Wödsteira: Nadja Piskernik
Von der Montanuni zu Japans Sternenküche
Eine Verkettung mehrerer Zufälle sorgte dafür, dass Nadja Piskernik anstatt mit Werkstoffen im Labor heute mit Fisch, Algen und Reis in einer Spitzenküche Japans arbeitet. In der MeinBezirk-Serie "Wödsteira" erzählt die Grazerin, wie es dazu kam.
STEIERMARK/KYOTO. Die Faszination für Japan ergriff Nadja Piskernik schon in der Schule: Mit 16 Jahren machte Piskernik einen Schüleraustausch in Japan. Um die Sprache nicht zu verlernen, jobbte sie später in einem japanischen Restaurant in Graz. „Also der Hauptgrund war eben die Sprache am Leben zu halten, jetzt gar nicht wirklich kochen oder so“, erinnert sich Nadja Piskernik, die in der Gemeinde Stattegg nahe Graz aufwuchs.
Auf die Idee, ihre Leidenschaft, die japanische Sprache und Kulinarik zu ihrem Beruf zu machen, musste die heute 32-Jährige aber erst gebracht werden, wie sich herausstellte. Nachdem sie ihr Studium der Werkstoffwissenschaften an der Montanuniversität Leoben anzweifelte, entschied Nadja Piskernik sich nach etwas Neuem umzuschauen.
"Da mir die Arbeit mit Zahlen immer relativ leicht gefallen ist, habe ich überlegt, Buchhaltung zu machen. Ich habe im Spaß zu einem Freund gesagt - 'naja, Buchhaltung kann man immer benötigen - wenn ich irgendwann mal ein eigenes japanisches Restaurant habe, dann mache ich halt die Buchhaltung selber'. Und dann ist das Feedback gekommen - 'und wieso lernst du dann nicht einfach japanisch kochen?' Und das war für mich einfach so der volle Erleuchtungsmoment."
Nadja Piskernik, Köchin in einem japanischen Spitzenrestaurant
Nach gründlicher Recherche beschloss Nadja Piskernik, ihr Studium an den Nagel zu hängen und direkt an der Quelle die japanische Kochkunst zu lernen. Und so flog sie im März 2022 nach Kyoto, um dort eine Ausbildung in einer Kochschule zu starten. Nach der zweijährigen Ausbildung ging es die Karriereleiter steil bergauf: Nach verschiedenen Praktika in Kyotos Top-Gastronomie, fing Piskernik als Köchin in einem 3-Michelin-Sterne-Restaurant in Kyoto an. Sie ist nicht nur eine von zwei Frauen dort in der Küche, sondern auch insgesamt eine der wenigen europäischen Köchinnen, die in der Zubereitung von Kugelfischen spezialisiert ist.„Am Kugelfisch ist natürlich spannend, dass er giftig ist. Es gibt einfach keinen Platz für Fehler und man hat dadurch sehr viel Verantwortung für seine Gäste, dass alles sicher abläuft", so Piskernik über die Zubereitung der japanischen Delikatesse."

- Sogenannte Fugu-Gerichte haben im Herbst Saison. Die Zubereitung dieser Fischart erfordert spezielle Kenntnisse, da der Fisch zu den weltweit giftigsten Tierarten zählt.
- Foto: pixabay
- hochgeladen von Lisa Pögel
Den besten Geschmack aus jeder Zutat rausholen
So wie der Kugelfisch nur zu einer bestimmten Zeit gegessen werde, spiele auch generell Saisonalität eine bedeutende Rolle in Japans Küche: "Also sie ist wirklich extrem saisonal. Was noch charakteristisch ist, es ist sehr wenig Fett und trotzdem sehr viel Umami. Also sehr, sagen wir mal, sehr intensiver Geschmack und sonst wenig Gewürze. Also es geht in der japanischen Küche eigentlich darum, den besten Geschmack aus jeder Zutat rauszukitzeln, ohne sie mit Gewürzen oder Soßen zu überdecken." Dieser Fokus auf saisonale Zutaten wirkt sich auch auf die Dekoration und Präsentation der Gerichte aus, erklärt Piskernik: "Allein dadurch, wie man kocht, welche Technik man verwendet und wie man das Ganze dekoriert, welches Geschirr man verwendet, was das vielleicht für Historie hat", so Piskernik über die Dinge, die sie an ihrer Arbeit faszinieren.

- Das Auge isst mit: Die Präsentation der Gerichte wie hier einem sogenannten Sugata Tsukuri Sashimi ist in der japanischen Küche allgemein, aber vor allem in der Sternenküche von besonderem Stellenwert.
- Foto: Nadja Piskernik
- hochgeladen von Lisa Pögel
Der Traum der Wahljapanerin ist es auch, ihr Wissen einmal weiterzugeben, etwa in Form eines eigenen japanischen Restaurants, das sie aber nicht in Japan eröffnen möchte, denn "hier gibt es genug japanische Restaurants. Die brauchen mich jetzt nicht unbedingt, glaube ich", schmunzelt Piskernik. Um diesem Ziel etwas näher zu rücken, nimmt sie auch so einiges in Kauf, wie etwa, dass die Grazerin rund um die Uhr im Restaurant arbeitet und kaum Freizeit hat. Damit die Heimat bei all der vielen Arbeit nicht noch weiter in die Ferne rückt, telefoniert Piskernik einmal die Woche mit ihrer Familie in der Steiermark. Ein kulinarischer Reminder steht auch stets in Form eines Kernöls im Kühlschrank bereit.
Sprache als Türöffner
Dass Nadja Piskernik schon so früh die japanische Sprache gelernt hatte, vereinfachte für sie vieles: "Ich habe eben alle meine Prüfungen auf Japanisch absolviert und sogar meinen Führerschein auf Japanisch gemacht. Also die nicht vorhandene Sprachbarriere hat sicher sehr, sehr viel geholfen." Auch im Umgang mit ihren Kollegen half es ihr aus der – für Japaner – ungewohnten Situation, einer europäischen Frau in der japanischen Küche gegenüber zu stehen.
"Es sind glaube ich alle so abgelenkt von dem Faktum, dass ich Ausländerin bin, dass sie komplett vergessen, dass ich eine Frau bin. Wenn sie mich das erste Mal sehen, sind sie mal geschockt und haben Angst, Englisch sprechen zu müssen. Und dann sind sie einfach so erleichtert, dass ich japanisch kann, dass einfach alles andere komplett in den Hintergrund rückt und alle happy sind."

- Hat sich seit drei Jahren der japanischen Spitzenküche und dem Kugelfisch verschrieben: Wödsteira Nadja Piskernik.
- Foto: Nadja Piskernik
- hochgeladen von Lisa Pögel
Glücklich ist Nadja Piskernik auch darüber, den Mut gefasst zu fassen, mit 30 Jahren noch einmal die gefassten Lebensentwürfe zu verwerfen und im mehr als 9.000 Kilometer Luftlinie entfernten Japan komplett neu anzufangen.
Nadja Piskernik im Steiermark-Rap
Meine Heimatgemeinde in der Steiermark ist...
-
...Stattegg.
Derzeit wohne ich in...
-
...Kyoto, Japan.
Dieses Rezept aus der Steiermark würde ich gerne auf eine neue japanische Art interpretieren...
-
...Apfelstrudel.
. Meine liebste Freizeitbeschäftigung ist?...
-
...Lesen und Essen gehen.

Auslandssteirer im Interview
Schon gesehen? Mit Videogrüßen aus allen Teilen der Welt geben unsere "Wödsteira" Einblicke in spannende Karrierewege und vielfältige Lebenskonzepte!
Sag der Steiermark "Servus"
- Du lebst im Ausland und möchtest den Steirerinnen und Steirern deine Geschichte erzählen? Dann melde dich einfach unter RegionalMedien Steiermark und werde Teil unserer Serie!
- Mit dem Büro für Auslandssteirer*innen bietet das Land Steiermark eine Anlaufstelle für alle im Ausland lebenden Steirerinnen und Steirer. Ob zum Transfer von Know-How, zur Lösung spezifischer Probleme oder zum Erfahrungsaustausch: Als Ansprechpartnerin steht die Verantwortliche des Büros Nicole Prutsch gerne zur Verfügung: auslandsteirer@stmk.gv.at.






Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.