Black Community Innsbruck
„Ich erlebte schon Rassismus bevor ich zwölf war“

Elias ist Mitglied der „Black Community Innsbruck“, deren Ziel es ist rassistische Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen und für das Thema zu sensibilisieren.  | Foto: Viktoria Gstir
  • Elias ist Mitglied der „Black Community Innsbruck“, deren Ziel es ist rassistische Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen und für das Thema zu sensibilisieren.
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INNSBRUCK. Die Bewegung „Black Community Innsbruck“ hat sich kurz nachdem der Afroamerikaner George Floyd in den USA vor rund einem Jahr bei einem Polizeieinsatz getötet wurde, gegründet – der Vorfall löste weltweite Proteste aus. Ziel der Community ist es auch in Innsbruck mehr Bewusstsein für Rassismus zu schaffen. Das Stadtblatt im Gespräch mit Elias, er ist Mitglied der Bewegung.

Stadtblatt: Wie tief ist Rassismus in unserer Gesellschaft verankert?
Elias: Nach wie vor tief. Man hat es auch jetzt wieder gemerkt, nach der Fußball-EM. Der Frust der Fans entlud sich an den drei jungen, glücklosen Elfmeterschützen. Im Anschluss hagelte es rassistische Beleidigungen aufgrund ihrer Hautfarbe. Danach hat es in den Sozialen Medien ein eigenes „Bingo“ gegeben, mit Punktesystem. Es wurde unter anderem dazu aufgerufen Schwarze zu töten. Mein Papa lebt in London, nach diesem Spiel habe ich mir große Sorgen um ihn gemacht. Aktivisten haben sogar dazu aufgerufen, dass „People of Color“ ihre Häuser nicht verlassen sollen. Es ist einfach unfassbar, dass wir das im Jahr 2021 noch erleben müssen.

Haben Sie auch am eigenen Leib schon Rassismus erlebt?
Als ich eine meiner ersten Vorverurteilungen aufgrund meiner Hautfarbe erlebte, war ich zirka zwölf Jahre alt. Ich war mit meinem Bruder in Axams beim Fußballtraining und dann sind irgendwem in der Umkleide 50 Euro gestohlen worden. Wir wurden als Erstes verdächtigt. Als wir die Kabine verlassen haben und zu unseren Fahrrädern gingen, sahen wir unseren Trainer im Gespräch mit der Polizei. Am Nachhauseweg wurden wir von der Polizei aufgehalten und kontrolliert. Wir wurden aufgefordert uns bis auf die Unterhose auszuziehen, mitten am Dorfplatz. Mein Bruder war damals erst zehn Jahre alt. Alle unsere Sachen wurden durchsucht: Hose, Schuhe, Socken etc. Das war sehr demütigend. Zu diesem Zeitpunkt habe ich den Glauben an die Gerechtigkeit bis zu einem gewissen Grad verloren. Auch in der Schulzeit war es praktisch „Gang und Gäbe“, dass Mitschüler das N-Wort verwendet haben. Aber mittlerweile habe ich gelernt damit umzugehen. Früher bin ich manchmal handgreiflich geworden, das ist allerdings nie der richtige Weg.

Eure Community ist in den Sozialen Medien, auf Instagram („blackcommunityibk“) aktiv, ist es manchmal mehr Fluch als Segen?
Es ist wirklich beides, um Bewusstsein zu schaffen ist es sehr nützlich. Es kommt immer darauf an, wie es verwendet wird. Es wäre allerdings wichtig, dass es mehr Filter gibt in Bezug auf Hasspostings und Beleidigungen. Dahingehend sollte dringend etwas unternommen werden.

Ihr veranstaltet ja auch immer wieder Demos, um für Rassismus zu sensibilisieren in Innsbruck, habt ihr das Gefühl dadurch etwas zu bewirken?
Definitiv. Dadurch sind auch Betroffenen auf uns aufmerksam geworden, eine richtige Anlaufstelle sind wir zwar noch nicht, aber das ist im Aufbau. Wir beraten Betroffene aber natürlich jetzt schon gerne und raten dazu, jeden rassistisch motivierten Angriff zur Anzeige zu bringen.

Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen? Was soll sich in Innsbruck ändern?

Ich sehe die Politik in der Verantwortung, es sollte schon präventiv etwas unternommen werden. Dadurch könnte es vermieden werden, dass Personen rassistischen Übergriffen ausgesetzt sind. Auch die Polizei soll besser geschult werden, es darf kein „Racial Profiling“ (Anm.: gezieltes Kontrollieren von Personen aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aussehens) mehr geben. Auch im Schulwesen sollte sich einiges ändern. Ich würde mir wünschen, dass weltoffenere Bücher verwendet würden, da besteht jedenfalls Nachholbedarf, es wird beispielsweise viel zu wenig über den Kolonialismus und die Geschichte von „People of Color“ gelehrt. Ich blicke aber positiv in die Zukunft, wir sind auf einem guten Weg, vor allem die jüngere Generation.

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