SIGNA Holding Konkurs
5,26 Mrd. Schulden, 390 Unternehmen stehen auf dem Prüfstand

Die Signa Holding GmbH ist im Kaufhaus Tyrol untergebracht. | Foto: zeitungsfoto.at
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  • Die Signa Holding GmbH ist im Kaufhaus Tyrol untergebracht.
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Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung der SIGNA Holding GmbH ist aktenkundig. Die SIGNA Verantwortlichen sprechen von 5,26 Mrd. Euro an Passiva.  Von der Insolvenz sind 273 Gläubiger und 42 Dienstnehmer betroffen. SIGNA Prime und SIGNA Development sind derzeit noch nicht betroffen. Die aktuellen Fakten.  

INNSBRUCK.Mit dem Aktenzeichen 6 S 193/23h des Handelsgerichts Wien ist das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung der SIGNA Holding GmbH, Maria-Theresien-Straße 31, Innsbruck, FN 191343m, vormals: Immofina Holding GmbH, vormals: Freyung 3, Wien und der Zweigniederlassung SIGNA Holding GmbH, Zweigniederlassung Wien, Freyung 3, Wien offiziell. Als Sanierungsverwalter wurde Christoph Stapf aus Wien bestellt. Die erste Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung wurde für 19.12.2023, die Prüfungstagsatzung für den 29.01.2024 und die Sanierungsplantagsatzung für den 12.02.2024 anberaumt.  In der ersten Gläubigerversammlung wird der Sanierungsverwalter zu berichten haben, ob der Finanzplan eingehalten wird, der Sanierungsplan erfüllbar ist und ob Gründe für die Entziehung der Eigenverwaltung vorliegen. Die Anmeldefrist wurde mit 15.01.2024 festgesetzt. Das Unternehmen bietet den Gläubigern eine Sanierungsplanquote von 30 %, zahlbar innerhalb von zwei Jahren ab Annahme an. Dabei handelt es sich um die gesetzliche Mindestquote für diese Verfahrensart. 

5,26 Mrd. Euro

Nach Eigenangaben des Unternehmens betragen die Passiva zu Liquidationswerten ca. EUR 5,26 Mrd. (davon ca. EUR 252 Mio. besichert). Wie sich die Verbindlichkeiten jedoch im Rahmen der angestrebten Sanierung darstellen werden, wird das Ergebnis der Prüfungstagsatzung zeigen, informiert der KSV1870 in einer Aussendung. Die Aktiva werden zu Buchwerten mit ca. EUR 2,78 Mrd. angegeben, zu Liquidationswerten mit ca. EUR 314,3 Mio., doch werden auch die Vermögenswerte nunmehr vom Sanierungsverwalter aktuell nach insolvenzrechtlichen Kriterien zu prüfen sein. Von der Insolvenz sind 273 Gläubiger betroffen. Die Anzahl der betroffenen Dienstnehmer beträgt 42.

Die Ursachen der Insolvenz führt das Unternehmen auf massive Umsatzrückgänge im Handelsbereich im Zuge der Covid-19-Pandemie und im Immobilienbereich auf die massiv gestiegenen Baukosten und auf steigende Finanzierungskosten zurück.  

Insolvenzantrag

Die Signa Holding GmbH (FN 191343m) mit ihrem Sitz in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 31 hat am Handelsgericht Wien einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Form eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung eingebracht. Die Bemühungen um zusätzliche Investorengelder zur außergerichtlichen Sanierung sind damit gescheitert und das Unternehmen zieht die Konsequenzen, teilt der KSV1870 in einer Aussendung mit. "Wie bereits in den vergangenen Tagen kolportiert, befindet sich die „Signa Gruppe“ auch in Österreich in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Nach Wochen des Schweigens der Unternehmensleitung und der damit verbundenen Ungewissheit bei den Gläubigern, Investoren und anderen Stakeholdern hat nunmehr die Signa Holding GmbH die Notbremse gezogen und den Weg zum Insolvenzgericht eingeschlagen." Die gesetzliche Mindestquote für ein derartiges Verfahren beträgt 30 % innerhalb von zwei Jahren ab Annahme.

Erklärung

Schuldnerinnen/Schuldner müssen binnen 60 Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen. Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gibt ihnen die Möglichkeit, weiterhin über ihr Vermögen zu verfügen, sich von ihren Restschulden zu befreien und ihr Unternehmen zu sanieren.

  •  Im Sanierungsplan muss den Gläubigern eine Quote von zumindest 30 % zahlbar in längsten zwei Jahren angeboten werden.
  • Dem Antrag beizufügen sind überdies ein Vermögensverzeichnis, eine aktuelle und vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand sowie ein Finanzplan.
  • Der Schuldner ist befugt, sein Unternehmen selbst weiterzuführen. Für bestimmte Tätigkeiten benötigt er die Zustimmung des Insolvenzverwalters. Manche Tätigkeiten sind darüber hinaus dem Insolvenzverwalter vorbehalten. Unter bestimmten Umständen kann das Gericht dem Schuldner allerdings die Eigenverwaltung entziehen.
  • Die erste Gläubigerversammlung oder die Berichtstagsatzung hat in der Regel innerhalb von drei Wochen ab Eröffnung des Sanierungsverfahrens stattzufinden.
  • Die Bestätigung des Sanierungsplans erfolgt nach Gläubigerzustimmung durch das Gericht. Nach Erfüllung des Sanierungsplans erlöschen die Restschulden. Die Bürgen und sonstigen Mitschuldner haften den Gläubigern weiterhin in voller Höhe. Sie haben ein Rückgriffsrecht gegenüber dem Schuldner nur im Ausmaß der Quote.
  • Aufhebung des Sanierungsverfahrens: Der Schuldner erlangt in der Regel wieder volle Verfügungsbefugnis. Nach vollständiger Erfüllung erfolgt eine endgültige Restschuldbefreiung. Bei Verzug mit einer Quote kommt es nach qualifizierter Mahnung zu einem teilweisen Wiederaufleben der Forderung.

Ein Sanierungsverfahren mit Eigenverantwortung würden den aktuellen Geschäftsführern die Möglichkeit der Weiterarbeit bieten. Konkursrichter und vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter haben weniger Möglichkeiten, Anfechtungsthemen im Sinne der Gläubiger zu verfolgen.

Firmenkomplex

Die „Signa Gruppe“ besteht aus mehreren hundert Gesellschaften in verschiedenen Ländern, wobei die wechselseitigen Beteiligungen sich äußerst komplex darstellen. An der den Insolvenzantrag stellenden Signa Holding GmbH sind nachstehende Gesellschafter beteiligt:

  • Supraholding GmbH & Co KG A-6020 Innsbruck 54,94 Prozent
  • Haselsteiner Familien-Privatstiftung A-9800 Spittal/Drau 15,00 Prozent
  • Eugster/Frismag AG CH-8580 Amriswil 10,24 Prozent
  • Familie Benko Privatstiftung A-6020 Innsbruck 10,10 Prozent
  • Fressnapf Luxembourg GmbH L-6776 Grevenmacher 4,46 Prozent
  • Ernst Tanner A-1100 Wien 3,00 Prozent
  • AE Familienholding AG CH-Amriswil 1,26 Prozent
  • SUPRA Assets GmbH A-6020 Innsbruck 1,00 Prozent

Die Signa Holding GmbH selbst ist direkt an sechsunddreißig in Österreich befindlichen Kapitalgesellschaften im unterschiedlichen Ausmaß beteiligt. Durch die komplexen Eigentums- und Stiftungskonstruktionen ist die mittelbare oder gegebenenfalls unmittelbare Möglichkeit der Einflussnahme auf einzelne Gesellschaften zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilbar. Insgesamt stehen rund 390 österreichische Unternehmen in Zusammenhang mit Signa, wobei es sich großteils um Projektgesellschaften handelt.

Beispiel Kaufhaus Tyrol

Kaufhaus Tyrol GmbH, Sitz der GmbH in Wien, zwei Geschäftsführer, Gesellschafter: SIGNA Prime Assets GmbH mit 99,81 % und SIGNA Prime GmbH & Co OG mit 0,19 %. Die SIGNA Prima Assets GmbH sitzt an derselben Adresse in Wien, hat drei Geschäftsführer (zwei ident mit der Tyrol GmbH) und gehört zu 100 % SIGNA Prime Selection AG. Die Prima Assets GmbH ist an vierzehn Gesellschaften beteiligt, darunter auch der Kaufhaus Tyrol Management GmbH. Die zwei Geschäftsführer dieser GmbH sind ident mit der Tyrol GmbH und sind auch Geschäftsführer der Prima Assets GmbH. Die SIGNA Prime Selection AG ist zu 100 Prozent Gesellschaft der Real Estate Management GmbH, Prime Assets GmbH, Prime Capital Invest GmbH, Warenhaus Immobilien Holding GmbH, Prime CM 2017 GmbH, Prime Swiss GmbH sowie Prime Great Britain GmbH.

Eine der wesentlichen Aufgaben des vom Handelsgericht Wien noch zu bestellenden Insolvenzverwalters ist nun die Prüfung der Werthaltigkeit der direkten Beteiligungen der Signa Holding GmbH. Aufgrund der Tatsache, dass die direkten Beteiligungen der Signa Holding GmbH wieder eine Vielzahl an Beteiligungen halten, ist das eine Herkulesaufgabe.

Da es in Österreich kein Konzerninsolvenzrecht gibt, bedeutet die bevorstehende Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Signa Holding GmbH nicht, dass über die Tochtergesellschaften automatisch ebenfalls Insolvenzverfahren zu eröffnen sein werden.

Bei jeder Gesellschaft gilt es separat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen. Hier steht auch die Geschäftsführung dieser Gesellschaften in der Pflicht, da Haftungsfolgen drohen, wenn Insolvenzanträge verspätet gestellt werden. „Aus heutiger Sicht ist es seriös nicht einschätzbar, ob weitere Gesellschaften der ‚Signa-Gruppe‘ einen Insolvenzantrag stellen werden und es zu einem Dominoeffekt kommen wird“, so Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter Insolvenz beim Kreditschutzverband von 1870.

Keine Bonitätsbewertungen

Die wesentlichen Gesellschaften der „Signa-Gruppe“ erhalten vom KSV1870 schon längere Zeit keine Bonitätsbewertung mehr, da schlichtweg die Informationen dazu fehlen. Die „Signa-Gruppe“ hat in den vergangenen Monaten durch die sehr eingeschränkte Kommunikation nach außen massiv an Vertrauen eingebüßt. Der KSV1870 weiß aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung, dass fehlendes Vertrauen in ein Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten mögliche Geldgeber abschreckt.Nähere Informationen über die Höhe der Verbindlichkeiten, der Gläubigerstruktur sowie über die Anzahl der betroffenen Gläubiger liegen dem KSV1870 bis dato nicht vor.

Die Signa Holding meldet Insolvenz an.  | Foto:  ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com
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Signa Holding meldet Insolvenz am Handelsgericht Wien an

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