Topographie des Widerstands in der Steiermark. 1938–1945
Eisenerz: Ausstellung zum Widerstand in der Steiermark

- Rekonstruktionsmodell-KZ-Außenlager-Eisenerzvon Janika Döhr, Viktoriya Yeretska, Armin Zepic.
- Foto: Waltraud P. Indrist
- hochgeladen von Wolfgang Gaube
Studierende der TU Graz gestalteten eine Ausstellung über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus unter dem Titel „Topographie des Widerstands in der Steiermark. 1938–1945“. Zu sehen in Eisenerz (Theodor-Körner-Platz) von 18. bis 30. August.
EISENERZ, GRAZ. Wie hat der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der Steiermark ausgesehen? Wie in Graz, Leoben, Deutschlandsberg und Eisenerz? Die Erinnerungen an Akteure des Widerstands sind in der lokalen Bevölkerung kaum dokumentiert. Um auch diese Seite der österreichischen NS-Vergangenheit im Bewusstsein der Menschen zu verankern, haben Lehrende des Instituts für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften an der TU Graz ein besonderes Projekt initiiert. Unter Anleitung eines interdisziplinären Teams aus Zeithistorikern, Architekten und Kulturwissenschaftern sollten die Studierenden anhand von vier exemplarisch ausgewählten Orten in der Steiermark verschiedene Aspekte von Widerstandshandlungen dokumentieren. Zum 75-Jahre-Jubiläum der Befreiung Österreichs sind die Ergebnisse ihrer Recherche und Analyse in einer von ihnen kuratierten und gestalteten Ausstellung in Graz, Deutschlandsberg, Leoben und Eisenerz zu sehen.
KZ-Außenlager Eisenerz
Verschiedene Orte des Geschehens wurden mit den Mitteln der forensischen Architektur rekonstruiert und eine "Topographie des Widerstands" erstellt. Den Methoden der forensischen Architektur folgend gelang es den Studierenden, erstmals die genaue Lage des KZ-Außenlagers Eisenerz zu ermitteln und die Ausmaße einzelner Gebäude zu rekonstruieren.
Die Basis dafür lieferten unter anderem Berichte und Skizzen des ehemaligen KZ-Häftlings und Überlebenden Jan Otrebski sowie historische Luftbildaufnahmen und Konstruktionszeichnungen von Baracken. Überdies recherchierten sie einzelne Biografien der im KZ Eisenerz inhaftierten Menschen, die wegen ihrer Religion, Waffenschmuggels, Spionage oder der Rettung von Gefangenen aus der Résistance, aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei oder diverser Widerstandshandlungen dort interniert worden waren.
Wechselnde Inhalte
Die Ausstellung selbst setzt sich aus Displayobjekten zusammen, die – räumlich aufgefaltet – einen Außen- und einen Innenraum der Ausstellung erzeugen. Der Innenraum zeigt an jedem Ausstellungsort wechselnde Inhalte zum jeweiligen Widerstand vor Ort; der Außenraum gibt einen allgemeinen Einblick in das Thema des Widerstands in der Steiermark zwischen 1938–1945. Diese allgemeine Dokumentation wurde von den Studierenden Ema Drnda, Thomas Lienhart und Lung Peng erarbeitet. Sie dokumentieren vielfältige Formen von Widerstandshandlungen, die sowohl von einzelnen Personen als auch in Gruppen organisiert geleistet wurden. Die Widerstandsakte reichen dabei von zivilem Ungehorsam und individueller Verweigerung über die Verbreitung von Flugblättern bis hin zu Sabotageakten und bewaffnetem Widerstand. Anhand der durchgeführten Auswertungen der vom Volksgerichtshof Graz ausgesprochenen Strafen wird ebenfalls ersichtlich, dass für die gleichen Vergehen von der NS-Justiz sehr unterschiedliche Strafen verhängt wurden.
18. bis 30. August in Eisenerz
Die Ausstellung mit einem Schwerpunkt zum KZ-Außenlager Eisenerz ist von 18. bis 30. August in Eisenerz am Theodor-Körner-Platz zu sehen. Coronabedingt wir die Ausstellung zwar ohne offizielle Veranstaltung eröffnet werden, aber die Kuratorinnen und Kuratoren melden sich mit einer kurzen Audio-Einführung zu Wort. Mehr dazu auf der Institutsseite: akk.tugraz.at.
Die Audio-Einführung kann auch in der Ausstellung durch Einscannen des QR-Codes auf das Display abgerufen werden.
Historischer Hintergrund
Am 15. Juni 1943 beginnt mit einem Transport von 400 polnischen KZ-Häftlingen von Gusen nach Eisenerz die dokumentierte Geschichte des Konzentrationslagers Eisenerz im Gsollgraben, einem Außenlager des KZ Mauthausen. Bis zum Frühjahr 1945 starben dort mindestens 126 Häftlinge. Die Wachleute des KZ-Außenlagers Eisenerz mussten sich wegen ihrer Verbrechen nie in einem Prozess verantworten; am Schauplatz im Gsollgraben erinnert heute nichts mehr an das KZ-Außenlager. Die Studierenden Janika Döhr, Viktoriya Yeretska sowie Armin Zepic lokalisieren und rekonstruieren in der Ausstellung erstmals das KZ-Außenlager Eisenerz mit Hilfe von Aussagen und Skizzen des ehemaligen Häftlings und Überlebenden Jan Otrebski sowie anhand zusätzlicher Originaldokumente.
„Ich hatte noch einen Freund, den Lagerältesten [Ludwig Lach], einen Österreicher. [...] Er half mir, schützte mich vor Repressionen seitens des Lagerführers, der die Zeugen hasste und unser größter Feind war.“ – Jan Otrebski, KZ-Häftling im Außenlager Eisenerz
Am 15. Juni 1943 beginnt mit einem Transport von 400 polnischen KZ-Häftlingen von Gusen nach Eisenerz die dokumentierte Geschichte des Konzentrationslagers Eisenerz im Gsollgraben, einem Außenlager des KZ Mauthausen. Bis zum Frühjahr 1945 starben dort in Folge der Arbeitsbedingungen und der Misshandlungen durch die SS innerhalb dieser beiden Jahre mindestens 126 von 676 Häftlingen. Diese Todesfälle sind urkundlich belegt.
Gegen die Wachleute des KZ-Außenlagers Eisenerz ist es nie zu einem Prozess wegen ihrer Verbrechen gekommen und am Schauplatz im Gsollgraben erinnert heute nichts mehr an das KZ-Außenlager.
Die Studierenden Janika Döhr, Viktoriya Yeretska sowie Armin Zepic lokalisieren in der Ausstellung zum einen erstmals die konkrete Lage des KZ-Außenlagers Eisenerz im Gsollgraben und erstellen ein Rekonstruktionsmodell des Lagers. Diese Verortung und Rekonstruktion wurden mit den Mitteln der forensischen Architektur erstellt; hierzu wurden Skizzen und Aussagen des ehemaligen Inhaftierten und Überlebenden Jan Otrebski sowie zusätzliche Originaldokumente wie Luftbilder der Alliierten und historische NS-Baupläne von Lagern ausgewertet.
Zum anderen haben Döhr, Yeretska und Zepic es sich zur Aufgabe gemacht, die Biographien von weiteren Inhaftierten des KZ-Außenlagers Eisenerz zum ersten Mal zu recherchieren, zu dokumentieren und damit Grundlagenforschung zu betreiben. Damit geben die Studierenden einen ersten Einblick in das Leben von in Eisenerz inhaftierten Menschen, die wegen ihrer Religion, dem Widerstand in der kommunistischen Partei, Waffenschmuggel, Spionage, der Rettung von Gefangenen in der „Résistance“ oder wegen „staatsgefährdenden marxistischen Bestrebungen“ von den NationalsozialistInnen verfolgt wurden.
tz


Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.