Z6
Die Geschichte eines besonderen Jugendzentrums

Die Geschichte des z6 wird in Buchform erzählt. | Foto: Stadt Innsbruck
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  • Die Geschichte des z6 wird in Buchform erzählt.
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In über 50 Jahren Jugend- und Sozialarbeit hat es sich als derart prägende Institution etabliert, dass es heute unverzichtbarer Bestandteil des Tiroler Kulturlebens ist. Teil 5 der Reihe Kulturorte der Verlagsanstalt Tyrolia widmet sich dem z6, dem bemerkenswerten alternativen Jugendzentrum.

INNSBRUCK. Das z6 ragt in seiner Größe und Bedeutung weit über Innsbruck hinaus. Die z6-Verantwortlichen stellen sich nicht nur drängenden Fragen der Zeit stellte, sondern bieten vor allem berufstätigen Jugendlichen, Schülerinnen und Schüler berufsbildender Schulen und auch Schulabbrecherinnen und -abbrechern einen Ort bot, der ihnen und ihren Interessen gehört. 

z6: Treffpunkt für die Jugend | Foto: Tyrolia/Stefan Wedra Altkatholische Kirche, Subkulturarchiv und Günter Richard Wett.
  • z6: Treffpunkt für die Jugend
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Leseprobe

Das z6 ist ein Jugendzentrum, das stimmt. Aber zugleich ist es viel mehr. Es ist einer jener Orte in Innsbruck, die für Kontinuität in ihrer gelebten Praxis stehen: Menschen einzuschließen, die von gesellschaftlichem Ausschluss betroffen sind, für Menschen eine Heimat zu sein, denen eine verwehrt wird, in Alternativen zu denken und diese auch zu leben. Dabei ist es egal, welche Perspektive wir einnehmen, die der jugendlichen Besucher:innen oder die der Menschen, die im z6 aktiv sind. Sie haben gemeinsam einen Ort entstehen lassen, der Innsbruck nachhaltig beeinflusst hat.

Foto: Tyrolia/Stefan Wedra Altkatholische Kirche, Subkulturarchiv und Günter Richard Wett.
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Offener Raum

Ab den 1970er Jahren ist das z6 Jugendzentrum ein offener Raum für Jugendliche, die nicht immer dem damaligen bürgerlichen Sittenbild entsprechen. Eine der ersten Gruppen im z6 sind die im Stadtbild von Innsbruck nicht gern gesehenen Rocker. Mit ihren langen Haaren und Motorrädern sind sie an kaum einem Ort willkommen – außer im z6. Ab Beginn der 1980er
Jahre sind es die Afro- und Cosmic-DJs, die ihre Musik und Kultur im z6 ausleben können. Dasselbe gilt in den 1990er Jahren für die Streetdancer:innen. Für sie ist das z6 nicht nur Zufluchtsort, sondern vor allem ein Anknüpfungspunkt für ihre Politisierung gegenüber dem rassistischen österreichischen Staat und seiner Gesetzgebung. Zahlreiche jugendliche Besucher:innen des z6 werden abgeschoben. Als Folge davon nimmt das z6 rassismuskritische Arbeit in seinem Alltag auf. Darüber hinaus hätte es ohne das z6 nicht den autonomen Infoladen der damaligen Jugendlichen rund um den Kulturverein Grauzone gegeben.

Meinrad Schumacher, Gründer des z6 Jugendzentrums, 1935–2022 | Foto: Tyrolia/Stefan Wedra Altkatholische Kirche, Subkulturarchiv und Günter Richard Wett.
  • Meinrad Schumacher, Gründer des z6 Jugendzentrums, 1935–2022
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Der Gründer

Der Ursprung des z6 datiert in die späten 1960er Jahre und ist vor allem mit einem Namen verbunden: Meinrad Schumacher, ab 1967 Jugendseelsorger der Stadt Innsbruck und als solcher zuständig für die im Schulunterrichtsgesetz verankerte Aktion 14. Diese sieht vor, den Schulabgänger:innen der Haupt- und Sonderschulen in Innsbruck ein Abschlusswochenende im Zeitraum von April bis Juni zu ermöglichen. So will man sie auf einen neuen Lebensabschnitt vorbereiten und ihren Sorgen, Wünschen und Fragen Raum geben. Meinrad Schumacher nutzt die Wochenenden für Jugendlager am Achensee und fährt in der Zeit häufig mit dem Fahrrad dorthin und wieder zurück. Begleitet wird er von mehreren Religionslehrer:innen. Zu dem Zeitpunkt hat der ausgebildete Priester bereits mehrere Stationen hinter sich, wie er in einem Gespräch 2020 erzählt: „Ich bin Pfarrer seit 1960 und war zuerst in Osttirol, kurz in Nußdorf als Krankenvertretung. Dann war ich in Sölden im Ötztal und im Dekanat Silz zuständig für die Jugendarbeit. Danach war ich im Saggen in Innsbruck. 1967 beim Martinsumzug hat der damalige Vizebürgermeister Haidl [Arthur Haidl] mir geflüstert: ‚Lang werden Sie nicht mehr da sein!‘ Und dann habe ich die Stadtjugendseelsorge übernommen. Von da weg hat sich das entwickelt. Ich war dann im z6 bis 1977 oder 1978.“

In Erinnerung an Meinrad Schuhmacher

Innsbruck verliert einen Teil seines sozialen Gewissens

Club 4/5/6

Im Rahmen der Aktion 14 äußern die Jugendlichen den Wunsch, dauerhaft einen Ort für sich zu haben. Der erste Schritt dazu ist der „Club 4/5/6“ für 14- bis 16-Jährige ab 1969. Der erste Jugendclub wird in Pradl in der Reichenauer Straße eingerichtet, später kommen weitere Clubs an verschiedenen Standorten in Innsbruck dazu. Auch ein eigener Mädchenclub am Domplatz entsteht. Bald wird Meinrad Schumacher klar, dass er allein den Ansturm auf die neuen Jugendorte mit den damaligen räumlichen Kapazitäten nicht bewältigen kann. Daher bittet er Vroni Grimm (spätere Windischer) um Unterstützung.

Rückzugsort für Jugendliche | Foto: Tyrolia/Stefan Wedra Altkatholische Kirche, Subkulturarchiv und Günter Richard Wett.
  • Rückzugsort für Jugendliche
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Mehr zum nachlesen ...

Maurice Kumar: Das z6 – mehr als ein Jugendzentrum
(Kulturorte 5)
80 Seiten, Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2023; ISBN 978-3-7022-4073-8; € 18,–

Entstanden aus den Bedürfnissen der Innsbrucker Jugendkulturwochen 1950-1969 und aus jenen der 68er Bewegung, bietet das zu Beginn der 70er Jahre von Jugendseelsorger Meinrad Schumacher gegründete z6 auch heute vor allem ressourcenschwachen Jugendlichen einen Treffpunkt und Entwicklungsraum für vielfältige Szenen, Projekte und neue Impulse, die auch das Überschreiten sozialer und kultureller Grenzen ermöglichen. Maurice Kumar beleuchtet Entstehung, wechselvolle Geschichte und die heute wie damals essenzielle Bedeutung dieses Jugendzentrums.

BUCHPRÄSENTATION mit The Waz exp / Moii:
Mittwoch, 21. Juni 2023, 19.00 Uhr; z6, Dreiheiligenstraße 9c

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