Stadtrat Stoll
Sammelsurium von Plattitüden, Neuaufstellung und Jamas

Mit vier Mandaten ist das neue Innsbruck im Gemeinderat bis 2030 vertreten. Markus Stoll über die künftigen Herausforderungen. | Foto: Erich Staudinger
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  • Mit vier Mandaten ist das neue Innsbruck im Gemeinderat bis 2030 vertreten. Markus Stoll über die künftigen Herausforderungen.
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Der Wahltag am 14. April 2024 war für das bürgerliche Lager in Innsbruck eine herbe Enttäuschung. Mit großen Zielen ist "das neue Innsbruck" als Wahlbündnis der ÖVP, Für Innsbruck, Seniorenbund und Lebenswertes Innsbruck mit Spitzenkandidaten Florian Tursky angetreten. Am Ende gab es 10,15 Prozent der Stimmen und vier Sitze im neuen Gemeinderat sowie einen Sitz im Stadtsenat. Markus Stoll, nicht amtsführender Stadtrat im MeinBezirk-Innsbruck-Interview.

INNSBRUCK. Das neue Innsbruck wollte künftig ein starkes Wort in der Gemeindepolitik mitbestimmen und mit Florian Tursky in die Bürgermeisterstichwahl einziehen. Beide Wahlziele wurden deutlich verfehlt. Nur vier Mandate von 40 stehen dem bürgerlichen Lager bis 2030 zur Verfügung. Markus Stoll (nicht amtsführender Stadtrat), Christine Oppitz-Plörer, Klara Neurauter und Franz Jirka sind im Gemeinderat. Die Analyse des Wahlergebnisses fällt dementsprechend aus: "Selbst in ihren eigenen Paradebezirken kam die Liste TURSKY mit 10,5 % nur auf Platz fünf zu liegen, noch hinter der SPÖ (12,2 %) und den Grünen (13,5 %). Haushoch gewonnen hat in den TURSKY-Hochburgen die Liste JA von Johannes Anzengruber, die hier beinahe ein Viertel aller Urnenstimmen einheimsen konnte (24,3 %). " Im Interview mit der MeinBezirk-Innsbruck-Redaktion blickt Markus Stoll auf den Wahltag und künftige Herausforderungen für das bürgerliche Lager.

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MEINBEZIRK: Herr Stadtrat, Mitglied im Innsbrucker Stadtsenat, aber ohne Amtsführung. Enttäuscht über die Entscheidung der neuen Koalition?
MARKUS STOLL: Enttäuscht könnte man nur sein, wenn man sich „täuschen“ hätte lassen. Für jeden halbwegs politisch interessierten Beobachter war bereits am Sonntag der Stichwahl der Pakt der Vierer-Koalition als großer Elefant im Raum klar ersichtlich. Es haben pro forma kurze freundliche Kontaktaufnahmen stattgefunden, jedoch wurden nie ernsthafte Gespräche geführt. Die Sirtaki Koalition war längst geschmiedet, wie sich kurz danach im Treibhaus zeigte.

Kurz zum Wahltag. Wie geht die bürgerliche Bewegung mit der deutlichen Wahlniederlage um?

Zweifelsfrei hätten wir uns mehr Zustimmung durch die Wählerinnen und Wähler für unser Bündnis erhofft. Immerhin haben sich drei über jahrzehntelang getrennt kandidierende Listen zusammengefunden und mit einem weiteren Zuwachs kurz vor der Wahl in der Mitte sehr breit aufgestellt. Hier gab es von allen Seiten große Kompromissbereitschaft und den echten Willen zu einem Neuanfang auch in der Stadt. Uns liegt viel daran, dass in der Stadtpolitik für die Innsbruckerinnen und Innsbrucker gearbeitet wird. Die über 6.000 Stimmen der Innsbruckerinnen und Innsbrucker sind uns jedenfalls ein klarer Auftrag, den wir mit Demut sehr ernst nehmen. Wir werden mit unserer breiten Erfahrung die Basisarbeit neu aufbauen, in den Stadtteilen sein und den von uns im Wahlkampf versprochenen Neuanfang umsetzen. Vielleicht haben wir zu wenig Talent gehabt, die richtigen Geschichten zu erzählen. Aber wie heißt es so trefflich: Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt.

Angelobung von Markus Stoll | Foto: Erich Staudinger
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Wie sieht die künftige Zusammenarbeit von VP. Für Innsbruck, Seniorenbund und Lebenswertes Innsbruck aus?

Wir bringen mit unserem Bündnis eine große gesellschaftliche Breite in den Gemeinderat ein. Die Mitglieder des Gemeinderatsklubs „Das Neue Innsbruck“ – das sind die ersten 20 Personen unserer Liste - treffen sich wöchentlich in der Klubsitzung. Damit sind alle Bündnispartner jede Woche dabei, wenn aktuelle Themen diskutiert und vor allem unsere Arbeit für den Gemeinderat in Form von Anträgen und Anfragen vorbereitet wird. Einmal im Monat öffnen wir die Sitzung für alle 80 Listenmitglieder, um speziell vor dem Gemeinderat umfassend zu informieren. Ich bin unserem Klubobmann Franz Jirka sehr dankbar, dass er mit dieser Struktur das Fundament für eine sehr gute Zusammenarbeit unseres Klubs gelegt hat. Demnächst findet eine Klausur statt, wo wir diese Zusammenarbeit noch weiter vertiefen werden.

Es ist bereits die zweite Wahlperiode, bei dem die Koalition nicht alle Mitglieder des Stadtsenats mit einer Ressortverantwortung ausstattet. Braucht es eine Änderung im Stadtrecht?

Das ist primär eine Frage der Verfassung und nichts, was in Innsbruck oder im Landtag selbständig geändert werden könnte. Wenn es dem Bürgermeister wirklich an Zusammenarbeit mit allen liegen würde, könnte er auch ohne gesetzliche Änderungen alle Mitglieder des Stadtsenats einbinden und mit Ressortverantwortung ausstatten.

Angelobung von Christine Oppitz-Plörer | Foto: Erich Staudinger
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Im Vorfeld meinte der neue Bürgermeister Johannes Anzengruber noch, er wolle alle Stadtsenatsmitglieder in die Verantwortung einbeziehen, woran ist dies gescheitert?
Diese Antwort kann nur Bürgermeister Anzengruber selbst geben, warum er nicht zu seinem Wort steht. Fakt ist, dass dieses „Mauern“ in der linken Koalition viele seiner Unterstützer – insbesondere jene aus der Stichwahl - bereits verstimmt hat.

Wie sieht eine erste Bilanz des vorgelegten Zukunftsprogramms der neuen Stadtregierung aus?
Wie viel Zukunft in einem losen Sammelsurium von Plattitüden und Wiederholungen steckt, ist aus heutiger Sicht nicht auszumachen. Generell beinhaltet die Koalitionsvereinbarung viele unkonkret formulierte Ansätze, weshalb auch die Finanzierung der vermeintlichen Vorhaben höchst fragwürdig ist. Wir werden besonders darauf achten, wie sich die Wunschzettel der Regierungsparteien auf den städtischen Haushalt auswirken.

Angelobung von Klara Neurauter | Foto: Erich Staudinger
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Welche Projekte hat die Koalition rasch und unverzüglich anzugehen?

Zur Sicherstellung der qualitätsvollen jahresdurchgängigen Versorgung von Innsbrucks Kindern und Jugendlichen einerseits als auch um als attraktiver und zukunftsfitter Arbeitgeber zu punkten, hoffen wir auf eine breite Unterstützung unseres eingebrachten Antrages zur Umsetzung der lange schon notwendigen Bildungsgesellschaft. Auch im öffentlichen Nahverkehr ist aus Standortgründen akuter Handlungsbedarf gegeben, schließlich wartet die Rossau als größtes Wirtschaftszentrum Westösterreichs nach wie vor auf eine angemessene gute öffentliche Erreichbarkeit. Und die rasche administrative Umsetzung eines sogenannten „Wohntickets“, wonach die Wohnungswerber keine Wohnungen einfach zugeteilt bekommen, sondern sich für geeignete Wohnungen selbst bewerben können, hat unsere volle Unterstützung. Wir unterstützen zudem die rasche Realisierung einer fußgängerfreundlichen Umgestaltung und Aufwertung der Zone Herrengasse/Rennweg//Hofburg/Universitätsstraße zur Aufwertung und Weiterentwicklung des Innsbrucker Kulturquartiers.

Wird es eine Zusammenarbeit mit dem Zweiten, nicht amtsführenden Stadtrat Markus Lassenberger geben?
Wir sind als Bündnis angetreten, um sowohl innerhalb unseres Bündnisses Positionen zu vereinen, als auch im Gemeinderat eine breite Zusammenarbeit zu suchen. Leider
wurde von der Vierer-Koalition schon in der ersten konstituierenden Sitzung der Antrag unseres Klubobmanns Franz Jirka, alle Fraktionen im Kontrollausschuss einzubinden, reflexartig zurückgewiesen.
Zum Vorsitzenden wählte man just Mesut Onay, der am Wahlabend mit Anzengruber, Mayr und Willi im Treibhaus Sirtaki tanzte. Diese Koalition kontrolliert sich damit offensichtlich selbst.

Angelobung von Franz Jirka | Foto: Erich Staudinger
  • Angelobung von Franz Jirka
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Für Unmut sorgten sowohl die Neubesetzungen im Aufsichtsrat als auch die Abstimmung über die Größe der gemeinderätlichen Ausschüsse - wo liegen Ihre Kritikpunkte?

Bei den Neubesetzungen der Aufsichtsräte geht unsere Kritik dahin, dass diese sowohl geschäftsordnungswidrig als auch ohne die erforderlichen inhaltlichen Informationen (wie eine notwendige „fit and proper Erklärung“) durch die Koalition erfolgt sind. Inwieweit die neuen Aufsichtsräte qualifiziert sind, konnte dem Stadtsenat nicht ausreichend dargelegt werden, dank Koalitionsmehrheit war das unserem Bürgermeister aber offenbar nicht wichtig. Wie seriös das ist, muss jeder selbst beurteilen. Den größten beachtenswerten Salto rückwärts musste wohl die SPÖ vollziehen, hat sie doch vor zwei Jahren eine ähnliche Vorgehensweise bei Bürgermeister Willi noch schärfstens kritisiert. Die von unserem Klubobmann beantragte Vergrößerung des Kontrollausschusses hätte dazu beigetragen, dass man sich offen und ehrlich einer Kontrolle stellt und auch jene Fraktionen miteinbezieht, die nicht im Stadtsenat vertreten sind. Beides wollte man nicht und so tanzen der Bürgermeister und seine zwei Stellvertreter wohl auch in Zukunft mit ihrem Kontrollchef Sirtaki. Jámas!

Thema Kontrollausschuss - auch hier sehr sie die Zusammensetzung durchaus kritisch?
Ich finde, eine Kontrolle sollte unabhängig von der Regierung erfolgen. Durch das strikte Nein gegen die Vergrößerung des Ausschusses kontrolliert sich die Regierung nahezu selbst und schließt vor allem die kleineren Parteien ohne Stadtsenatssitz von der Kontrolle aus. Das halten wir für nicht fair und zeugt auch nicht von einem ehrlichen Willen zur Zusammenarbeit.

Markus Stoll im Gespräch mit Andrea Dengg | Foto: Erich Staudinger
  • Markus Stoll im Gespräch mit Andrea Dengg
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Mit welchen Themen will das Neue Innsbruck in den kommenden Jahren Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen?
Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserer Arbeit auf lange Sicht punkten können. Es geht vor allem darum, den Menschen zu zeigen, dass wir sie und ihre Herausforderungen verstehen. Wir müssen ihnen auch zeigen, dass uns ihre Anliegen wichtig sind und wir uns für diese einsetzen werden. Wir wollen unser Ohr am Bürger und nicht an irgendwelchen Geschichtenerzählungen haben. Schon jetzt haben wir viele Vorschläge in Ausarbeitung, wie sich die Stadt in Zukunft weiterentwickeln soll. Wir werden in unseren Stadtteilgesprächen auf die Menschen zugehen und sie auch einladen, sich einzubringen. Wir wollen und brauchen die Diskussion mit den Menschen, damit wir eine bürgerliche Politik gestalten können. Selbstredend freuen wir uns daher auch über jede Kontaktaufnahme.

Mesut Onay (Alternative Liste Innsbruck), Franz Jirka und Pia Tomedi (KPÖ) | Foto: Erich Staudinger
  • Mesut Onay (Alternative Liste Innsbruck), Franz Jirka und Pia Tomedi (KPÖ)
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