Stadtgemeinde Wörgl
Hitzige Debatte um Einblicke in Finanzunterlagen

Im Wörgler Gemeinderat enthielten sich sechs Mandatare beim Beschluss zur Jahresrechnung. Zu viele Fragen seien offen, so deren Begründung. | Foto: Christoph Klausner
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  • Im Wörgler Gemeinderat enthielten sich sechs Mandatare beim Beschluss zur Jahresrechnung. Zu viele Fragen seien offen, so deren Begründung.
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Bei der Gemeinderatssitzung wurde der Jahresrechnung für 2021 mehrheitlich zugestimmt. "Wir für Wörgl" und die Grünen enthielten sich, da ihnen gewisse Unterlagen verwehrt blieben. 

WÖRGL. Wie steht es um die Finanzen der Stadtgemeinde Wörgl? Darüber sollte die Jahresrechnung 2021, welche bei der Gemeinderatssitzung am Dienstag, dem 5. April zur Genehmigung vorgelegt wurde, Aufschluss geben. Den Ergebnishaushalt konnte man mit einem Plus von rund 1,2 Millionen Euro abschließen. Die Geldflüsse führten unterm Strich zu einem Anstieg der liquiden Mittel von rund 2 Millionen Euro. Laut Antrag sei dies geplant gewesen, um Projekte wie den Ankauf der Kinderkrippe oder auch eine Verkehrsberuhigung im südlichen Teil der Bahnhofstraße umsetzen zu können. Auch die Fremdverschuldung konnte im Vergleich zum Vorjahr um rund 1,2 Millionen Euro reduziert werden - der Verschuldungsgrad liegt somit bei rund 18 Prozent, was einer eher niedrigen Verschuldung entspricht. Im 5-Jahres-Vergleich lässt sich erkennen, dass das Barguthaben um rund 5,4 Millionen Euro angewachsen ist, im Gegensatz dazu stieg die Summe der Darlehen nur um 4,3 Millionen Euro an. Dies sei im Bezug auf die getätigte Investitionen (z. B. das neue Feuerwehrhaus oder die Landesmusikschule) und schwierigen Corona-Jahren durchaus "bemerkenswert", so Riedhart.

Finanzlage unterschiedlich interpretiert

Die bloßen Zahlen wurden allerdings unterschiedlich interpretiert. Dies zeigte auch die anschließende Debatte. Wörgl habe liquide Mittel pro Kopf von circa 1.000 Euro, der tirolweite Durchschnitt liege bei rund 500 Euro. Daraus lasse sich ableiten, dass die Stadt in den letzten Jahren beinahe "kaputt gespart" wurde, so Wörgls zweiter Vizebürgermeister Roland Ponholzer. Es brauche nun Investitionen in vielen Bereichen. Die Kommunalsteuerentwicklung sei ebenfalls "nicht zufriedenstellend". SR Christian Kovacevic ist anderer Meinung. Es würden viele Projekte auf die Stadt zu kommen, daher begrüße er die Tatsache, dass genügend liquide Mittel vorhanden sind.

"Man darf jetzt nicht den Fehler machen, zu sagen, dass wir in Geld schwimmen",

so Kovacevic, der die Stadtfinanzen als solide betrachtet.

SR Christian Kovacevic (Mitte) sieht die Gemeindefinanzen auf "soliden Beinen". | Foto: Christoph Klausner
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"Von transparenter Politik noch weit weg"

Der Beschlussvorschlag für den Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt sowie für den Jahresabschluss inklusive Kassenbestand wurde mehrheitlich angenommen. "Wir für Wörgl" und die Grünen enthielten sich allerdings. Grund dafür sei der Umstand, dass man keine Einblicke in gewisse Finanzgebarungen erhalten habe, so Ponholzer. Ausgangspunkt war die  "Wergel AG", in welche 974.000 Euro seitens der Stadt eingezahlt wurden. Die Bitte um Einblick sei an die Finanzabteilung gegangen, Gespräche darüber habe es ebenfalls gegeben. Die Unterlagen seien allerdings nach Abstimmungen zwischen Finanzleitung und Stadtamtsdirektion doch nichts offengelegt worden. Die BH habe Ponholzer auf Anfrage mitgeteilt, dass neu gewählten Gemeinderäten, welche in der vorherigen Periode noch nicht im Gemeinderat waren, keinen Einblick in Unterlagen, welche die letzte Periode betreffen, erhalten können. Für Ponholzer gibt es hierbei allerdings einen Haken. Seiner Meinung nach gehe es bei der Stadtholding auch um Dauerschuldverhältnisse wie beispielsweise Miet-, Leasing-, Versicherungs- und Baurechtsverträge, welche genauso Einfluss auf die jetzige Periode nehmen werden. 

"Es befremdet mich schon sehr, wenn man als Vizebürgermeister diese Informationen nicht erhält und gleichzeitig aber abstimmen soll.

so Ponholzer, der hier eine Klärung seitens der Stadtamtsdirektion einfordert. Für ihn gebe es zudem Hinweise, dass Verträge in der Vergangenheit nicht ordentlich abgewickelt worden sind. 

Vize-Bgm. Roland Ponholzer war alles andere als begeistert. Um den Jahresabschluss beurteilen zu können, brauche man Einblick in die Wergel AG, so sein Standpunkt. | Foto: Christoph Klausner
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"Wir hatten gestern eine Sitzung und ich muss sagen mir hat's die Haare aufgestellt wie in unserer Stadt Verträge gestaltet worden sind. (...) Von transparenter Politik sind wir in dieser Gebarung momentan noch weit weg - ich hoffe, dass sich dies in der jetzigen Periode ändert,"

schließt Ponholzer.

Streit um Aktenvermerk

Stadtamtsdirektor Philipp Ostermann-Binder widerspricht vehement, dass das Amt Unterlagen nicht herausrücke bzw. Verträge nicht ordnungsgemäß abgeschlossen werden. Er bezieht sich auch auf einen Aktenvermerk zu geführten Gesprächen mit Ponholzer. Darin seien mehrere Punkte vermerkt, keiner davon beziehe sich aber auf Fragen zur Jahresrechnung. 

"Es gibt eine Reihe von Wünschen, sich ausgelagerte Unternehmen, wie z. B. das Gesundheitszentrum, die 'komm!unity', das Wave etc. im Detail anzuschauen. Hier wurden Unterlagen angefordert. Das ist grundsätzlich rechtmäßig, das kann man machen. Wir müssen allerdings schon prüfen, ob eine entsprechende Herausgabe von Unterlagen zulässig ist", 

so Ostermann-Binder, der sich auf die Tiroler Gemeindeordnung (TGO) bezieht. Dort stehe genau, welche Informationen Mandatare erhalten dürften. Unterlagen zu selbstständigen Unternehmen könne man nicht weitergeben. Akteneinsicht würde weiters nur bestehen, wenn ein Verhandlungsgegenstand in der Sitzung vorliege. Pauschal alles einzusehen sei aus rechtlicher Sicht zurückzuweisen.

Stadtamtsdirektor Philipp Ostermann-Binder musste Rede und Anwort stehen. | Foto: Christoph Klausner
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"Wir müssen uns an das Recht halten und können nicht tun was wir wollen",

fährt der Stadtamtsdirektor fort. Der Überprüfungsausschuss hingegen könne diese anfordern, um seiner Kontrollfunktion nachzukommen. Der Vizebürgermeister sei allerdings laut TGO vom Überprüfungsausschuss ausgeschlossen. 

"Unterstellen Sie mir bitte nicht, dass ich etwas Unrechtmäßiges holen will. Wir benötigen aber Unterlagen, um die Jahresrechnung beurteilen zu können", 

entgegnet Ponholzer. Die Aktennotiz kenne er nicht, er hätte diese allerdings gerne vorgelegt bekommen, bevor man sich öffentlich darauf bezieht. Im Gegenzug verweist Ponholzer auf ein Email, das bezeugt, dass es seinerseits eine Anfrage auf Unterlagen gegeben hat, und andererseits darlegt, dass man seitens der Stadt die Übermittlung von Unterlagen noch prüfe. Die Zeichen deuten daraufhin, dass diesbezüglich noch weitere Diskussionen stattfinden werden. 

Auch für die Grünen mit Özlem Harmanci (2.v.l.) und Fraktionsführerin Iris Kahn (3.v.l.) gibt es noch Diskussionsbedarf rund um den Jahresabschluss. Zu undurchsichtig sei das Konstrukt "Wergel AG", daher enthielten sie sich beim Beschluss. | Foto: Christoph Klausner
  • Auch für die Grünen mit Özlem Harmanci (2.v.l.) und Fraktionsführerin Iris Kahn (3.v.l.) gibt es noch Diskussionsbedarf rund um den Jahresabschluss. Zu undurchsichtig sei das Konstrukt "Wergel AG", daher enthielten sie sich beim Beschluss.
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Liebhaberei-Betrieb

"Wir haben noch etliche Fragen zur Wergel AG. Das ist für uns noch ein recht undurchsichtiges Konstrukt",

so begründet GR Iris Kahn von den Grünen ihre Enthaltung bei der Jahresrechnung. Gegen Ende der Sitzung hin konnte Kahn nachhaken. Woher komme das Grundkapital von 970.000 Euro? Das Grundkapital von 70.000 Euro stammt aus dem Gründungszuschuss, die restlichen 900.000 Euro seien als Startzuschuss zu sehen, welche binnen von 10 Jahren zurückzubezahlen sind, klärt Ostermann-Binder auf. Eine korrekte Ausweisung, sprich die Unterscheidung von Grundkapital und Startzuschuss könne man vornehmen. 

"Und warum wurde das Wave nicht in die Wergel AG eingegliedert?",

so die nächste Frage der Grünen Mandatarin. Ihrer Meinung nach müsse der Verlust von rund 5,5 Millionen Euro aus der Wave-Gesellschaft  in die Wergel AG integriert werden, da dies zur Steuersenkung beitragen könnte. Man habe das Konzern-Modell mit vielen Experten ausgearbeitet. Ziel der Wergel AG sei es, die Steuerausgaben zu senken, gewisse Bereiche zu entpolitisieren und die Steuerung bzw. das Management zu vereinheitlichen, erläutert der Stadtamtsdirektor. Die Generalversammlung der Wave-Gesellschaft habe damals beschlossen, dass die Geschäftsführung eine Liquidation prüfen soll. Dieser Prozess laufe noch. Da sich die politischen Umstände nun allerdings geändert habe, gehe er davon aus, dass es zu keiner Liquidation mehr komme. Das Wave wurde allerdings vor einiger Zeit zu einem "Liebhaberei-Betrieb" (Begriff aus dem Steuerrecht: nicht profitorientiertes Unternehmen, Anm. d. Red.) wurde. Das sei der Grund, warum man die Verluste nicht in die Wergel AG integrieren könne. Eine Neugründung einer Wave-Gesellschaft wäre möglich, vorher müsse man allerdings abwarten, ob es nun zur Liquidierung komme. 
Übrigens: Nicht alle Schwimmbäder sind "Liebhaberei-Betriebe". Das Atoll am Achensee oder das Schwimmbad in Fügen sind laut Stadtamtsdirektor als profitorientiert einzuordnen.

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