Gemeinden mit dem Rücken zur Wand
"Es geht sich schlichtweg nicht mehr aus"

Die Gemeinden, so wie auch Kindberg, kämpfen mit stark steigenden Ausgaben und stagnierenden Einnahmen. | Foto: Hackl
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Die Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Der Kindberger Bürgermeister Christian Sander weiß das an sehr anschaulichen Beispielen zu erörtern.

BRUCK-MÜRZZUSCHLAG. Die Ausgaben steigen rapide, die Einnahmen stagnieren beziehungsweise werden langsam weniger. Dieser bitteren Erkenntnis haben sich die Gemeinden gerade jetzt in Zeiten der Budgeterstellung zu stellen. Die Folge: der Handlungsspielraum der Gemeinden schwindet, Investitionen sind nicht umsetzbar, die notwendigen Sparpakete bekommt die Bevölkerung zu spüren. Gemeindeförderungen für Vereine und Organisationen werden zurückgefahren, traditionsreiche Veranstaltungen können nicht mehr durchgeführt werden.

Der Kindberger Bürgermeister Christian Sander mit Feuerwehrkommandant Christian Deschmann. Das Rüsthaus der Stadtfeuerwehr sollte neu gebaut werden. | Foto: BFVMZ/FF Kindberg
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Der Kindberger Bürgermeister Christian Sander gibt Einblick in die Budgeterstellung einer Stadtgemeinde. "Wir schaffen kein ausgeglichenes Budget heuer. Um rund eine Million Euro geht es sich nicht aus, obwohl wir an allen Ecken und Enden sparen", so der Bürgermeister.

Allein bei den Energiekosten (Strom, Gas) hat Kindberg Mehrausgaben von einer Million Euro zu stemmen. Haben die Energiekosten im Jahr 2020 noch rund 500.000 Euro betragen, so ist für das Jahr 2024 mit rund 1,5 Mio. Euro zu kalkulieren.

Dramatisch auch die Kostensteigerungen bei der Sozialhilfeumlage – eine Pflichtabgabe, um die die Gemeinden nicht herum kommen: "Von 2018 bis 2024 gab es eine Kostensteigerung von mehr als 48 Prozent. Allein im Jahr 2024 liefern wir 3,5 Millionen Euro an Sozialhilfeumlage ab."

Sieht man Kostensteigerungen von 48 Prozent als dramatisch an, wie soll man Steigerungen von 600 Prozent benennen? "Die Darlehensrückzahlungen bewegen sich bei uns durch die Zinserhöhungen in diesem Bereich. Hinzu kommt, dass steirische Gemeinden Darlehen in der Hälfte der Abschreibungszeit zu tilgen haben. Das ist volkswirtschaftlicher Nonsens", sagt Bgm. Christian Sander, der vor seiner Bürgermeistertätigkeit in einer Bank tätig war.

Kostensteigerungen gab es in vielen Bereichen, zum Beispiel bei der Zuzahlung zum Citybus oder bei Ruhebezugsleistungen, die sich in den vergangenen zehn Jahren ebenso um 100 Prozent erhöht haben und jetzt mit Mehrausgaben von 300.000 Euro zu Buche stehen.

Das Soziale bleibt

Einnahmenseitig jedoch rührt sich nicht viel: "Die Ertragsanteile sind im nächsten gleich hoch wie im Jahr 2022. Was helfen mir Investitionspakete des Bundes, wenn ich als Gemeinde 50  Prozent der Kosten dazuschießen muss. Mit welchem Geld?", so der Bürgermeister.

Kindberg bekennt sich zur sozialen Ausrichtung. Freibad, Citybus, Essen auf Rädern, Bezirkspensionistenheim, Fernwärme-Ausbau. "Wir bekennen uns zu unseren Ausgaben und wissen, dass viele Einrichtungen einen Abgang produzieren. Gemeindestraßen, Trinkwasser, Kanal – das ist notwendige Infrastruktur für jede Kommune, das ist das Pflichtprogramm. Und genau deshalb kann man eine Gemeinde auch nicht wie ein auf Gewinn ausgerichtetes Wirtschaftsunternehmen führen. Wenn man uns Aufgaben überträgt wie Kinderbetreuung und Schulen, dann muss seitens des Bundes gewährleistet werden, dass wir dies auch finanzieren können", so Christian Sander.

Einsparungspotenziale wurden in Kindberg ausgelotet: Die Gemeindeförderungen werden durchforstet, nicht unbedingt notwendige Straßensanierungen und Sanierungen von Gemeindewohnungen wurden zurückgestellt, auch am Kultur- und Veranstaltungsprogramm wird getüftelt: "Nur soviel: der Kindberger Kirtag bleibt unangetastet."

Mittelfristig poppen in Kindberg größere Investitionsbrocken auf – Neubau Rüsthaus Stadtfeuerwehr und Neubau Wirtschaftshof mit Altstoffsammelzentrum. "Das lässt sich nur mit Darlehen finanzieren – und siehe oben –damit beginnt sich die Abwärtsspirale nur noch schneller zu drehen."

Ein Blick nach St. Barbara

Jochen Jance (SPÖ) ist Bürgermeister in St. Barbara, er kritisiert besonders das Ergebnis der Finanzausgleichsverhandlungen: "Eigentlich kann man diesen Ausgleich als Katastrophe bezeichnen, da viel zu wenig Geld in die Gemeinden kommt. Ich habe auch mit anderen Gemeinden im Mürztal und anderswo gesprochen, alle kämpfen und es gibt kaum eine Gemeinde, die nächstes Jahr nicht im Minus sein wird. In Kärnten gibt es schon keine Gemeinde mehr, die einen positiven Voranschlag abgibt und in der Steiermark sind wir auch nicht mehr weit davon entfernt. Wir können gar nicht so viel einsparen, denn mit diesem Ausgleich können nicht einmal die normalen Ausgaben gedeckt, geschweige denn investiert werden. Wenn der Bund nicht noch ein ordentliches Paket schnürt, sind die Gemeinden nicht überlebensfähig."

Bgm. Jochen Jance: "Viele Gemeinden in der Steiermark schaffen kein ausgeglichenes Budget mehr. Der Bund muss nachbessern." | Foto: Ekatarina Paller
  • Bgm. Jochen Jance: "Viele Gemeinden in der Steiermark schaffen kein ausgeglichenes Budget mehr. Der Bund muss nachbessern."
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"Kein Grund zur Freude"

Diesem Thema widmete sich auch der Verband sozialdemokratischer Gemeindevertreter (GVV) bei einem Pressegespräch. Deren Regionalvorsitzender, LAbg. Bgm. Stefan Hofer: "Die Finanzausgleichs-Einigung ist für die Gemeinden absolut kein Grund zur Freude. Für die Städte und Gemeinden wird es zunehmend schwieriger, die kommunale Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Es braucht schnellstmöglich eine Kurskorrektur." Gefordert wird eine Aufstockung der Ertragsanteile. "Der finanzielle Anteil der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben soll von 11,849 Prozent auf mindestens 14,550 Prozent erhöht werden. Nur so ist gewährleistet, dass wir die Lebensqualität in unseren Kommunen auch tatsächlich verbessern können", erklärte SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz.

Nachbesserungen beim Finanzausgleich gefordert: Hannes Schwarz, Maria Fischer und Stefan Hofer. | Foto: Hackl
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Der aktuelle Finanzausgleich benachteiligt die Gemeinden und stellt die finanzielle Tragfähigkeit sowie die Zukunftsfähigkeit stark infrage", sagte Maria Fischer, Bürgermeisterin von Spital/Semmering. Dank der Einnahmen durch die Kommunalsteuer wegen des Bau des Semmeringbasistunnels steht die Gemeinde Spital zwar jetzt noch finanziell gut da, "aber leider sehen wir schon das Licht am Ende des Tunnels. Denn es ist absehbar, wann diese Einnahmequelle versiegen wird."

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