EU-Wahl 2019
Stefan Kaineder: "Europa soll stärker zusammenwachsen"

Stefan Kaineder ist neuer Grünen-Chef in OÖ und kandidiert für die EU-Wahl auf dem 14. Listenplatz.  | Foto: OÖ Grüne
  • Stefan Kaineder ist neuer Grünen-Chef in OÖ und kandidiert für die EU-Wahl auf dem 14. Listenplatz.
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OÖ. Die EU-Wahl naht. Am 26. Mai stimmen die Österreicher ab, wer ihre Interessen im Europäischen Parlament vertreten soll. Die BezirksRundschau bat die OÖ-Spitzenkandidaten von ÖVP, FPÖ, SPÖ, Grüne und Neos (siehe unten) zum Interview. Anbei das Interview mit Grünen-Spitzenkandidat Stefan Kaineder, der bundesweit auf dem 14. Listenplatz gereiht ist. Er ist zwar somit der am höchsten gereihte Oberösterreicher bei den Grünen, hat aber trotzdem keine Chance ins EU-Parlament gewählt zu werden.

BezirksRundschau: Was sind die zentralen Herausforderungen, derer sich die Europäische Union in den kommenden Jahren annehmen muss?
Kaineder: Erstens natürlich der Klimaschutz, als das wohl drängendste Problem unserer Zeit. Die Welt hat noch 12 Jahre Zeit, den Klimakollaps zu verhindern und dafür müssen auch auf europäischer Ebene konkrete Politik gemacht und konkrete Maßnahmen gesetzt werden. Europaweit, ja weltweit demonstrieren jungen Menschen für den Klimaschutz. Sie stellen die Schultasche in die Ecke und nehmen ihre Zukunft selbst in die Hand. Unterstützen wir sie handeln wir endlich. Die zweite große Herausforderung ist der Schutz der liberalen Demokratie. Wir wissen, dass in etlichen Ländern diese liberale Demokratie bedroht ist und mit ihr wichtige Instrumente wie die Pressefreiheit. Wir sehen, dass sich Länder immer mehr vom gemeinsamen Projekt Europas distanzieren, politische Strömungen praktische eine Gegenbewegung zu diesem Projekt vorantreiben. Das ist eine gefährliche Entwicklung, der wir uns mit aller Kraft entgegenstellen müssen.

Welchen Schwerpunkten wollen Sie sich widmen, wenn Sie ins EU-Parlament einziehen?
Das ist neben Klimaschutz und Schutz der liberalen Demokratie auf jeden Fall die Lebensmittelsicherheit. Es geht um gesunde Lebensmittel, um Lebensmittelqualität. Wollen wir weiter eine Dominanz der Agrarkonzerne, setzen wir weiter auf industrielle Lebensmittel oder gehen wir einen anderen Weg. Ich bin im Rahmen meiner Veranstaltungsreihe seit Monaten in den Wirtshäusern des Landes unterwegs und diskutiere dort mit den Menschen über dieses Thema und das Interesse ist enorm. Und auf EU Ebene werden bald ganz wichtige Entscheidungen gefällt. Ab 2020 wird es eine Gemeinsame Agrarpolitik der EU geben, das ist an sich richtig. Aber die aktuellen Pläne der EU Kommission bieten keine Weichenstellung für eine nachhaltige Landwirtschaft. Sie begünstigen große, industrialisierte Landwirtschaftsbetriebe. Hier muss es klare Änderungen geben, hin zu mehr Lebensmittelqualität, Umwelt-, Biodiversitäts-, Tier- und Klimaschutz.

Welche Politikbereiche sollen mehr vergemeinschaftet werden – welche weniger?
Selbstverständlich ist auch hier der Klimaschutz das Thema, bei dem alle Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen und ihren Beitrag leisten müssen. Viel mehr Gemeinschaft brauchen wir auch in der Außen- und Friedenspolitik. Die Europäische Union war und ist in ihrem Kern ein Friedensprojekt – die Unterstützung der Friedenserhaltung ist eine natürliche Rolle für Europa in der Welt. Europa muss sich den vielfältigen Sicherheitsanforderungen stellen, von Fake News und Energieabhängigkeit von undemokratischen Ländern bis hin zu organisierter Kriminalität. Europa muss viel aktiver nach friedlichen Lösungen für bewaffnete Konflikte sowohl in unserer Nachbarschaft als auch darüber hinaus suchen.

Braucht es einen europäischen Finanzminister mit Durchgriffsrechten auf die nationalen Budgets?
Es geht in der Finanzpolitik derzeit um andere ganz wesentliche Fragen und Herausforderungen. Denn Reformen wie die Regulierung des Finanzsystems, eine grundlegende Neuausrichtung des Steuerbeitragssystems sowie eine effektive Bekämpfung von Steuertricksereien und Steuerdumping sind noch nicht umgesetzt. Multinationale Konzerne nutzen gesetzliche Lücken aus um ihre Steuerleistung zu „minimieren“. Sie verschieben ihre Gewinne in Niedrigststeuerländerm, zahlen kaum Steuern, verabschieden sich aus der gesellschaftlichen Solidarität. Den Ländern fehlt das Geld, schnüren Sparpakete zu Lasten öffentlicher Leistungen, wichtiger Investitionen und damit zu Lasten der BürgerInnen. Hier müssen wir ganz dringend ansetzen.

Wie soll sich Österreich in der EU künftig positionieren?
Als ein Land, das sich an der Zukunft orientiert und nicht an der Vergangenheit. Ein Land, das den nächsten Generationen ein gemeinsames, soziales und demokratisches Europa bietet, mit einer intakten Umwelt. Als ein Land, das sich nicht auf die Seite von Nationalisten Klimaleugnern und Populisten stellt. Nicht jene unterstützt, die angetreten sind, die europäische Gemeinschaft zu spalten, unsere Werte wie die Menschenrechte und die Freiheit zu beschneiden und den Kontinent zu destabilisieren. Wir Grüne treten an für Österreich, das sich endlich zum Vorreiter beim Klimaschutz aufschwingt, die liberale Demokratie verteidigt. Das in der EU für soziale Gerechtigkeit sorgt und außerhalb für Friedenslösungen engagiert.

Sind die Vereinigten Staaten von Europa für Sie vorstellbar/erstrebenswert?
Europa soll stärker zusammenwachsen. Das Ziel können durchaus ein Modell sein, dass ich gerne als Republik Europa bezeichne. Aber das ist Zukunftsmusik denn derzeit müssen wir vielmehr dafür sorgen, dass es zu keiner Zersplitterung der EU kommt. Diese droht, denn einige Länder bzw. deren politische Führungen arbeiten darauf hin. Sie organisieren sich, verbinden sich, um dieses Europa nach ihren Vorstellungen zu destabilisieren, zu schwächen, ja zu zerstören. Das ist ganz fatale Entwicklung, der sich liberal-demokatischen Kräfte entgegenstellen müssen.

Soll die EU um neue Staaten erweitert werden?
Mittelfristig bis langfristig soll und wird die EU natürlich weiter wachsen. Natürlich unter der Bedingung, dass die in Frage kommenden Ländern bereit sind und die Kriterien erfüllen. Jetzt geht es aber in erster Linie um eine Vertiefung der EU. Es geht darum, das Gemeinsame in der aktuellen EU wieder zu stärken, zu Geschlossenheit zurückzufinden. Wir haben eben Staaten, die gelinde gesagt, immer größere Probleme damit haben, die gemeinsamen Europäischen Werte zu teilen und mitzutragen. Das ist derzeit Herausforderung genug.

Sollen die Sanktionen gegen Russland beendet werden? Wenn ja/nein, warum?
Nein, die Sanktionen sollen nicht beendet werden, da die Gründe für die Sanktionen weiter bestehen.

Ist ein Austritt Österreichs aus der EU für Sie vorstellbar?
Nein. Die EU ist insgesamt ein Erfolgsprojekt, das uns jahrzehntelangen Frieden in Europa gesichert hat. Die großen Herausforderungen können nur gemeinsam angegangen und bewältigt werden. Außerdem sollten alleine die Vorgänge rund um den Brexit und die Folgen alle EU Zweifler zum Umdenken bringen.

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Die EU-Kandidaten aus OÖ im Gespräch mit der BezirksRundschau:

>> Angelika Winzig: "EU soll sich um große Themen kümmern"
>> Roman Haider: "Mehr Kompetenzen zurück in Nationalstaaten"
>> Stefan Schobesberger: "Bei EU-Austritt wären wir schön deppert"
>> Hannes Heide: "EU darf ländliche Regionen nicht vergessen"

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