Wenn sich Schüler ihren Arbeitstag selbst organisieren

Kreise statt Reihen: So gestaltet sich der Schulalltag in der Volksschule Hirten. | Foto: Konstantinov
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  • Kreise statt Reihen: So gestaltet sich der Schulalltag in der Volksschule Hirten.
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Am 11. und 12. Juni findet in der Grazer Seifenfabrik die "Freiräume (Un)Conference" statt, Österreichs größte Veranstaltung zu neuen Organisations- und Arbeitsformen. Einer der Schwerpunkte wird dabei auch das Thema Bildung sein. Doch wie passen neue Organisationsformen und Schulbetrieb zusammen?

Wenn Lehrer aufzeigen müssen

Genau das haben wir uns in der Volksschule Hirten beim Fröblpark angesehen, wo Tanja Knaß und Gert Wampera gemeinsam eine mehrstufige Volksschulklasse (1. bis 4. Schulstufe) leiten. Wobei: Ganz stimmt das nicht. Denn bei unserem "Lokalaugenschein" hat eine resolute junge Dame (7 Jahre alt) das Zepter in der Hand. Sie ist in dieser Woche mit der Leitung beauftragt – so wie jeder in dieser Klasse seine (Wochen-)Aufgabe hat. Da gibt es eine Zeitwächterin genauso wie jemanden, der für den Jausenraum, das Kehren, die Tafel und Pflanzen oder für die Bücherei zuständig ist. Auch die Lehrer haben durchaus ihre Aufgaben – allerdings müssen sich, wie alle anderen auch, per Handzeichen zu Wort melden, wenn sie etwas beitragen wollen.
Der Tagesablauf selbst hat einen klaren Rahmen, in dem sich die Kinder aber sehr frei bewegen können. Dem gemeinsamen "Ankommen" in der Früh folgt die Anwesenheitsüberprüfung (ebenfalls durch eine Schülerin), mit zwei Liedern startet man in den Tag, danach wird gemeinsam das Arbeitsprogramm für den Tag beschlossen.
"Die Kinder verlassen die Volksschule mit den gleichen Kenntnissen und dem gleichen Wissen wie Kinder im Regelbetrieb", zerstreut Gert Wampera aufkommende Zweifel. Einzig mit dem "Frontalunterricht" hätten die Absolventen der VS Hirten in höheren Schulen zum Start so ihre Problemchen. Vieles davon würden sie aber mit ihrer mitgebrachten Sozialkompetenz wieder wettmachen.

"Mehrstufigkeit ist die Zukunft"

Das Modell basiert übrigens auf der "Freinet-Pädagogik". Statt der Schulbücher bilden die Lebenswelten der Kinder den Ausgangspunkt für die Lernprozesse, jedes Kind übernimmt mehr Verantwortung für sein eigenes Tun. Lernen wird so nicht zum Zwang, sondern zu einem selbstverständlichen gemeinsamen "Projekt". Wampera ist sowohl von diesem Modell als auch von der mehrstufigen Schulklasse überzeugt: "Ich denke, dass dies die Zukunft des Schulbetriebs sein wird." Denn es zeige sich immer wieder, dass Kinder gleichen Alters nicht zwingend auf dem gleichen Level sind. In der Mehrstufigkeit könne das gut ausgeglichen werden, die Schüler würden sich auf ihrem Weg bestens unterstützen.
Resümee: Blickt man in den Sitzkreis der Schülerinnen und Schüler, sieht man ihre Aufmerksamkeit, ihre Bereitschaft mitzuwirken – dann ist man relativ überzeugt davon, dass sich die großen Schulreformer in der Politik dieses kleine Pilotprojekt gut anschauen sollten ...
Neugierig geworden? Mehr von solchen "Pionieren der Organisation gibt es bei den Freiräumen am 11. und 12. Juni, Infos dazu auf Freiräume

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