Unglück
Im Spannungsfeld von Naturerlebnis und Sicherheit

Landesgeologe Rainer Braunstingl: "Alle Betreiber sind jetzt alarmiert und schauen, ob sie Kontrollen durchgeführt und protokolliert haben." | Foto: LMZ Franz Neumayr/SB
5Bilder
  • Landesgeologe Rainer Braunstingl: "Alle Betreiber sind jetzt alarmiert und schauen, ob sie Kontrollen durchgeführt und protokolliert haben."
  • Foto: LMZ Franz Neumayr/SB
  • hochgeladen von Julia Hettegger

"Bei der Nutzung der Natur, müssen wir uns von Sicherheitsideal verabschieden. Ein gewisses Restrisiko bleibt immer – wie im Straßenverkehr", sagt der Salzburger Landesgeologe Rainer Braunstingl.

SALZBURG. Was den Sicherheitsstandard bei Naturattraktionen wie Klammen, Klettersteigen usw. angeht, ist Salzburg gut aufgestellt, sagt der Leiter der landesgeologischen Abteilung, Rainer Braunstingl. "Viele Betreiber beschäftigen private Geologen, die regelmäßig Kontrollen durchführen. Häufig kommen auch wir Landesgeologen für Einschätzungen zum Einsatz. Und trotzdem, ein Restrisiko bleibt", weiß der Experte. Er bezieht sich auf die tragischen Unglücke bei der Eisriesenwelt in Werfen oder der Bärenschützklamm in der Steiermark. Trotz vieler Sicherheitsmaßnahmen und getätigter Kontrollen ist Braunstingl sicher: "Kein Mensch hätte das Ereignis bei der Eisriesenwelt vorhersagen können."

Ein Steinschlag bei der Eisriesenwelt in Werfen forderte ein Todesopfer. | Foto: Land Salzburg/Hutter
  • Ein Steinschlag bei der Eisriesenwelt in Werfen forderte ein Todesopfer.
  • Foto: Land Salzburg/Hutter
  • hochgeladen von Julia Hettegger

Naturnutzung und Sicherheit

Die Salzburger Landesgeologen sind einerseits im Katastrophenfall im Einsatz und entwickeln andererseits Sicherheitskonzepte für z.B. Klammen, touristische Wege im alpinen Gelände oder für Landesstraßen. Sie sehen immer wieder den Reibungspunkt zwischen möglichst authentischer Naturnutzung und dem Sicherheitsaspekt. "Am Mondsee kam es vor Jahren an der Landesstraße immer wieder zu Felsstürzen. Um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, wurde die gesamte Strecke auch für Radfahrer untertunnelt. Das Landschaftserlebnis gibt es jetzt nicht mehr – aber auch keine Straßensperren nach Steinschlägen", sagt Braunstingl. "Bei Naturdenkmälern ist das etwas anderes, weil das Erlebnis dazugehört." Ziemlich ausgereizt habe man die Verbindung von Naturerlebnis und Sicherheit in der Liechtensteinklamm in St. Johann. "Das ist das österreichweit am besten gesicherte Naturerlebnis", so Braunstingl. 

"Es wird ein langer Weg"

Nötig wurde der dreijährige, großangelegte Umbau in der Liechtensteinklamm wegen eines massiven Felssturzes im Mai 2017. Bei diesem wurden 17 Menschen eingeschlossen. Es gab keine Schwerverletzten. Bürgermeister Günther Mitterer wird durch das Unglück bei der Eisriesenwelt wieder an diese Tage erinnert. Er weiß, was jetzt auf die Betreiber zukommt: "Das Unglück ist passiert, jetzt wird analysiert und aufgearbeitet, warum es zu dem Unfall kommen konnte. Die geologischen und rechtlichen Hintergründe werden erhoben, denn Betreiber sind in gewisser Weise auch haftbar. Es wird zu Ermittlungen kommen und die Prozedur wird eine lange sein."

"Auch bei der Liechtensteinklamm meinten wir damals, schnell wieder aufsperren zu können. Aber die Aufarbeitung des Unglückes dauerte viel länger, als erwartet. Auch der Umbau dauerte lange. Fachleute mussten Konzepte erstellen, diese mussten wieder geprüft werden. Erst heuer – drei Jahre später – haben wir wieder aufgesperrt."
Bürgermeister Günther Mitterer

St. Johanns Bürgermeister Günther Mitterer | Foto: Foto: Österreichischer Gemeindebund
  • St. Johanns Bürgermeister Günther Mitterer
  • Foto: Foto: Österreichischer Gemeindebund
  • hochgeladen von Julia Hettegger

"Es wieder Steinschläge geben, das ist klar"

Um die Natur erleben zu können und dennoch für Sicherheit zu sorgen, hat man sich bei der Liechtensteinklamm für viele Netze, Galerien und Tunnel entschieden sowie für Messgeräte, die Bewegungen im Gestein melden. "Das Unglück hat dazu geführt, dass unsere Sicherheitsmaßnahmen heute am neuesten Stand der Technik sind. Wir können Steinschläge nicht verhindern, nur viel dafür tun, dass sie keinen Schaden verursachen." Dem stimmt auch der Landesgeologe zu: "Man muss sich vom Sicherheitsideal verabschieden. Ein gewisses Restrisiko bei der Naturnutzung bleibt." 

"Wenn es jetzt bei Attraktionen Probleme gibt, müssen die Betreiber ihre Sicherheitsmaßnahmen auf den Stand der Technik bringen." 
Bürgermeister Günther Mitterer

Neue Tunnel- und Galerieanlagen wurden in der Klamm zum Schutz der Besucher errichtet.  | Foto: ÖBf/Sieghartsleitner
  • Neue Tunnel- und Galerieanlagen wurden in der Klamm zum Schutz der Besucher errichtet.
  • Foto: ÖBf/Sieghartsleitner
  • hochgeladen von Julia Hettegger

"Eigenverantwortung an der Kassa abgegeben"

Dass den Besuchern solcher Attraktionen das Restrisiko bewusst ist, glaubt Mitterer nicht: "Mit dem Lösen der Eintrittskarte geben sie die Verantwortung ab. Sie gehen davon aus, dass das Angebot absolut sicher ist. Wir müssen ständig darauf hinweisen, dass der Besuch der Klamm mit Eigenverantwortung verbunden ist." 

Etwas positives hätten tragische Unglücke wie diese aber dennoch, weiß Landesgeologe Braunstingl: "Alle anderen Betreiber sind nun alarmiert und werden schauen, ob sie ihre Kontrollen durchgeführt und protokolliert haben." Die Auftragslage der Landesgeologen habe sich in der letzten Woche jedenfalls drastisch verbessert, so Rainer Braunstingl.

----------

Das könnte Sie auch interessieren:

Opfer war Mitglied einer 24-köpfigen Gruppe
Liechtensteinklamm ist bald wieder begehbar
Erste Einblicke in die "neue" Klamm
Große Bergungsaktion nach Felssturz in der Liechtensteinklamm
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg
Anzeige
Gut begleitet durch das Salzburger Hilfswerk. | Foto: Hilfswerk Salzburg
2

Tag der Pflege
Gut begleitet durch das Hilfswerk Salzburg - Lebensqualität im Alter

Eine gute Begleitung durch das Hilfswerk verhilft zur Lebensqualität im Alter. In den eigenen vier Wänden alt werden – wer wünscht sich das nicht. Und tatsächlich: Rund 80 % aller Menschen mit Pflegebedarf werden in ihrem Zuhause betreut. Das Hilfswerk unterstützt Betroffene und vor allem auch deren Angehörige bei der Bewältigung ihres Alltags. Senioren-BetreuungManchmal hilft es schon, wenn man bei den kleinen alltäglichen Dingen Unterstützung bekommt. Heimhilfen packen im Haushalt mit an,...

  • Salzburg
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.