Stubai Magazin
Der Glockenschmied aus dem Stubaital

In den Schellen aus dem Stubaital steckt viel Handarbeit. 1.300 Grad heiß ist das Messingbad, in dem sie ihre schöne Farbe erhalten | Foto: Karl Künstner
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Schellen oder Glocken – beide gehören zum Stubaital. Den Unterschied zu erklären, ist gar nicht so einfach. Johann Hofer von der Glockenschmiede Stubai meint dazu: „Eine Glocke klingt immer nach, eine Schelle kann nachklingen. Eine Schelle kann auch eine Glockenform haben. Aber auf jeden Fall wird eine Glocke gegossen. Eine Schelle wird aus einem Stahlblech geschmiedet.“ Auf der Alm werden Kühen, Schafen und Ziegen seit Jahrhunderten Schellen um den Hals gehängt. So bleibt die Herde auf den weitläufigen Weideflächen zusammen. Sollte sich ein Tier doch verlaufen haben, kann es aufgrund des Geläutes leichter wieder gefunden werden. Bis heute haben sie für Landwirte und Senner eine wichtige Funktion.

Gebrauchsgegenstand

Schellen müssen also widerstandsfähig und langlebig sein. „Das werden sie, wenn das Metall langsam und in kaltem Zustand in Form gebracht wird“, erklärt Johann und verrät damit auch gleich das Geheimnis um die hohe Qualität der Stubaier Schellen. Was leicht erklärt ist, braucht viel Erfahrung und Wissen um die Metallverarbeitung. Dafür ist Fulpmes seit Jahrhunderten in der ganzen Welt bekannt.
Die Glockenschmiede Stubai wurde 1946 von Hans Schiestl gegründet, in einem aufgelassenen Stall. Die ersten Produkte waren Alu-Kämme, Lockenwickler und Schneebesen. Zwischendurch war man auch mit Skibindungen erfolgreich. Ende der 1950er Jahre hat man die Viehschellen als Marktlücke entdeckt. „Heute sind wir der einzige große Schellenhersteller in Österreich“, so Johann Hofer nicht ohne Stolz. Er hat vor 30 Jahren als Schlosser im Unternehmen begonnen und es vor einigen Jahren übernommen. Heute produziert das 15-Mitarbeiter-Unternehmen jährlich rund 50 Tonnen Flachschellen, Froschmaulschellen, Keilschellen, Messingglocken und das in Größen von 2 cm bis 24 cm (gemessen wird an der Öffnung der Schelle).Noch immer stecken ein aufwendiger Produktionsprozess und viel Handarbeit in jeder Schelle. Das zugeschnittene Blech wird mit einer hydraulischen Presse tiefgezogen. „Dieser Arbeitsschritt muss langsam erfolgen, damit das Metall gleichmäßig dick bleibt und es zu keiner Faltenbildung kommt“, betont Johann. Für jede Größe und jede Schellenform braucht es eigenes Werkzeug. Dann werden jeweils zwei Halbteile verschweißt und anschließend über eigens geformten Schmiedehörnern, bei Temperaturen von 500 bis 800 Grad, geschmiedet. Anschließend werden die beiden Hälften von Hand vernietet, die Hänge für das Lederband und den Klöppel in der Schelle verschweißt und der letzte Schliff kann erfolgen. In einem 1.300 Grad heißen Messingbad erhält die Schelle ihre goldgelbe Farbe und wird gleichzeitig verlötet und verfestigt. Die heiße Schelle wird in kaltes Wasser gegeben und anschließend noch gebürstet und poliert. „Spezialanfertigungen werden komplett handgeschmiedet“, erzählt Johann. Solche Schellen kommen zu besonderen Anlässen wie beim Almabtrieb zum Einsatz. Sie sind aber auch beim vorweihnachtlichen Krampuslaufen oder in der Fasnacht unverzichtbar und können auch schon mal zehn Kilo wiegen.

Täglich in Gebrauch

Die Schellen aus dem Stubaital sind bei Landwirten in ganz Europa täglich in Gebrauch, sie sind aber auch ein beliebtes Mitbringsel. „Die Schellen im Souvenirgeschäft und die Schellen für die Bauern sind exakt gleich. Da machen wir bei der Produktion keinen Unterschied“, so Johann Hofer. „Das gilt auch für das ‚Zubehör‘ wie Lederbänder oder Schnallen, die wir ebenfalls selbst im Haus produzieren.“
Was man mit den Schellen aus dem Stubaital noch machen kann? Musik natürlich. Entscheidend für den Ton ist natürlich die Größe der Schelle und ihre Form. Die Feinabstimmung erfolgt mit dem Hammer. Ein paar kräftige Schläge und der Ton ist ein anderer. „Der Schelle macht das nichts, die hält das aus“, lacht Johann. Klar, sie ist ja auch täglich in Gebrauch.

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