Nachgefragt bei Doris Lang
Krisen erhöhen den psychischen Druck
Angesichts der vielen Krisen, die uns in den letzten Jahren begegneten, nimmt auch der psychische Druck in der Bevölkerung zu. Doris Lang vom Institut für Familienberatung und Psychotherapie mit Regionalstelle in Leoben weiß, was Kinder und Erwachsene belastet.
LEOBEN. Die vergangenen Jahre waren geprägt von Krisen: Angefangen bei der Corona-Pandemie, über den Krieg in der Ukraine bis hin zur Teuerungswelle, die uns aktuell fest im Griff hat. Kein Wunder, dass die psychische Gesundheit für immer mehr Menschen zum Thema wird – und das fängt schon bei den Kleinsten an: "Wo wir das ganz stark merken, ist bei Kindern und Jugendlichen, die teils unter massiven Ängsten leiden", berichtet Doris Lang, die organisatorische Leiterin des Instituts für Familienberatung und Psychotherapie mit Regionalstelle in Leoben.
Angefangen habe dies während der Corona-Pandemie, als durch das Homeschooling plötzlich der Austausch mit den Schulkollegen wegfiel, und die Isolation große Ängste entstehen ließ. Auch der Ausbruch des Krieges ging nicht spurlos an den Kleinsten vorbei, wie die diplomierte Ehe-, Familien- und Lebensberaterin weiß. Fragen wie, "Kommt der Krieg auch zu uns?" tauchten auf, und ließen Kinder nachts nicht schlafen. Auch die Teuerungen würden derzeit unzählige Familien treffen und zur Belastungsprobe werden. "Da kommen Paare zu mir, deren monatliche Kreditrate sich plötzlich um 700 Euro erhöht hat", so Lang.
Offen und ehrlich miteinander kommunizieren
Mit derartigen Herausforderungen konfrontiert, rät Doris Lang dazu, offen und ehrlich zu kommunizieren – auch und ganz besonders mit den eigenen Kindern. Für die Kleinen gehe es gar nicht so sehr um das Geld an sich, also "dass sich die Eltern gewisse Dinge nicht leisten können", ist Lang überzeugt. Schlimmer sei es, wenn keine Zeit für die Kinder bleibe, beispielsweise wenn die Mama oder der Papa aufgrund der finanziellen Situation dazu gezwungen sei, viele Stunden zu arbeiten.
"Die Zeit ist das größere Problem als das Geld – und das offene Ohr. Zeit heißt dabei nicht, gemeinsam am Küchentisch zu sitzen und jeder schaut in sein Handy, sondern wirklich miteinander reden und einander zuhören."
Doris Lang, diplomierte Ehe-, Familien- und Lebensberaterin
Kinder würden gerade in Zeiten wie diesen mehr denn je Sicherheit brauchen sowie jemanden, auf den sie sich verlassen können, weiß die diplomierte Ehe-, Familien- und Lebensberaterin.
Das tun, was einem gut tut
Generell rät die Expertin auch Erwachsenen dazu, gerade in Zeiten wie diesen, auf das eigene Wohlbefinden zu achten. "Es ist immer noch meine Entscheidung, ob ich mir negative Nachrichten reinziehe, oder ob ich vor die Tür gehe, und zum Beispiel eine halbe Stunde im Wald spazieren gehe", erklärt Lang. "Auch wenn es gerade richtig schlecht läuft, gibt es immer noch Personen oder Erlebnisse, von denen man zehren kann", appelliert Lang. Diese gelte es, für sich selbst zu finden.
Im Zweifelsfall solle man keine Scheu davor haben, um Unterstützung zu bitten. "Bei uns gibt es keine Alters- oder Themenbeschränkung – bei uns ist jeder willkommen", erklärt Lang und erzählt etwa von einer über 90-jährigen Frau, die jemanden zum Reden brauchte. Oft gehe es "nur" um dieses offene Ohr, das im privaten Umfeld fehle, bei wieder anderen seien mehr Termine nötig, um zur Wurzel des Problems vorzudringen. Bei Bedarf sei man auch sehr gut vernetzt, um im Zweifel an die richtige Stelle weiterzuvermitteln.
Kontakt:
Institut für Familienberatung und Psychotherapie
Homanngasse 7, 8700 Leoben
Mobiltelefon: 0676/ 8742-2606
E-Mail: leoben@beratung-ifp.at
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