"Eine Fantasie"
WK träumt vom eigenen "Bezirks-Google" für Unternehmen und Kunden

"Warum soll ein Lkw, der von Hamburg nach Italien fährt in Wörgl auf die Rollende Landstraße und in Trient wieder auf die Straße? Das ist doch unsinnig. Wir wollen Infrastruktur zur Verlagerung, damit nur noch die erste und die letzte Meile per Lkw gefahren werden muss", so Walser.
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  • "Warum soll ein Lkw, der von Hamburg nach Italien fährt in Wörgl auf die Rollende Landstraße und in Trient wieder auf die Straße? Das ist doch unsinnig. Wir wollen Infrastruktur zur Verlagerung, damit nur noch die erste und die letzte Meile per Lkw gefahren werden muss", so Walser.
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

Beinah schon als Think-Tank sehen die Funktionäre die Wirtschaftskammer (WK) im Bezirk. In Arbeitsgruppen wollen sie sich Problemfeldern wie Fachkräftemangel, Innovation, Mobilität und Regionalität widmen. Einige erste Denkansätze dazu gehen an der Ist-Situation und am Zeitrahmen bis 2025 aber teils weit vorbei. Mit Blick auf die erfolgreichen Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten der vergangenen Jahre will die WK nun neue Impulse für die kommenden fünf Jahre setzen.

BEZIRK KUFSTEIN (nos). "Wir entwickeln uns langsam zu einer Art Ideenwerkstätte für den Bezirk", erklärt WK-Bezirksobmann Martin Hirner nicht ohne Stolz mit Blick auf Arbeitsgruppen und Workshops mit Unternehmern, Institutionen und Behörden. Daraus entstünden immer wieder innovative Ansätze und Ideen, so der Obmann. 

"Bezirks-Google" und digitale "Markthalle"

Ein "Bezirks-Google" möchte die WK in Angriff nehmen, geht es nach den ersten Diskussionen im Workshop zum Thema Regionalität. "Das ist noch eine Fantasie", sagt Bezirksobmann Martin Hirner dazu. Ziel solle sein, dass Kunden über eine zentrale Plattform alle notwendigen Informationen und Kontakte zu heimischen Unternehmen bekommen, möglichst unkompliziert, nach dem Prinzip des Suchmaschinen-Giganten.

Auf Nachfrage der BEZIRKSBLÄTTER, ob es nicht zielführender sei, die vorhandenen Plattformen und Möglichkeiten professioneller zu nutzen, räumt er, ebenso wie Bezirks-GF Peter Wachter und WK-Präsident Christoph Walser ein, dass es bei vielen Unternehmen, auch im Bezirk Kufstein, noch an gröberen "Basics" mangle, was die digitale Webpräsenz, Email-Bearbeitung und ähnliches angeht. Hier müsse zuallererst unterstützt werden.

Eine weitere, für die WK "denkbare" Idee, sei eine "Markthalle für den Bezirk". Die beschreiben Hirner und Wachter als "Plattform", es solle eher kein Bau werden, also keine Halle im strengen Sinn. Näher gingen die Funktionäre bei ihrer Zukunftsvision für Wirtschaftsimpulse von 2020 bis 2025 nicht darauf ein, es seien eben Ideen.
Sicherlich notwendig sei auch eine "Schulung der Anbieter", das wissen Walser, Wachter und Hirner unisono: "Den Großen, wie Stihl oder Sandoz brauchen wir bei der Digitalisierung sicher nicht zu helfen, aber den Kleinen und mittleren Unternehmen muss man unter die Arme greifen."

Tirols WK-Präsident Christoph Walser schlägt die Brücke zwischen Regionalität und Digitalisierung und sieht in diesem breiten Themenfeld natürlich Chancen und Risiken:

"Wir schaffen es mit Digitalisierung jene Arbeiten, die auf gut deutsch scheiße sind, die anstrengend sind, zu automatisieren. Das ist die größte Chance, denn daraus entstehen neue, hochwertige Arbeitsplätze. Aber der Wandel ist nicht überall gut."

Eine Regionalwährung, wie sie im bayerischen Chiemgau als "Schwundgeld" seit Jahren erfolgreich Kaufkraft in der Region hält, wäre ein spannender Ansatz, meint GF Wachter von den BEZIRKSBLÄTTERN auf ein aktuell startendes "Euregio Inntal"-Projekt angesprochen – den Beitrag dazu finden Sie hier. Zweifel lasse allerdings das rechtliche Umfeld aufkommen, das dafür nötig sei.

Umdenken bei Mobilität im Bezirk – für Güter & Personen

Auch das Thema Mobilität ist ein vielschweifiges, mit dem sich die WK auf Landes- und Bezirksebene auseinander setzen muss. "Wir wollen hier mit neuen Ideen kommen", sagt Walser und verweist auf regelmäßige Sitzungen mit Vertretern der Tiroler Landesregierung. Er stellt offen die Frage, ob das Verkehrsaufkommen auf und entlang der Inntal-Brenner-Achse tatsächlich vom Transit dominiert wird, oder hier nicht auch vieles hausgemacht sei, im Güter wie im Personenverkehr. Zumeist pocht er dabei aber auf Lösungen auf europäischer Ebene, etwa was die Verlade-Infrastruktur, also Güter-Terminals, als Schnittstelle zwischen Straße und Bahn angeht:

"Warum soll ein Lkw, der von Hamburg nach Italien fährt in Wörgl auf die Rollende Landstraße und in Trient wieder auf die Straße, das ist doch unsinnig. Wir wollen Infrastruktur zur Verlagerung, damit nur noch die erste und die letzte Meile per Lkw gefahren werden muss. Solche Terminals brauchen wir in ganz Europa, in Umkreisen von etwa allen 400 Kilometern. Es braucht hier eine europäische Lösung, und zwar dringend!"

In Sachen Transitverkehr könne sich Walser auch eine Wiedereinführung der Alpen-Transitbörse mit 1,5 Millionen Lkw-Fahrten als Maximalkontingent vorstellen. "Der Rest muss dann auf jeden Fall auf die Schiene", so Walser. Auch das "geht eigentlich nur auf europäischer Ebene", weiß der Tiroler WK-Präsident.

Was die aktuelle Verkehrsbelastung im Großraum Kufstein angeht, glaubt Walser "an die versprechen von Sebastian Kurz und Landeshauptmann Platter" mit Blick auf einen Antrag der VP im Nationalrat, über den kommende Woche abgestimmt werden soll – den Beitrag dazu finden Sie hier. "Eine reine Bemautung der Bundesstraße macht am Ende nur alles teurer, aber bringt keinen einzigen Lkw von der Straße", so Walser. Er wolle "von Seiten der WK eine Lösung massiv vorantreiben", erklärt Walser weiter, "wenn du in Kufstein etwas ausliefern muss, ist das derzeit eine Katastrophe".

Im Bezirk will die WK mit Workshops und Neuerungen Initiativen setzen. Am Kick-Off einer Arbeitsgruppe der WK mit Manuel Tschenet, dem Mobilitätsbeauftragten der "Leader"-Region „KUUSK“ nahmen vor kurzem fünf Unternehmen teil. Hierbei ging es etwa um die Verbesserung von Öffi-Verbindungen für Pendler und die Verringerung von Pkw-Fahrten zu Betrieben. Mit der Plattform "i.ku", die im April des kommenden Jahres breiter aufgestellt werden soll, wolle man weitere Zeichen setzen. "Ein Innovationsberater im Unterland" sei besonders für die heimischen Unternehmen dringend notwendig, wie GF Wachter anmerkt.

Fachkräftemangel & Zuwanderung

In Sachen Fachkräftemangel hofft WK-Präsident Walser recht unverhohlen auf eine türkis-grüne Bundesregierung: "Wir hatten mit der letzten, der türkis-blauen Bundesregierung ein Problem mit dem Thema Zuwanderung und Rot-Weiß-Rot-Card was den herrschenden Fachkräftemagel angeht. Ich glaube tatsächlich, dass hier einige Probleme mit den Grünen leichter zu regeln sind, weil mit der FPÖ ist hier offen gesagt gar nichts gegangen."
Für Walser habe sich das Schreckgespenst grüner Politik mittlerweile auch bei den Unternehmern immer mehr in Gefallen aufgelöst. Das zeige auch nicht zuletzt eine Umfrage unter 1.200 Tiroler WK-Mitgliedern. Von ihnen wird das Problemfeld Klimawandel & Umwelt mittlerweile als drängender und ernster begriffen, als der Fachkräftemangel. Nur Steuerabgaben und Lohnnebenkosten seien noch wichtigere Themen, wie Walser resümiert: "Das Thema ist in der Wirtschaft angekommen. Es ist nicht mehr so, als wären die Grünen der Teufel."
Walser setzte sich bereits seit geraumer Zeit immer wieder dafür ein, dass Asylwerber, die aktuell einer Ausbildung in Tirol nachgehen, bei einem negativen Bescheid nicht einfach abgeschoben werden sollten.

Weitere Beiträge zum Thema Wirtschaftskammer im Bezirk Kufstein finden Sie hier.

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