"Der Kunde will Komfort"

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BezirksRundschau: Sie haben schon öfters anklingen lassen, dass sich bei den Energieversorgern etwas tun wird müssen. Stichwort Fusionen. Wie schätzen Sie hier die aktuelle Lage ein?
Leo Windtner:
Verbundchef Wolfgang Anzengruber hat schon gesagt, dass sich die Geschäftsmodelle in der Branche verändern und auch die Profitabilität der Unternehmen sinken wird. Man hat in den vergangenen Jahren sehr viel durch Synergien und Kostensenkungsmaßnahmen auffangen können. Auch wir haben in dem Bereich sehr viel gemacht. Ich denke da an die "PowerStrategie 2020" oder "Fit 2012". Jetzt haben wir mit der Integration der Ferngas-Gruppe einen großen Hebel getätigt. Aber die großen Hebel gehen uns schön langsam aus. Wir sind am Ende der Fahnenstange angelangt. Dort und da werden wir noch einiges schaffen können, um die Produktivität zu erhöhen. Auf Dauer kann man aber die Markteinbrüche nicht kompensieren. Die neuen Geschäftsfelder haben nicht die Profitabilität und Margen. Daher wird sich auch die Aktionärsseite, die Eigentümerseite darauf einstellen müssen, dass sich die Ergebnissituation der Branche verändert und nach unten bewegt.

Das heißt, es wird zu Fusionen kommen?
Das ist eine Frage, die die Eigentümer zu beantworten haben. Wenn es eng wird, denken alle darüber nach. Ich verweise darauf, dass im Jahr 1999 die Energie Austria eine fixfertig designte Konstruktion in der österreichischen E-Wirtschaft war zwischen Verbund, Estag und der OKA, der Vorgängerorganisation der Energie AG. Das ist nur in der Hauptversammlung des Verbunds gescheitert. Das wäre ein Nukleus für die gesamte österreichische E-Wirtschaft gewesen. Doch die Unternehmen haben es geschafft, sich aus eigener Kraft am Markt zu positionieren.

Aber dieses Modell à la Energie Austria könnte wieder notwendig werden?
Ich schließe nicht aus, dass in den nächsten Jahren, wenn die Situation sich nicht ändert, man verschiedenerorts darüber nachdenkt. Ein Zusammengehen der Netzbetreiber schafft schon Potenziale, der große Hub ist es aber nicht. Das muss man ganz realistisch zur Kenntnis nehmen.

Sind etwaige Fusionen eher auf österreichischer oder oberösterreichischer Ebene realistisch?
Ich bin für eine Österreichlösung nicht sehr optimistisch. In Oberösterreich ist es eine Sache der Eigentümer.

Experten sprechen von sinkenden Strompreisen.
Wenn man sich die Situation nüchtern ansieht, dann sehen wir Preise von 31, 32 Euro die Megawattstunde für 2017. Mit den Preisen schließen aktuell die Großkunden ab. Und damit sind wir noch einmal etwas unter dem aktuellen Niveau. Durch unvorhergesehe Ereignisse kann sich das natürlich noch drehen. Generell spielen die Preise verrückt. Die Gründe dafür sind die überbordenden Förderungen von Wind und Sonne in Deutschland und Spanien sowie das überbordende CO2-Regime. In Deutschland laufen Braunkohlekraftwerke besser denn je. Die galten als Dreckschleudern und Umweltverschmutzer. Und das wird uns als Preis für die Energiewende verkauft. Das ist aber ein sehr hoher Preis.

Gas als Brückentechnologie bei der Energiewende hat sich damit nicht durchgesetzt.
Gas ist total paralysiert worden. Da spielt natürlich auch die Shale-Gas-Förderung
in den USA herein. Dabei ist Gas der mit Abstand umweltverträglichste fossile Energielieferant.

Da hat man bei der Energiewende nicht bis zum Ende mitgedacht.
Genauso ist es.

Was heißt das für den Privatkunden?
Für den Einzelkunden wird sich der Preis nicht mehr so massiv nach unten bewegen, weil Steuern und Abgaben massiv Zuwächse verzeichnen werden. Und die Margen werden sich ebenfalls verflachen. Dort und da kann es sicherlich noch eine Vergünstigung geben, aber nicht dramatisch.

Wie sehr verwerfen Stromdiskonter den Markt?
Natürlich bringen die Druck ins System. Wir merken aber, dass die überwiegende Mehrheit der Kunden Qualitätsprodukte haben wollen. Und da können wir punkten, mit der Energieberatung, mit Aktionen, mit unserem Gesamtpaket.

Wie schaut es mit den Wechselraten aus?
Die sind gestiegen, aber wir merken, dass unsere Kunden überwiegend zufrieden sind.

Zahlt es sich aus, in nächster Zeit ein Kraftwerk zu bauen?
In Österreich wird es ohne Förderung nicht möglich sein. Das ist nicht wirtschaftlich darstellbar. Und da liegt das Grundproblem begraben. Die Politik muss die jetzige Förderpolitik ad acta legen. Jetzt steuern wir in Richtung Planwirtschaft. Sinnvoll wäre maximal eine Investitionsförderung. Und nicht, wie jetzt praktiziert, eine dauerhafte und mit Einspeisungspriorität ausgestattete Förderung.

Sind Wind und Sonne ohne Förderung überhaupt wirtschaftlich konkurrenzfähig?
Ich denke, man muss den Zuwachs und Förderungsansätze drosseln. Aber der wichtigste Punkt ist, dass man die Energieträger, die man für die Stabilität des Systems braucht, auch leben lässt. Wind haben wir 2500 von 8760 Stunden im Jahr. Bei der Sonne sind es 1000 von 8760 Stunden.

Wo sieht die Energie AG noch Potenziale zur Stromgewinnung?
Die sind nicht überbordend, aber es gibt noch Standorte für die Wasserkraft und auch das eine oder andere Wasserkraftwerk, das durch Refurbishment bei der Leistung zulegen kann. Aber es mangelt zurzeit an der wirtschaftlichen Darstellbarkeit.

Sie warnen auch immer wieder vor Problemen beim Stromnetz in Europa.
Das Entscheidende wäre, dass sich die EU endlich zu einer gemeinsamen Energiepolitik durchringt. Wenn Großbritannien die Kernkraft ausbaut, Tschechien darüber nachdenkt und Deutschland total aussteigt, dann ist das ein Teil der Geschichte. Wenn wir einen europäischen Verbund mit der Vision im Norden Wind, im Süden Sonne auch nur im Ansatz realisieren wollen, dann muss endlich auch das transkontinentale Netz ausgebaut werden. Das ist wahrscheinlich auch die Achillesferse in der europäischen Strompolitik.

Wie sehr muss sich der Österreicher vor einem Blackout fürchten?
Ich denke, wir brauchen keine Schreckensbotschaften. Aber die Realität ist natürlich schon, dass die Versorgungssicherheit die absolute Priorität hat und wir in letzter Zeit daran vorbeigeschrammt sind.

Bei der Energieversorgung steht nicht mehr die Produktion, sondern die Verteilung im Vordergrund. Stimmt das?
Wir werden uns nicht mehr nur auf den Verkauf von Energie konzentrieren, sondern auf den Verkauf von Leistung. Der Kunde will Leistungen und nicht eine Kilowattstunde. Der Kunde will Licht, Wärme und Komfort – in gesicherter Form.

Und darüber hinaus erschließt man neue Geschäftsbereiche.
Wir haben im Rahmen unserer "PowerStrategie 2020" Geschäftsfelder definiert, etwa Contracting, die erneuerbaren Energien, Mobilität oder Glasfaser bis zum Eigenheim. Und in diese Richtung wird es in Zukunft auch gehen. Bei den Privatkunden in Richtung Home Automation. Und wir werden uns von alten Denkmustern trennen müssen.

Wann werden Sie oder Ihr Nachfolger ein Elektroauto als Dienstwagen haben?
In dem Moment, wenn der Ölpreis die 100-Dollar-Marke durchbricht.

Das heißt, Sie glauben, es wird noch lange dauern, bis der Ölpreis wieder so hoch ist.
Nein, das kann auch sehr schnell gehen. Vor allem, weil die großen Automobilproduzenten bei ihren Entwicklungen schon sehr weit sind. Der Vergleich mit den Mobiltelefonen ist nicht zu weit hergeholt. Es kann sehr rasch gehen, dass es bei den Re-Charging-Zyklen und der Batteriekapazität zu großen Fortschritten kommt.

Die Achillesferse ist aber auch hier das Netz, Stichwort Stromtankstellen.
Das geht dann relativ rasch voran. Wir sind auch jetzt schon ziemlich gut aufgestellt in Oberösterreich.

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