Polizeidirektorin im Interview
"Haben schon 40.000 Überstunden"

Foto: BMI/Egon Weiss

Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß über veränderte Arbeitsbedingungen, pandemiebedingte Überstunden und Kriminalstatistik.

Corona stellt für die gesamte Bevölkerung und so auch für die Kärntner Polizei immer noch eine Ausnahmesituation dar. Wie hat sich Corona auf die Arbeit der Polizisten in Kärnten ausgewirkt?
Michaela Kohlweiß: Mit der Einführung von Grenzkontrollen, Unterstützungsleistungen für die Gesundheitsbehörden, der Kontrolle und Überwachung der Einhaltung der geltenden Covid-Bestimmungen oder auch der Überwachung zahlreicher Versammlungen (Demonstrationen) sind zeitintensive Arbeitsfelder dazugekommen oder haben sich verändert. Hinzu kommt eine immer dynamischere Kriminalitätsentwicklung und die Verlagerung der Kriminalität beispielsweise in das Internet. Das Verkehrsgeschehen wiederum hat sich relativ unbeeinträchtigt auf hohem Niveau gehalten, damit hat auch die Verkehrsüberwachung große Aufmerksamkeit erfordert. Eine sichtbare Präsenz der Exekutive ist in Zeiten wie diesen ohnehin unerlässlich.

Wie geht es den Beamten damit, dass sie nun die Einhaltung von Covid-Maßnahmen, Maskenpflicht, Abstandsregeln usw. kontrollieren (müssen)?
Wir unterstützen damit die Gesundheitsbehörden und leisten einen wichtigen Beitrag in der Pandemiebekämpfung. Die Bevölkerung signalisiert vielfach Akzeptanz und auch Zustimmung zu dieser Kontrolltätigkeit. Mittlerweile hat sich zudem eine gewisse Routine eingestellt, nicht zuletzt durch technische Hilfsmittel wie etwa die "Green-Check-App". Gerade bei den Versammlungen muss aber auf Basis unserer 3-D-Philosophie (Dialog – Deeskalation – Durchgreifen) erforderlichenfalls auch konsequent durchgegriffen werden, was sich letztlich in der Anzeigestatistik niederschlägt.

Wie viele Überstunden haben sich aufgrund der Pandemie bei der Polizei angehäuft?
Aktuell werden mehr Überstunden geleistet als in Zeiten vor der Pandemie. Allein im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung wurden heuer bis Anfang November bereits mehr als 40.000 Überstunden geleistet. Das ergibt die stolze Summe von rund 1,2 Millionen Euro. Die geplanten bzw. bereits angemeldeten Versammlungen werden sicherlich nicht zu einer Entspannung dieser Situation beitragen.

Polizisten sind nicht nur einem höheren Infektionsrisiko, sondern auch einer höheren Aggressionsbereitschaft ausgesetzt. Wie geht’s Ihnen und Ihren Mitarbeitern damit?
Der Polizeiberuf geht grundsätzlich mit einer gewissen Gefährdung einher. Aus diesem Grund hat auch die Eigensicherung den höchsten Stellenwert und wird nach der Grundausbildung berufsbegleitend (zum Beispiel im Rahmen des sogenannten Einsatztrainings) regelmäßig geschult. Ein generell höheres Aggressionspotenzial lässt sich derzeit (noch) nicht erkennen, allerdings schlägt bei einzelnen Versammlungsteilnehmern Frustration immer mehr in Wut um. Die kommenden Wochen werden daher eine herausfordernde Zeit für unsere Einsatzkräfte.

Wie unterscheiden sich die Einsätze bei Demos gegen die Corona-Maßnahmen von jenen bei „üblichen“ Protesten?
Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht der Bevölkerung, die Polizei hat die Ausübung dieses Rechts zu gewährleisten. Wesentlich für die Einsatzplanung und entsprechende Umsetzung ist immer eine konkrete Gefährdungseinschätzung, welche laufend und vor jeder Versammlung stattfinden muss. Dabei ist nicht entscheidend, wie die Zusammenkunft bezeichnet wird oder ob sie "üblich" oder "unüblich" ist.

Welchen Einfluss hat Corona auf die Ausbildungsinhalte in der Akademie?
Das Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Krumpendorf steht in Zeiten der Pandemie grundsätzlich vor denselben Herausforderungen wie der gesamte schulische Bereich. Die Neuaufnahmen und damit die Grundausbildungslehrgänge sind geplant und eingetaktet, die Ausbildung muss fortgesetzt werden. Trotz Pandemie hat das Bildungszentrum aber auch in den letzten zwei Jahren die Ausbildungsinhalte an unsere jungen Kolleginnen und Kollegen vollinhaltlich vermittelt.

Kann man schon einen Blick zurück auf die Kriminalstatistik 2021 in Kärnten werfen?
Abschließende Zahlen zur Kriminalstatistik 2021 werden erst im Frühjahr 2022 vorliegen. Wegen des strikten Lockdowns im Vorjahr haben sich die Deliktszahlen für 2020 reduziert, weshalb 2021 allgemein eine Erhöhung zu erwarten ist. Im Deliktsbereich "Cybercrime" erwartet uns aber jedenfalls eine signifikante Steigerung. Auch die Schadenshöhen in diesem Bereich haben sich deutlich nach oben entwickelt.

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