Kein Beweisverfahren
Erster Ischgl-Prozess geschlossen – Urteil ergeht schriftlich
ISCHGL (otko). In der Causa Ischgl wurde am Landesgericht für Zivilrechtssachen der erste Prozess verhandelt. Hinterbliebene eines an Covid-19 verstorbenen Ischgl-Urlaubers fordern von der Republik 100.000 Euro Schadensersatz. Das Urteil ergeht schriftlich. Weitere Verhandlungen in dieser Causa finden ab 27. September statt.
Enormes Medieninteresse
Unter großem Medieninteresse aus dem In- und Ausland ist am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien der erste Prozess in der Causa Ischgl über die Bühne gegangen. Verhandelt wurde dort eine Amtshaftungsklage. Die Witwe und der Sohn eines Urlaubers fordern von der Republik rund 100.000 Euro Schadensersatz. Der 72-Jährige österreichische Journalist war Anfang März in Ischgl und verstarb kurze Zeit später an Covid-19. Laut den Angehörigen soll er sich bei der chaotischen und überstürzten Abreise nach der Quarantäne-Verhängung über den Skiort im Bus mit dem Coronavirus angesteckt haben. Die Hinterblieben werden vom Verbraucherschutzverein (VSV) unterstützt – dieser hat auch die Klage eingebracht. Gegenüber der APA sagte im Vorfeld der Sohn des an Covid-19 verstorbenen Mannes, dass es der Familie nicht um das Geld, sondern um Gerechtigkeit gehe. Sollte es zu einer Zahlung kommen, werde er die Summe spenden.
Finanzprokuratur bestreitet Vorwürfe
Die Vorwürfe wurden von der Finanzprokuratur als Rechtsanwalt der Republik bereits in der Klagebeantwortung bestritten. Zudem heißt es, dass etwa ein Allein- bzw. Mitverschulden aufgrund von "Sorglosigkeit" der Kläger geprüft werden müsse. Ein Argument lautet, dass schon seit Ende Februar die ersten Infektionen in Tirol bekannt gewesen waren und die Infektionszahlen im benachbarten Italien angestiegen waren.
"Dem Kläger mussten die mit dem Covid-19-Virus verbundene epidemiologische Gefahr und die Gefährlichkeit des Covid-19-Virus bekannt gewesen sein" – dennoch habe er sich dazu entschieden, nach Ischgl zu reisen."
Mit diesen Argumenten lehnte die Finanzprokurator im Vorfeld auch einen Vergleich ab – die BEZIRKSBLÄTTER berichteten.
Kein weiteres Beweisverfahren notwendig
Die erste mündliche Verhandlung am Landesgericht für Zivilrechtssachen ging am Freitag aber ohne Entscheidung zu Ende. Für die Richterin war kein weiteres Beweisverfahren notwendig, da schlicht Rechtsfragen zu beantworten seien. Sie entscheidet nun, ob hier eine Amtshaftung gegeben wäre. Die Entscheidung wird schriftlich ergehen. Falls dies der Fall sein sollte, wird in einem weiteren Teil des Verfahrens die Höhe des Schadensersatzes ermittelt.
Weitere Verhandlungen in dieser Causa finden im Zeitraum 27. September bis 7. Oktober statt.
Bis zu 3.000 Ansprüche gegen die Republik
Laut dem VSV liegen weitere 15 Klagen bei Gericht, rund 40 Aufforderungsschreiben bei der Finanzprokuratur und rund 60 Fälle warten auf die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherungen. Die Klagen mit Rechtsschutzversicherungen werden derzeit auf Belgien, Niederlande, Großbritannien und Schweiz ausgeweitet. In Österreich lehnen Rechtsschutzversicherer wegen der „Pandemieklausel“ ab, obwohl das OLG Wien solche Klauseln für gesetzwidrig erklärt hat. Damit auch Geschädigte ohne Rechtsschutzversicherung risikolos klagen können, verhandelt der VSV mit Prozessfinanzierern.
„Ich schätze, dass letztendlich bis zu 3.000 Ansprüche an die Republik gestellt werden und der VSV auch Sammelklagen nach österreichischem Recht einbringen wird,“
sagt Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereines.
Mehr News aus dem Bezirk Landeck: Nachrichten Bezirk Landeck
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.