Stadtpolitik
Der Wähler entscheidet nicht über Neuwahlen

Das Ende: Georg Willie verkündigt das Koalitionsaus vor einem fast leeren Sitzungssaal. | Foto: zeitungsfoto.at
  • Das Ende: Georg Willie verkündigt das Koalitionsaus vor einem fast leeren Sitzungssaal.
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INNSBRUCK. Die Innsbruckerinnen und Innsbrucker bleiben weiterhin Zuseher des politischen Schauspiels im Gemeinderat. Direkte Einflussmöglichkeiten auf die Frage Neuwahlen haben die Wählerinnen und Wähler nicht. "Die Koalition ist beendet." teilt Bürgermeister Georg Willis Worte bei der Gemeinderatssitzung am 18.3. gegen 19 Uhr 30 mit. Jetzt gilt ein Spiel der freien Kräfte.

Keine Mitsprache

Innsbrucks Wählerinnen und Wähler bleibt vorerst weiter nur die Zuseherrolle. Den Innsbrucker Bürgern stehen zwar die Möglichkeiten einer Bürgerinitiative sowie Volksbefragungen entsprechend dem Statdrecht zu. Ausnahme: § 43, Volksbefragung, (4) Wahlen der Gemeindeorgane, die Anstellung von Gemeindebediensteten und die Lösung ihres Dienstverhältnisses  ... können nicht zum Gegenstand einer Volksbefragung gemacht werden. § 44, Bürgerinitiative, (1) Jedem wahlberechtigten Gemeindebürger steht es frei, in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderates fallen und nicht im § 43 Abs. 4 aufgezählt sind, die Vornahme einer bestimmten Maßnahme im Rahmen der bestehenden Gesetze und Verordnungen durch die Gemeinde zu beantragen (Bürgerinitiative). So bleibt die Entscheidung über Neuwahlen dem Gemeinderat. Gerald Depaoli hat einen Antrag auf Auflösung des Gemeinderates für die Gemeinderatssitzung im Feber angekündigt, jedoch nicht eingebracht. Die Abstimmung über einen Antrag auf Auflösung des Gemeinderates ist nur dann zulässig, wenn er auf der in der Einladung bekanntgegebenen Tagesordnung steht. Anträge auf Abänderung bereits gefasster Beschlüsse des Gemeinderates oder auf Auflösung des Gemeinderates können einer dringenden Behandlung nicht zugeführt werden. Im § 10 des Innsbrucker Stadtrechts, steht zum Thema Auflösung: Außer den in der Innsbrucker Wahlordnung 2011 für die Wahl des Gemeinderates aufgezählten Gründen ist eine Wahl des Gemeinderates auch dann vorzunehmen, wenn a) der Gemeinderat bei Anwesenheit von mindestens drei Vierteln seiner Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder seine Auflösung beschließt (Selbstauflösung) oder b) die Aufsichtsbehörde den Gemeinderat nach § 47 Abs. 4, § 48 Abs. 4 oder § 82 Abs. 1 auflöst. Würde bedeuten: 30 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte müssen anwesend sein, von diesen 30 müssen wiederum 20 der Auflösung zustimmen.


Trauerspiel und Politshow

Bei der 12-stündigen Gemeinderatssitzung wurde durchaus auch gearbeitet. Im Rahmen der aktuellen Stunden stand das Thema "Schatz, welche Innsbrucker Volksschule wird unser Kind besuchen? Welche Optionen haben wir?", vorgeschlagen durch die NEOS zur Diskussion. 13 Anträge aus dem Stadtsenat wurden behandelt, die Berichte und Anträge der Ausschüsse beschlossen, neue Anträge und Anfragen eingebracht sowie 11 Anträge großteils dem Stadtsenat zugewiesen. Im Mittelpunkt jedoch der Abwahlantrag gegen Markus Lassenberger.

Eine Frage der Ideologie

Die Diskussion um den Abwahlantrag wurde von GR Renate Krammer-Stark (Grüne) eröffnet. Die geht nochmals auf die Antragsbegründung ein. Markus Lassenberger verlässt den Sitzungsraum und wird durch Markus Abwerzger vertreten. In der Diskussion versuchen die gewählten Abgeordneten ihren jeweiligen Standpunkt zu erklären. Die Abwahl von Markus Lassenberger ist aus ideologischen Gründen für die Innsbrucker Grünen sowie für GR Benjamin Plach und StR Elisabeth Mayr eine Verpflichtung. Alle andere Fraktion kritisieren die ideologische Begründung des Antrages. Die Diskussion ist eine gegenseitige Abrechnung an parteistrategischen Positionen, gepaart mit der jeweiligen Auslegung des eigenen Demokratieverständnisses. Mehrere Fraktionen verlassen den Sitzungsraum. In den fast 120 Minuten werden polemische Wortmeldungen und zynischen Politanalysen über anderen Parteien in den Raum gestellt, die die Grenzen der Stadtpolitik bisweilen durchaus überschreiten. Am Ende der Debatte ging es nur mehr um die Eigenunterhaltung der Abgeordneten, die ohne Widerspruch ihre Argumente, Einschätzungen, Meinungen und Thesen von sich geben. Aufgrund der Anmeldungen an Stimmenthaltungen ist eine Abstimmung über den Antrag nicht mehr möglich, da der Gemeinderat nicht mehr beschlussfähig ist. Die Zukunft der Innsbrucker Politik: "ein Spiel der freien Kräfte". Zum Sitzungsende waren nur mehr 12 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte anwesend und Bürgermeister Georg Willi hält fest: "Die Koalition ist damit zu Ende."

Gescheiterte Politehe

Am wurde am 6. Mai 2018 Georg Willi mit 23.791 Wählerstimmen zum Bürgermeister der Stadt Innsbruck gewählt, die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl lag bei 43,74 %. Zwei Wochen davor wurden die Grünen Innsbruck mit 12.371 Stimmen zur stärksten Gemeinderatsfraktion. Die FPÖ erhielt 9.505, Für Innsbruck 8.270, ÖVP 6.230 und die SPÖ 5.286 Stimmen, die Wahlbeteiligung lag bei 50,38 Prozent. Zur Erinnerung: insgesamt waren 104.245 Innsbruckerinnen und Innsbrucker wahlberechtigt, davon 49.697 männlich und 54.548 weiblich.

Arbeitsübereinkommen

Die Grünen, Für Innsbruck, ÖVP mit Seniorenbund und SPÖ einigten sich auf eine Koalition und präsentierten ein Arbeitsübereinkommen: "für die Arbeitsperiode des Innsbrucker Gemeinderates in den Jahren 2018 bis 2024 aus freien Stücken und bewusst der uns von den Innsbrucker Wählerinnen und Wählern durch die Wahlgänge vom 22.04.2018 und 06.05.2018 übertragenen Aufträge und Mandate als Partnerinnen und Partner (kurz: Parteien) diese Vereinbarung. Für uns und die uns in dieser Periode 2018 bis 2024 allenfalls und aus welchen Gründen auch immer nachfolgenden Damen und Herren in den jeweiligen Funktionen, Aufgaben und Ämtern verabreden wir uns auf die nunmehr genannten Prinzipien, Ziele, Vorhaben, Aufgaben und Handlungsweisen." Auf 57 A4-Seiten werden insgesamt 280 Arbeitspunkte angeführt.  In Sachen Bürgermeisterstellvertretung folgend turbulente Zeiten. Nach der Wahl zur ersten Bürgermeisterstellvertreterin in der GR-Sitzung vom 24. Mai 2018 mit 28 Stimmen, wurde Christine Oppitz-Plörer in der GR-Sitzung vom 10.10.2019 mit 23 zu 17 Stimmen abgewählt. Am 21.11.2019 wurde Uschi Schwarzl in der GR-Sitzung mit 22 Stimmen zur ersten Bürgermeisterstellvertreterin gewählt, die Wahl war aufgrund der Abwahl von Christine Oppitz-Plörer nötig. Johannes Anzengruber wurde in der GR-Sitzung vom 27.2.2020 mit 22 Stimmen im Gemeinderat zum zweiten Bürgermeisterstellvertreter gewählt. Anzengruber folgte Franz X. Gruber, der einen beruflichen Wechsel vollzogen hat, nach. In der Gemeinderatssitzung vom 10.12.2020 wurde Schwarzl mit 12 zu 27 Stimmen als Vizebürgermeisterin abgewählt. Bei der GR-Sitzung am 21.1.2021 trat Elisabeth Mayr als "Koalitions"-Kandidatin für die erste Bürgermeisterstellvertreterin an. Bei der Wahl erhielt Mayr 16 Stimmen, Markus Lassenberger wurde mit 18 Stimmen im Gemeinderat zum ersten Bürgermeisterstellvertreter gewählt.

Spiel der freien Kräfte

Die unterschiedliche Zusammenarbeit der Fraktionen im Gemeinderat ist nichts Neues. Die Abwahl von Christine Oppitz-Plörer erfolgte mit den Stimmen der Grünen und der Freiheitlichen, Für Innsbruck, ÖVP und FPÖ haben als "bürgerliche" Mehrheit Projekte gegen den Willen der Grünen beschlossen und auch bei der Wahl zum Vizebürgermeister Lassenberger war sich die Koalition nicht einig. Die Kandidatin Elisabeth Mayr hätte weitaus mehr Stimmen, als die bekannten 16 erreichen müssen. Nach der März-Sitzung stehen laut Aussendungen der Partien ein "konstruktives Arbeiten" und die Bewältigung der Krise in den Mittelpunkt. Die Palette reicht vom "runden Tisch" bis zu Spielregeln für das „Spiel der freien Kräfte“. Helmut Buchacher, Klubobmann SPÖ, Christoph Appler, Klubobmann ÖVP und Lucas Krackl, Klubobmann Für Innsbruck halten in der Aussendung fest: "Wir wollen künftige Arbeitsabläufe besprechen und ein effizientes Arbeitsprozedere für den Gemeinderat festlegen, damit die politische Arbeit sich verstärkt auf Sachthemen konzentriert und die wichtigen Punkte des Arbeitsübereinkommens zur Umsetzung gelangen." „Das Gerechte Innsbruck hat Bürgermeister Georg Willi bereits ein schriftliches Ultimatum gestellt dem Innsbrucker Gemeinderat, aber vor allem den InnsbruckerInnen und Innsbruckern konkret mitzuteilen, wie er sich als Stadtoberhaupt konkret das „Spiel der freien Kräfte“ vorstellt,“ teilt GR Gerald Depaoli mit. „Nach fast drei Jahren Krampf, Chaos, Ultimaten, Wahlen und Abwahlen keimt mit dem freien Spiel der Kräfte im Innsbrucker Gemeinderat ein wenig Hoffnung auf. Der Weg ist endlich frei, konstruktive Arbeit ohne ideologische Scheuklappen und übertriebener Klientelpolitik wird möglich", meint GR Thomas Mayer. "Projektorientierte Zusammenarbeit mit konstruktiven Mehrheiten, darauf werden wir Grüne uns ab jetzt konzentrieren. Ich gehe davon aus, dass dieser Weg breite Zustimmung im Gemeinderat findet!", betont Renate Krammer-Stark. „Man wird sich auf einen modus operandi einigen müssen, wie man ab jetzt zusammen arbeitet. Für uns sind zwei Dinge entscheidend für den Erfolg. Kommunikation und Tempo bei Transparenz von Information. Die Entscheidungen werden nun eine Mehrheit im Gemeinderat brauchen, dafür braucht es vollständige Transparenz bei der Informationsweitergabe. Wir sind bereit uns aktiv einzubringen und für die Stadt zu arbeiten,“ fordert die GR Julia Seidl.

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