Unglück
Im Spannungsfeld von Naturerlebnis und Sicherheit
"Bei der Nutzung der Natur, müssen wir uns von Sicherheitsideal verabschieden. Ein gewisses Restrisiko bleibt immer – wie im Straßenverkehr", sagt der Salzburger Landesgeologe Rainer Braunstingl.
SALZBURG. Was den Sicherheitsstandard bei Naturattraktionen wie Klammen, Klettersteigen usw. angeht, ist Salzburg gut aufgestellt, sagt der Leiter der landesgeologischen Abteilung, Rainer Braunstingl. "Viele Betreiber beschäftigen private Geologen, die regelmäßig Kontrollen durchführen. Häufig kommen auch wir Landesgeologen für Einschätzungen zum Einsatz. Und trotzdem, ein Restrisiko bleibt", weiß der Experte. Er bezieht sich auf die tragischen Unglücke bei der Eisriesenwelt in Werfen oder der Bärenschützklamm in der Steiermark. Trotz vieler Sicherheitsmaßnahmen und getätigter Kontrollen ist Braunstingl sicher: "Kein Mensch hätte das Ereignis bei der Eisriesenwelt vorhersagen können."
Naturnutzung und Sicherheit
Die Salzburger Landesgeologen sind einerseits im Katastrophenfall im Einsatz und entwickeln andererseits Sicherheitskonzepte für z.B. Klammen, touristische Wege im alpinen Gelände oder für Landesstraßen. Sie sehen immer wieder den Reibungspunkt zwischen möglichst authentischer Naturnutzung und dem Sicherheitsaspekt. "Am Mondsee kam es vor Jahren an der Landesstraße immer wieder zu Felsstürzen. Um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, wurde die gesamte Strecke auch für Radfahrer untertunnelt. Das Landschaftserlebnis gibt es jetzt nicht mehr – aber auch keine Straßensperren nach Steinschlägen", sagt Braunstingl. "Bei Naturdenkmälern ist das etwas anderes, weil das Erlebnis dazugehört." Ziemlich ausgereizt habe man die Verbindung von Naturerlebnis und Sicherheit in der Liechtensteinklamm in St. Johann. "Das ist das österreichweit am besten gesicherte Naturerlebnis", so Braunstingl.
"Es wird ein langer Weg"
Nötig wurde der dreijährige, großangelegte Umbau in der Liechtensteinklamm wegen eines massiven Felssturzes im Mai 2017. Bei diesem wurden 17 Menschen eingeschlossen. Es gab keine Schwerverletzten. Bürgermeister Günther Mitterer wird durch das Unglück bei der Eisriesenwelt wieder an diese Tage erinnert. Er weiß, was jetzt auf die Betreiber zukommt: "Das Unglück ist passiert, jetzt wird analysiert und aufgearbeitet, warum es zu dem Unfall kommen konnte. Die geologischen und rechtlichen Hintergründe werden erhoben, denn Betreiber sind in gewisser Weise auch haftbar. Es wird zu Ermittlungen kommen und die Prozedur wird eine lange sein."
"Auch bei der Liechtensteinklamm meinten wir damals, schnell wieder aufsperren zu können. Aber die Aufarbeitung des Unglückes dauerte viel länger, als erwartet. Auch der Umbau dauerte lange. Fachleute mussten Konzepte erstellen, diese mussten wieder geprüft werden. Erst heuer – drei Jahre später – haben wir wieder aufgesperrt."
Bürgermeister Günther Mitterer
"Es wieder Steinschläge geben, das ist klar"
Um die Natur erleben zu können und dennoch für Sicherheit zu sorgen, hat man sich bei der Liechtensteinklamm für viele Netze, Galerien und Tunnel entschieden sowie für Messgeräte, die Bewegungen im Gestein melden. "Das Unglück hat dazu geführt, dass unsere Sicherheitsmaßnahmen heute am neuesten Stand der Technik sind. Wir können Steinschläge nicht verhindern, nur viel dafür tun, dass sie keinen Schaden verursachen." Dem stimmt auch der Landesgeologe zu: "Man muss sich vom Sicherheitsideal verabschieden. Ein gewisses Restrisiko bei der Naturnutzung bleibt."
"Wenn es jetzt bei Attraktionen Probleme gibt, müssen die Betreiber ihre Sicherheitsmaßnahmen auf den Stand der Technik bringen."
Bürgermeister Günther Mitterer
"Eigenverantwortung an der Kassa abgegeben"
Dass den Besuchern solcher Attraktionen das Restrisiko bewusst ist, glaubt Mitterer nicht: "Mit dem Lösen der Eintrittskarte geben sie die Verantwortung ab. Sie gehen davon aus, dass das Angebot absolut sicher ist. Wir müssen ständig darauf hinweisen, dass der Besuch der Klamm mit Eigenverantwortung verbunden ist."
Etwas positives hätten tragische Unglücke wie diese aber dennoch, weiß Landesgeologe Braunstingl: "Alle anderen Betreiber sind nun alarmiert und werden schauen, ob sie ihre Kontrollen durchgeführt und protokolliert haben." Die Auftragslage der Landesgeologen habe sich in der letzten Woche jedenfalls drastisch verbessert, so Rainer Braunstingl.
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