg ins Erwachsenenalter zu machen, andere haben damit sehr große Schwierigkeiten. Zunehmender innerer und äußerer Druck, Probleme mit sich und anderen, belastende schulische oder familiäre Umgebung können dazu führen, dass Jugendliche sich selbst schaden – auch mit suizidaler Absicht“, berichtet Mag.a Dr.in Petra Sansone, Klinische Psychologin und Notfallpsychologin.

Laut Statistik Austria (2017) sind Suizide die zweithäufigste Todesursache in der Altersgruppe der 10-29Jährigen. „Doch nicht nur vollzogene Suizide stellen im Jugendalter ein Problem dar, sondern auch suizidale Verhaltensweisen, in die auch die große Neigung zu Risikoverhalten unter Jugendlichen fällt. Präventionsprojekte und Maßnahmen zur Sensibilisierung und Enttabuisierung in der Schule können einen wichtigen Beitrag in der Suizidprävention bei Jugendlichen leisten“, so Petra Sansone abschließend.

Fachtagung

Das Tiroler Bündnis gegen Depression veranstaltet gemeinsam mit dem Haus der Begegnung in Innsbruck am 10. November 2018 die Fachtagung "Tabu Suizid - Wir reden darüber". Die Fachtagung richtet sich an Menschen, die mit Suizidankündigung konfrontiert sind, einen Menschen durch Suizid verloren haben, einen Menschen nicht vom Suizid abhalten konnten oder Zeugen eines Suizids geworden sind: Angehörige, FreundInnen sowie beruflich von dem Thema Betroffene, wie PsychiaterInnen, PsychotherapeutInnen, (Haus-) ÄrztInnen, Pflegepersonen, BegleiterInnen, Psychosoziale BeraterInnen, MitarbeiterInnen von Feuerwehr, Polizei, Rettung.

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