Innsbrucker Polit-Ticker
Dauerthemen autofreie Innenstadt, Wohnen und Blutbuche

Innsbrucks Politik diskutiert über die Blutbuche, die autofreie Innenstadt und die Wohnungsfrage. | Foto: Stadtblatt
  • Innsbrucks Politik diskutiert über die Blutbuche, die autofreie Innenstadt und die Wohnungsfrage.
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INNSBRUCK. Bringt die autofreie Innenstadt wirtschaftliche Vorteile Ist Baurechtswohnungseigentum eine Lösung der Innsbrucker Wohnungsproblematik? Gibt es rund um die Blutbuche einen Umweltskandal? Innsbrucks Politiker auf der Suche nach Antworten.

Gewinn für Wirtschaft

„Wird die Aufenthaltsqualität gesteigert, bedeutet dies einen unmittelbaren Mehrwert für die ansässigen Wirtschaftsbetriebe“, stellt Bürgermeister Georg Willi klar und erläutert dies am Beispiel der Maria-Theresien-Straße: Lagen die Umsätze in der Innenstadt 2002 bei 221 Millionen Euro, waren es 2018/19 – also nach der Umwandlung von Innsbrucks Prachtstraße in eine Fußgängerzone – rund 350 Millionen Euro. Und auch die Fläche, die KonsumentInnen im Zentrum zur Verfügung steht, hat sich stark erweitert. 53.000 Quadratmeter konnten die KundInnen im Jahr 2002 nutzen, 2018/19 waren es 71.000 Quadratmeter. (Quelle: Untersuchung des Marktforschungsinstituts „comfort“) Es ist die Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen für Wirtschaftstreibende zu schaffen und zu gestalten, in denen sie gut arbeiten und wirtschaften können. Eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Innenstädte florieren können, ist Aufenthaltsqualität. Eine autofreie Innenstadt schafft Raum – für die Menschen, für mehr Grün, mehr kühlendes Wasser, mehr Sitzmöglichkeiten, Gastgärten und Infrastruktur für Radfahrerinnen und -fahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger.

Potenzial

Auch der Innsbrucker Zentrumsverein hat das Potenzial erkannt und steht dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber. „Wer sich lieber irgendwo aufhält, bleibt auch länger und nimmt Angebote vor Ort mehr in Anspruch – sprich – kauft auch mehr ein oder konsumiert mehr“, so Klubobfrau Janine Bex und erklärt auch, warum beim Status Quo zu bleiben keine Alternative, weder für die Bewohnerinnen und Bewohner noch die Wirtschaftstreibenden, ist: „Kühlen wir unsere Innenstädte nicht so schnell wie möglich und so effektiv wie möglich herab, kann dort bald niemand mehr lange verweilen – die Klimakrise ist auch eine massive Bedrohung für die lokale Wirtschaft!“

Gescheiterter Immobilienmarkt

„Aufgrund der immer knapperen Flächen und exorbitanten Preise greifen private Immobilienentwickler nun noch tiefer in die Trickkiste“, erklärt SP-Innsbruck Vorsitzender GR Benjamin Plach mit Bezug auf das Angebot an Baurechtswohnungseigentum im privaten Sektor.
„Mit Eigentum, im Sinne einer Vorsorge für kommende Generationen hat ein Baurechtswohnungseigentum nichts zu tun. Dieses ‚Pseudoeigentum‘ an einer Wohneinheit für bis zu 99 Jahre, führt zu zahlreichen kritischen Fragen am Vertragsende und kann somit keineswegs ein zukunftsfähiges Modell für den Innsbrucker Wohnmarkt darstellen“, fährt Plach fort. „Hier von Eigentum im herkömmlichen Sinne zu sprechen ist ein Etikettenschwindel und suggeriert den BaurechtseigentümerInnen/KäuferInnen eine Sicherheit und einen Bestand, der durch ein solches Vertragskonstrukt nicht gewährleistet werden kann“, ärgert sich der Sozialdemokrat und erläutert weiter: „Spätestens am Vertragsende muss zwischen dem Grundstückseigentümer, dem Baurechtsnehmer und den zahlreichen BaurechtswohnungseigentümerInnen geklärt werden, wie es mit der Liegenschaft nun weitergehen soll und wem welche Ansprüche zustehen. Ein Chaos und eine Blockade weiterer Entwicklungen ist am Ende vorprogrammiert“.

Baurechtswohnungseigentum abzulehnen

„Solche Projekte zeigen, dass das Wohnungsproblem in Innsbruck nicht  durch den privaten Sektor gelöst werden kann, weshalb es nur folgerichtig ist auch hier keine weiteren Widmungen zu ermöglichen“, bekräftigt Plach die Position der SPÖ Innsbruck. „Allgemein ist aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten Baurechtswohnungseigentum abzulehnen. Diese Konstrukte vereinbaren das Schlechteste aus zwei Welten und sind lediglich für zwei Beteiligte attraktiv, den Grundstückseigentümer und den Bauträger. Die Käuferinnen und Käufer schauen durch die Finger“, so Plach abschließend.

Offenlegung des Prüfberichtes

„Die vermeintlich massiv geschädigte über 130 Jahre alte Blutbuche vor dem Haus der Musik, welche jetzt gerodet werden soll, wurde 1984 unter Naturschutz gestellt. Um ein langfristiges Überleben von Naturdenkmälern allgemein bestmöglich zu gewährleisten, bedarf es auch besonderer Maßnahmen. So sollten zum Schutz der Wurzel und der Baumkrone vor Beschädigungen durch Baufahrzeuge und Ablagerungen von Baumaterial der Traufenbereich eingezäunt werden. Ebenso sind die naturgeschützten Bäume regelmäßig zu gießen. Bei Verstaubung und Verkrustung der Blätter müssen die Bäume mit Wasser abgespritzt, und bei hitzeabstrahlende und schadstoffemittierende Maschinen muss ein Mindestabstand zur Kronentraufe eingehalten werden. Abbrucharbeiten im Kronentraufbereich sind händisch durchzuführen und die Baufahrzeuge dürfen in diesem Bereich ein Gesamtgewicht von 3,5t nicht überschreiten. Die Maßnahmen müssen von einer ökologischen Bauaufsicht laufend kontrolliert werden, “ teilt Gemeinderat Gerald Depaoli mit, welcher sich auf eine Aussendung der Stadt aus dem Jahr 2015 beruft. „Ob diese Maßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden, und ob es überhaupt eine ökologische Bauaufsicht beim Abriss der Stadtsäle und beim Neubau Haus der Musik gab, kann angezweifelt werden, hat doch der Rechnnungshof selbst im Prüfbericht über das Haus der Musik unter anderem festgestellt, dass die IIG als Bauträger keine Schad- und Störstofferkundung vor dem Abbruch durchführte, die fachspezifische ÖNÖRM sowie die abfallwirtschaftlichen Bestimmungen missachtete, und man keine Kenntnis hatte, ob beim Abbruch gefährliche Abfälle wie Asbest und Teer anfielen und wie diese entsorgt wurden! Der Verdacht liegt als nahe, dass auch die Maßnahmen zum Erhalt von Naturdenkmälern beim Abriss der alten Stadtsäle und beim Neubau Haus der Musik ebenso missachtet wurden, “ so GR Gerald Depaoli.

Bauaufsicht

„Das Gerechte Innsbruck fordert daher die sofortige Offenlegung des Prüfberichtes zum Schutz der Naturdenkmäler vor dem Haus der Musik, in konkretem Fall der Blutbuche. Das Gerechte Innsbruck will wissen, ob es diese ökologische Bauaufsicht beim Neubau Haus der Musik überhaupt gab bzw. welche Personen dieser ökologischen Bauaufsicht konkret angehörten, ebenso wie wir wissen wollen, ob die Maßnahmen für den Schutz von Naturdenkmälern nachweislich eingehalten wurden, oder nicht,“ so GR Gerald Depaoli weiter. „Sollte sich bewahrheiten, dass die Maßnahmen zum Schutz der Naturdenkmäler vor dem Haus der Musik nicht dementsprechend nachweislich eingehalten wurden, hätten wir es mit einem handfesten Umweltskandal zu tun! Die politisch Verantwortlichen wären namhaft zu machen, ebenso natürlich - wie die Verantwortlichen des Bauträgers, “ schließt GR Gerald Depaoli, welcher in dieser Causa eine brisante Anfrage an Bgm. Georg Willi ankündigt, sollte eine Offenlegung des Prüfberichtes der ökologischen Bauaufsicht nicht stattfinden.

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