Hitzige Debatte
"Die Chalets am Pass Thurn sind eine Provokation"

- Bürgermeister Wolfgang Viertler verteidigt das Projekt am Pass Thurn.
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Am Pass Thurn werden Luxus-Chalets für die Oberen Zehntausend gebaut. Berichte darüber sorgen seit Wochen für Aufregung. Gestern wurde im Nationalparkzentrum über das umstrittene Projekt diskutiert. Hier eine Zusammenfassung der Auseinandersetzung.
MITTERSILL. Mehr als 200 Besucher folgten der Einladung zu dieser Veranstaltung, darunter auch eine Handvoll Verteidiger des Projekts. Erwartungsgemäß war es ein sehr emotionaler Abend, mit vielen gegenseitigen Beschuldigungen und Vorwürfen.
Die Fronten sind einbetoniert: Die Gegner des Chaletdorfes sehen das Schutzgebiet Wasenmoos in Gefahr, prangern den Ausverkauf der Heimat an, beklagen die steigenden Preise für Einheimische, kritisieren dass die Jungen keinen Grund mehr zur Verfügung hätten. Bürgermeister Wolfgang Viertler meinte einmal mehr, das Wasenmoos würde es in dieser Form ohne das Projekt nicht geben und die Panoramabahn wäre sonst nicht gebaut worden.

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Willi Schwarzenbacher (Veranstalter):
Das Wasenmoos entstand vor Jahrtausenden. Die Weiderechte der Bauern reichen in das Jahr 1524 zurück. Die Lebensgemeinschaft zwischen den Tieren und dem Wasenmoos hat gut funktioniert, und den Charakter des Gebietes geprägt. Das Moor braucht die Beweidung. Die Ausgleichsmaßnahmen für das Chaletdorf sind daher sinnlos. Die Weidefreistellung und das Setzen von Bäumen bringt nichts. Wenn das Moos nicht mehr gemäht und nicht mehr beweidet wird, holt es sich der Wald zurück.
Wolfgang Viertler:
Über das Projekt wurde bereits 2002 entschieden. Damals haben noch andere Verhältnisse geherrscht. Das Bezirksgericht wurde zugesperrt, das Nationalparkzentrum hat nicht existiert, wir hatten eine zweistellige Arbeitslosenrate und eine 'no future' Stimmung im Ort. Wir haben damals die schöne Seite des Projekts gesehen, denn das Chaletdorf war eine Bedingung für die Errichtung der Panoramabahn. Alle Bescheide wurden öffentlich kundgemacht. Die Gemeinde muss sich nicht schämen oder verstecken. Die Bürger haben eine Holschuld, um sich zu informieren.
Einige Anwesende sind der Ansicht, das Projekt sei ursprünglich an anderer Stelle geplant gewesen, sei abgeändert worden bzw. habe man die enormen Ausmaße nicht zur Kenntnis genommen.

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Antonia Wieser (Ex-Hotelierin):
Wir waren alle lax, es war uns nicht bewusst, was da kommt. Da wird jetzt ja auch ein Personalhaus für 250 Mitarbeiter gebaut. Wo kommen die her, wenn rundherum Leute gesucht werden? Das sind dann Leasingarbeiter, deren Geld nicht im Land bleibt.
Karin Dollinger (Landtagsabgeordnete, Naturschutzsprecherin SPÖ):
Seit 2003 hat sich viel verändert, bezüglich Klima, Zweitwohnsitze, Raumordnung. Auch das Projekt wurde seither abgeändert. Es gibt noch viele andere Projekte wie das Chaletdorf am Pass Thurn, auch in anderen Gemeinden wie Maria Alm und Hinterglemm.
Das hat zur Folge, dass junge Leute und auch Bauträger sich keinen Grund mehr leisten können. In Neukirchen wurde bei so einem Projekt auf eine UVP vergessen, während Einheimische bei kleinen Baumaßnahmen wegen ein paar Zentimeter gepiesackt werden.
Winfried Herbst (Naturschutzbund):
Die Politik verdrückt sich. Es gibt keine Übersicht, wo überall Projekte gebaut werden, und was sie anrichten. Die Summe all dieser Projekte ist problematisch. Es ist eine Tragödie, dass sich niemand dafür einsetzt. Bei umstrittenen Projekten traut sich in den Gemeinden niemand etwas zu sagen.

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Willi Schwarzenbacher:
Wir können das Projekt jetzt nicht mehr verhindern, aber wir wollen den Dialog mit den Betreibern führen, um Nachbesserungen zu erwirken. Ich biete auch an, mich gemeinsam mit der Gemeinde zusammen zu setzen. Nur mit schönen Reden wird es allerdings nicht getan sein, ich werde an die Landesregierung schreiben.
Lisa Rieder (Gemeindevertreterin, Liste Viert):
In dieser Region geht ohne Tourismus nichts. Der Nationalpark ist ein Beispiel für nachhaltigen Tourismus. Geht es den Vermietern gut, geht es den Bauarbeitern gut.
Karin Dollinger:
Die Vorgangsweise, ein Hotel mit teuren Chalets zu finanzieren, ist nicht unüblich, aber es ist schon oft passiert, dass das Hotel dann nie gebaut wird. Ohnehin bedeutet das eine Konkurrenz für angestammte Hotels. Es ist auch kein Vorteil für Mittersill, dass die Betreiber nur mit Kitzbühel werben.
Wolfgang Viertler:
Der Porsche hat mich auch verärgert, aber das war eben ein Werbegag. Dass nur mit Kitzbühel geworben wird tut mir im Herzen weh, aber das da oben sind nun mal die Kitzbühler Alpen.
Wir haben auch dazu gelernt, wir wissen dass wir an die Grenzen kommen. Es sind keine weiteren Zweitwohnsitzprojekte geplant.
Michael Sinnhuber, Geschäftsführer Mittersill plus:
Was ist eigentlich so schlimm an Zweitwohnsitzen?

- Der Entwurf für das umstrittene Projekt
- Foto: Kitzbühler Alps Projekt GmbH
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Verschiedene Stimmen aus dem Publikum:
"Die Chalets sind eine Provokation"
"Ein Projekt im Luxussegment dient nicht der Allgemeinheit"
"Die Chaletdörfer wachsen wie Pfifferlinge aus dem Boden. Der Verkehr kann das nicht bewältigen"
"Meine Tochter durfte kein Haus bauen, aber so etwas ist möglich"
"Wir müssen korrupte Menschen bremsen"
"Ich war damals auch für den Lift, aber da war vom Wasenmoos keine Rede"
"Die Problematik mit den Zweitwohnsitzen war auch 2002 schon bekannt. Diese Ahnungslosigkeit ist ein Mythos. Man hätte es besser wissen müssen"
"Die Auslastung dieser Projekte ist sehr gering"
"Dieses Kirchturmdenken ist unglaublich. Wir müssen aufstehen und protestieren"

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Fernsehtipp zum Thema:
Heute um 21.05., ORF 2, Am Schauplatz "Geld versetzt Berge"
Am Schauplatz
Auswahl der bisherigen Berichterstattung:
Sind Luxus-Bettenburgen wichtiger als Naturdenkmal?
Arzt ruft zur Mahnwache
Spatenstich für den Luxustourismus
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