"Keine konkrete Gefahr in Oberösterreich"

Foto: Panthermedia.net/Gina Sanders
4Bilder
  • Foto: Panthermedia.net/Gina Sanders
  • hochgeladen von Oliver Koch

Mehr als 90.000 Moslems leben in Oberösterreich und die überwältigende Mehrheit will in Frieden hier leben. Das sagt Murat Baser, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde Oberösterreich. "Uns ist bekannt, dass etwa 40, 50 Menschen extreme Äußerungen tätigen. Da reden wir von einer sehr kleinen Community." Mit diesen Personen würde die Religionsgemeinde in Kontakt treten, "weil wir diese Ansichten nicht wollen und diese dem Islam und der islamischen Theologie widersprechen." Am wichtigsten sei der Dialog mit den Jugendlichen – etwa an Schulen.

Doch gibt es nun eine konkrete Terrorgefahr in Oberösterreich? David Furtner von der Landespolizeidirektion Oberösterreich: "Wir wissen, dass weniger als zehn Personen aus Oberösterreich an Kampfhandlungen in Syrien teilgenommen haben. Von denen ist nur ein kleiner Teil zurückgekehrt. Und diese Personen stehen auch unter unserer Beobachtung und wir sind mit ihnen im Dialog." Aktuell gehe von dieser Handvoll Personen keine konkrete Gefahr aus. In Oberösterreich habe es in Zusammenhang mit Radikalismus und Terrorismus vor etwa zwei Monaten eine Festnahme gegeben. Dieser Imam sitzt laut Furtner noch immer in Haft.

Extremismushotline für Ratsuchende

Die Polizei habe das Problem schon seit Jahren ernst genommen, nicht erst seit Charlie Hebdo. Furtners Tipp: "Familienangehörige sollten die Expertenhotline des Bundesministeriums für Familien und Jugend nutzen aber im Zweifelsfall auch nicht vor einer Anzeige zurückschrecken." Die Nummer der Hotline lautet 0732 / 77 26 66 - 4747.

Politischen Extremismus auf der Grundlage unterschiedlicher Ideologien und Weltanschauungen gibt es in jeder Gesellschaft – auch in Oberösterreich. Die Grenzen vom bloßen kokettieren, überzeugt sein und tatsächlichen Taten sind fließend. Quantitativ ist die Zahl relativ klein, doch eine einzige Person kann eine Katastrophe auslösen. Zu diesem Schluss kommt Moussa Al-Hassan Diaw vom Verein Netzwerk sozialer Zusammenhalt.

Lösungsanssätzte um Radikalismus vorzubeugen gebe es: Moussa Al-Hassan Diaw vom Verein Netzwerk sozialer Zusammenhalt: "Es gibt mehrere Stufen und praktische lokale und internationale Erfahrungen, nämlich verschiedene Stufen der Prävention, welche den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und Extremisten auf allen Seiten so den Nährboden entziehen können. Dazu gehören Workshops und Projekte, aber auch Interventionsgespräche mit bereits radikalisierten oder dazu tendierenden Menschen, welche wir im Bundesgebiet in rund 50 Fällen durchgeführt haben. Die jüngsten Personen waren 13 Jahre alt. Da geht es um Entideologisierung aber auch um emotionale Zuwendung, Gemeinschaft und diesbezüglich nötige Exitstrategien. Auffallend sind fixe ideologische Überzeugungen, welche durch das Internet und den persönlichen Kontakt mit Personen erfolgt sind." Oft wenden sich Diaw zufolge Sozialpädagogen und Psychologen an den Verein, weil sie in speziellen Situationen ihre Klienten nicht mehr erreichen können und sie die ideologischen, religiösen und kulturellen Komponenten nicht verstehen und die Klienten sie in diesen speziellen Fragen nicht mehr ernst nehmen. Das Land Oberösterreich habe daher mit der pädagogischen Hochschule Linz in Kooperation mit dem Verein „Netzwerk sozialer Zusammenhalt“ Maßnahmen im Bereich der Schule beschlossen.

Zentrum für Interreligiöses Lernen

Vor allem Pädagogen müsse man die nötigen Werkzeuge mitgeben.Daher wurde von der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz das Zentrum für Interreligiöses Lernen, Migrationspädagogik und MehrsprachigkeiT (Z.I.M.T.) gegründet. Das Angebot des Z.I.M.T. und wird nun mit Unterstützung von Landesrätin Doris Hummer weiter ausgebaut.

Eine Prognose sei Diaw zufolge schwer zu treffen, ob sich ein etwaiges Gefährdungspotenzial in Oberösterreich auftun wird. "Diese Entwicklungen werden immer auch durch internationale Geschehnisse bedingt. Die Dschihadisten haben durch den Syrienkonflikt einen Auftrieb bekommen. Dieser Krisenherd und andere bleiben wohl noch bestehen, andere könnten dazu kommen. Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass es in der Ukraine einen Krieg geben wird, wo ebenfalls „foreign fighters“ zu finden sind. Wer hätte erahnen können, dass aus unserer Mitte Teenager in den Krieg ziehen wollen", so Diaw. Und weiter: "Daher bieten wir Seminare und Workshops im Bereich der Erwachsenenbildung aber auch für Schüler an, die positiv aufgenommen werden."

Schulungsreihen für Flüchtlingsbetreuer

Soziallandesrätin Gertraud Jahn: "Wir haben durch die Gründung des „Netzwerks für sozialen Zusammenhalt – gegen Dschihadismus“ eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht. So wurde etwa eine Schulungsreihe durch den Verfassungsschutz für Flüchtlingsbetreuer, Streetworker oder auchJugendbetreuer abgehalten um Radikalisierungstendenzen rasch zu erkennen. Im Bildungsbereich werden umfassende Maßnahmen gesetzt, denn der wirksamste Weg um Radikalisierung junger Menschen zu verhindern, ist ihnen eine positive Zukunftsperspektive und einen Platz in unserer Gesellschaft zu geben." Dazu gebe es in Oberösterreich umfassende Projekte, die die Integration – vom Spracherwerb bis zur Arbeitsmarktintegration – fördern. "Und wir müssen gerade in der jetzigen Situation besonders darauf schauen, dass nicht eine negative Stimmung gegen die vielen fleißigen Muslime im Land geschürt wird, die selber am meisten in Sorge um ihre Länder sind."

Landespolizeidirektor Andreas Pilsl: "Die Gesellschaft soll sich durch Vorfälle im Ausland nicht radikalisieren und instrumentalisieren lassen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht bloß Aufgabe der Polizei. Das ist ja auch nur ein Promillebereich, der sich radikalisiert."

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

1 Kommentar

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Oberösterreich auf MeinBezirk.at/Oberösterreich

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau auf Facebook: MeinBezirk.at/Oberösterreich - BezirksRundSchau

BezirksRundSchau auf Instagram: @bezirksrundschau.meinbezirk.at

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus deinem Bezirk und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.