Morgen vielleicht im Rollstuhl

Lebenshilfe-GF Manfred Pracher führt vor Augen: "Wir könnten morgen schon im Rollstuhl sitzen." | Foto: KK
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Die Stadt Leibnitz hat einen guten Ruf,  was das Leben mit behinderten Menschen betrifft.

Die Lebenshilfe Leibnitz existiert seit 40 Jahren im Bezirk. "Wir haben viele Mitarbeiter, die von Anfang an dabei sind. Darauf bin ich ganz stolz. Wir haben eine Fluktuation von einem Prozent, was in diesem Bereich hervorragend ist, und somit haben wir bereits über 70 Prozent Menschen 50+ als Mitarbeiter", verkündet Manfred Pracher, Geschäftsführer der Lebenshilfe Leibnitz, mit Stolz. "Wir haben in den letzten Jahren vielen älteren Mitarbeitern im sozialen Bereich eine Chance geboten, um einen Wiedereinstieg nach langen Berufspausen zu schaffen. Große Firmenpleiten hatten die Region in den letzten Jahren erschüttert. Diese Aktion 2020 bietet eine Chance, tatsächlich in Würde und mit Respekt arbeiten zu dürfen. Im Bewusstsein der Bevölkerung ist stark merkbar, dass es nicht eine Pflicht, sondern ein Recht ist. Und dieses Recht sollte und muss es auch für Menschen mit einer Behinderung geben", fordert Pracher.
"Wir schaffen solche trägereigenen Betriebe wie das Bahnhofscafé nur deswegen, um die Leute firm zu machen, dass sie – und sei es nur einige Stunden in der Woche – teilhaben können an diesem Recht, arbeiten zu dürfen. Arbeiten dürfen heißt ja auch, für das Selbstbewusstsein einen enormen Fortschritt zu haben."
Pracher betont: "Die Zeit, wo Menschen mit einer Behinderung irgendwo aufbewahrt oder pseudobeschäftigt wurden, ist vorbei. Wir stehen nicht mehr dahinter. Gerade die Lebenshilfe in der Steiermark und in ganz Österreich ist hier Vorreiter für Inklusion als eine der ältesten Institutionen, die sich aus der Not vor mittlerweile 60 Jahren in der Steiermark gegründet hat. Eltern standen plötzlich vor der Situation, was geschieht mit dem behinderten Kind nach den damaligen Sonderschulen."
Die Lebenshilfen sind in Österreich, insbesondere in der Steiermark, autonom und großteils noch als Vereine geführt – eine Besonderheit. "Wir partifizierten sehr stark von den wirtschaftlichen Erfolgen in den Regionen. Viele Häuser und Einrichtungsgegenstände, Werkmaterialien mussten wir aus Spendenmitteln erwirtschaften, und das geht nur, wenn es den Leuten gut geht. Die Lebenshilfe im Bezirk Leibnitz betreut zurzeit rund 270 Jugendliche und erwachsene Menschen mit einer Behinderung. Nicht nur in den (teil-)stationären Bereichen, sondern auch in mobilen Bereichen. Das ist auch die Nachhaltigkeit, die wir anstreben, um die anfallenden Kosten auch in Zukunft noch leisten zu können. Alle wunderschönen Projekte scheitern meistens schlussendlich am Geld. Ganz eng ist die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Leibnitz, danke. Wir sind nicht umsonst nach Leibnitz übersiedelt, die Gemeinde Leibnitz war immer ein starker Partner der Lebenshilfe. Sie hat auch Arbeitsmöglichkeiten eröffnet, wir sind aufgenommen worden. Das ist nicht in jeder Gemeinde so. Fast 40 Jahre in diesem Bereich, erlebe ich noch oft, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man mittendrin ist. In Leibnitz ist das der Fall, wo es lohnt, zu leben, zu arbeiten und alt zu werden", so Pracher.

Erreichbarkeit und Mobilität

Gerade in der Region Leibnitz, im grenznahen Bezirk und relativ weit verstreut, ist Infrastruktur eine Lebensader. "Nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für viele andere, z.B. junge Leute, die zunehmend auch auf ihr eigenes Auto verzichten wollen, weil sie aus Umweltschutzgründen umzudenken beginnen. Lebensadern gilt es zu erhalten. Vor allem ist dafür zu sorgen, dass barrierefreie Zugänge ermöglicht und geschaffen werden, nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für uns alle – für morgen, denn wir könnten alle morgen schon im Rollstuhl sitzen und davon abhängig sein, ob wir von A nach B kommen, ob wir in den Zug kommen oder nicht. Vielfach ist da noch einiges zu tun", sagt Pracher.

Lebenshilfe Leibnitz führt Kantine beim LKH Südsteiermark Standort Wagna
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